II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 215

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8. Freiwild
in
Seite 12.
Wiener Theaterbilder.
Talent
Carl-Theater. Arthur Schnitzlers „Frei eines
wild“ hatte einen großen und wohlverdienten Erfolg. Ein stellung
Problem, das nicht oft und eindringlich genug in den Radan
Gesichtskreis der farbenblinden Moral gewisser Gesell¬ wollte
schaftskreise gerückt werden kann — das Verbrechen mit ei¬
des Zweikampfes — wird hier in meisterhafter Weise zu erste
einem spannenden dramatischen Conflict ausgebaut. Die stimm¬
einzelnen Typen dieser rückständigen Bewegung sind mit Satire
großer Plastik hingestellt und mit vielen intimmen Zügen wobei
ausgestattet. Die Vertreter des Militärs sind in solch wirk¬ alle R.
samer Abstufung hingestellt, daß man nicht gut Anstoß ein un
nehmen kann, wenn einer von ihnen just nicht sympathisch Sulko-
und tadellos erscheint. Ein großes Wagniß ist die den versch
zweiten Act ausfüllende Polemik für und wider den wirken
Zweikampf, das jedoch durch die interessante und fesselnde in „
Art der Argumentation als vollkommen gelungen bezeichnet weit
„Kinde
werden kann. Gespielt wurde das Stück ganz ausgezeichnet.
Geradezu classische Typen lieferten die Herren Reusch
Korff und Blum. Herr Klein stellte einen interessanten
und glaubhaften Helden, und Herr Tewele sorgte aus der V.
giebig für die heiteren Einlagen. Fräulein Sangora Fischer
und Fräulein Glümer verdienen ebenfalls lobend er¬ ominö
lichen
wähnt zu werden.
durch
Das Deutsche Volkstheater hat uns einen in lichen
Geltun
Deutschland bereits sehr bekannten modernen Autor, May

.
a
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Ausschnitt
OBSERVER
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Ausschnitt aus: Neues Wiener Journal
vom
(Carl-Theater.) Dr. Arthur Schnitzler, der noch
jugendliche Autor der erfolgreichen „Liebelet und sonstiger
Anatolismen, hat in dem dreiactigen Schauspiel „Freiwild", da¬
schon mehrere Premieren in Deutschland erlebte, bevor es in
seiner Vaterstadt Wien zum Bühnenleben erweckt wurde, nach
einer Richtung hin der literarischen Selbständigkeit einen Schritt
näher gethan; er französelt nicht mehr. Doch dieser Gewinn
wird leider nicht weit gemacht durch die Einbuße an dramatischem
Nachdruck. Anstatt in der passenderen Form der Broschüre soll
die Duellfrage wieder einmal von der Bühne herab gelöst werden
durch lange, sich häufig wiederholende Gespräche für und wider,
von denen die der letzteren Art vom Verfasser mit zahlreicheren
Argumenten bedacht sind, ohne deshalb an Ueberzeugungskraft zu
gewinnen. Schon der Titel trifft nicht in den Kernpunkt des
Stückes, in die Zweikampffrage, sondern seitwärts, in die freilich
besser gezeichneten Nebenumstände. Freiwild sind die kleinen
Theaternovizen, denen in irgend einer „Schmiere der Schmetter¬
lingsstaub der künstlerischen Illusionen abgestreift wird, und die
in ihrer Mädchenwürde zu beleidigen sich jeder Lebebursche das
Recht herausnimmt. Ein solcher Herr ist der verschuldete Lieutenant
„ 10 Karinsky. Er wettet im Kameradenkreise, daß die Naive Anna
20 Nieder die Einladung zum intimen Souper annehmen wird, und
„ 50 ärgert sich nach dem Verlust der zwanzig Champagnerbouteillen,
schuldig
„ 100 nicht des Geldes wegen — da er grundsätzlich
sondern
bleibt, hat Geld für ihn keinen Werth
Abonn
Abonn über das zufriedene Lächeln des Herrn Rönning, der
ein wirklicher, ehrlicher Freund der Naiven ist, mit ernsten
Absichten, kein Freund mit Anführungszeichen. Herr Reusch
spielt den Lieutenant, Herr Klein den Rönning. Wenn aber
einmal Herr Klein im Carl-Theater gastirt, dann bekommt Herr
Reusch stets seine Ohrfeige. Von dieser Gewohnheit wird auch
in „Freiwild nicht abgegangen. Herr Rönning, der bisher alle
Umgangsformen, auch die vor der Contrahage üblichen jener
Gesellschaftsclasse beobachtete, in welcher nach solchem Vorgehen
der Zweikampf als die einzige mögliche Lösung betrachtet wird,
nimmt aber die Forderung nicht an. Man mag über Sinn oder
Unsinn des Duells welche persönliche Meinung immer hegen —
die philosophischen Grundsätze, mit denen Herr Rönning die Ge¬
nugthuung mit der Waffe ablehnt, sind schon mehr als verdächtig.
Er verachtet das dergleichen Vorurtheil, er läßt sich von seinen
Freunden ruhig als einen feigen „Auskneifer" behandeln. Und
derselbe überlegene Geist, der inzwischen der geliebten Naiven
einen Heiratsantrag gemacht, also Pflichten übernommen hat,
bleibt „justament" in dem Badeorte, weil er erfährt, daß der
gezüchtigte, also ruinirte Gegner im Zustande der Verzweiflung zu
jeder Vergeltung fähig ist. Damit rasselt der ganze hölzerne Unterbau des
Stückes zusammen. Oder sollte Dr. Schnitzler mit dem Schlusse
etwa gar für die Nothwendigkeit des Duells plaidiren wollen?
Dann hätte er in den vorhergegangenen Auftritten seine Absichten
entschieden zu sehr verschleiert. Der Lieutenant schießt einfach den
der ihn geschlagen, über den Haufen. Das thut Herr Reusch stets,
wenn er von Herrn Klein eine Ohrfeige bekommt. — Herr Reusch
hat wieder am meisten imponirt durch die Eleganz, mit der er
seiner ungemein schwierigen Rolle über alle Fährlichkeiten half.
Dieser Künstler ist ein Specialist für das nämliche Rollenfach,
wie Herr Devrient von der Burg. Fräulein Sangora in
der weiblichen Hauptrolle hat zum erstenmale wirk¬
Talent geoffenbart; zum Mindesten ist sie eine so
liches
Schauspielerin, um es glaubhaft vortäuschen zu
gute
können. Das inferiore Komödiantengesindel der „Schmiere
fand in Herrn Tewele und Fräulein Glümer, sowie in einigen
belustigende Vertreter. Die Officiere konnten nicht reussiren.