II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 238

8.
box 14/3
il
Teleton 1890.
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Heracle de Acten Berlin
von

Arthur Schnitzlers dreiaktiges Schauspiel „Freiwild“
kam vorgestern Abend im Carl-Theater zum ersten Male
hier zur Darstellung. Ich muß gestehen, nach „Anatole“ und
„Liebelei Besseres erwartet zu haben. Die Vertrautheit mit
den Verhältnissen und Leuten vom Theater befähigt den Ver¬
fasser vorzugsweise für deren Schilderung. Leider beschränkt
er sich nicht darauf. Die Duellfrage wird ihm zur Haupt¬
sache, obgleich er darüber nichts Neues, noch Altes besonders
gut vorzubringen weiß. Wie darf der Gegner des Zwei¬
kampfes als Vertreter des gesunden Menschenverstandes
glauben, ein geohrfeigter Offizier, dem man die übliche Genug¬
thuung verweigert, werde sich dabei beruhigen? Man muß es
ihm erst sagen, ihn warnen. Nun steckt er für alle Fälle
einen Revolver ein. Das hat der Gegner auch gethan, und
nun kommt es darauf an, wer zuerst zum Schuß kommt.
Ein Yankee behauptete einmal, die höchste Lebensweisheit
bestehe darin, den ersten Schuß zu haben. Wollte Schnitzler
für das Duell demonstriren. Schwerlich — also wozu die
Frage zum Mittelpunkt eines Dramas machen, wenn er keine
neuen Gründe für und gegen bringt? Ein Stück kann
übrigens als Tendenzstück verfehlt und doch ein gutes Stück
sein. Theilweise ist dies auch „Freiwild, nämlich in dem Theile,
der das Theaterleben an einer Sommerbühne schildert.
Große dramatische Begabung verleugnet sich nirgends.
Beifall gab es viel. Nach dem zweiten und dritten Akt wurde
der Dichter wiederholt gerufen. Mir gefiel der erste Akt am
besten. Gespielt wurde im Ganzen gut, besser seitens der
Far¬
Herren als der Damen, hervorragend war Herr Rensch als to.
Karinski, Hr. Klein als Rönning und Herr Korff als bar
Poldi Grehlinger. — Wenn ich ausnahmsweise über ein bei
Ihnen schon bekanntes und besprochenes Stück dem Berichte
über Darstellung und Aufnahme einige Worte vorausschickte, es
so geschah es, weil der Verfasser ein mir besonders sympathi¬
Avorscher Wiener Dichter ist, dessen dramatische Begabung ich er¬
kannte, lange bevor sie zu allgemeiner Anerkennung ge¬
langte.
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NON.
Carl-Theater. Das Schnitzlerische Werk
„Freiwild" sollte eigentlich „Der Säbel" heißen. Es bringt
die Conflicte zwischen civilem und militärischem Ehrbegriff
mit wenig Witz und auch mit wenig Behagen zum Ausdruck.
Man besorgte, daß diese Novität der Leopoldstädter Bühne,
die jetzt mit großer Vorliebe in Tendenz macht, Anlaß zu
Demonstrationen geben werde, nachdem die Aufführung von
„Freiwild“ unmittelbar der Officiersaffaire in Marburg
folgte. Es kam aber nicht dazu. Der Märtyrer seiner Grund¬
sätze, der duellscheue Maler, ist ein zu arger Querkopf, als
daß man mit ihm sympathisiren könnte. Als er von dem
gereizten Lieutenant niedergeschossen ward, war auch das
ganze Stück erschossen.
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