II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 282

8. Freiwild
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Ausschnitt
„OBSERVER
Nr. 34
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Ausschnitt aus:
se rendre la de¬
vom 15190

Schiller-Theater.
Schnitzlers „Freiwild", das mit seinem starken Aufluge
von haut-goût vor einigen Jahren das Stammpublikum des Deutschen
Theaters entzückte, hat jetzt eine neue Stätte im Schillertheater ge¬
funden, das sich damit immer weiter von seinem ursprünglichen
Plane, dem Volke gesunde Kost zu bieten, entfernt. Diese auf
„Freiwild“ (d. h. Theatermädchen), pürschenden Offiziere, die
tugendsame Naive, ihr Tugendhold von Beschützer, der den sie frech
verfolgenden Offizier züchtigt, aber jede Genugthuung verweigert und
dann einfach niedergeschossen wird, sind so sehr nach der üblichen
Schablone gezeichnet, und die Absicht, in tendenziöser Weise den
Offiziersstand herabzusetzen, tritt so deutlich hervor, daß man wirklich
nicht begreift, daß den Leuten diese theils gepfefferte, theils parfümirte
Speise auf die Dauer nicht endlich zuwider wird. Die Darstellung
Für
verstand es nur theilweise, diese rein auf den Kulisseneffekt berechneten
Höhepunkte des Stückes zu mildern. Den bitterbösen Leutnant
Karinski gab Hr. Gregori mit allen Mitteln seiner Kunst, als
Schurken ohne jede Spur edleren Gefühls, Frl. Wulf gab die
Tugendheldin Anna mit all der Natürlichkeit, die derartige Typen
stets besitzen müssen, und ihr Liebhaber, der tugendboldige Maler,
Abonn und in Hrn Päschke einen durchaus angemessenen Vertreter. In
Abon den kleineren Rollen leisteten die Herren Pattegg, Patey,
Schmasow, Kaiser, Frl. Ernst u. s. w. Ausgezeichnetes.
Inhaltsangabe aber wenigen Men¬
blätter (Tagesjournale ausser „Neue Freie Presse“ und „Wiener Zeitung“
wodurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche Leben
des In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mittheilungen
werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
Prospecte gratis und franco.
Vor den Coulissen.
Das „Schiller=Theater" führte seinem
Publikum gestern Abend zum ersten Male den Wiener
Schriftsteller Arthur Schnitzler vor — mit dem
reidetigen Schauspiel „Freiwild", das von seiner
Premiere am „Deutschen Theater“ her noch in bester
Erinnerung steht. Die Frische und Kraft, mit der
Schnitzler seine Stoffe anpackt und ausgestaltet, prägt
ich auch in diesem Werke, das einen Beitrag zum
Duellung bringt und die Frage des modernen oder
besser mittelalterlichen Ehrbegriffs behandelt. Der
Autor hat einen sicheren Blick für das Leben;
Für 50 Zaus ihm schöpft er seine Charaktere, und darum er¬
füllt sie alle auch volles, warm pulsirendes Leben, inclusive
„ 200
„Freiwild machte bei der gestrigen Wiederbelebung Porto.
einen starken Eindruck, an dem Schnitzler und seine Zahlbar
Voraus.
„ 1000
Interpreten gleichmäßig betheiligt waren. Den
Im Oberleutnant Karinski, der die allgemein
ist das
Abonnementtigen, ungeschriebenen Gesetze der Gesellschaft für es den
Abonnenten sich selbst nicht anerkennt, diese von höchster Bru¬
talität erfüllte Rowdienatur, deren versöhnender
Der Zug nur in der unendlichen Hingabe an ihren Beru¬
Inhaltsan liegt, spielte Herr Gregori mit ingrimmiger Veraltend die
organ¬
blatte bissenheit und einer kalten Energie, die der Wirkung Zeitung
wodurch einsicher sein durften. Herrn Paeschke hätte ich mir erleben
des In- unals Rönning etwas fester gewünscht; durch das allzu heilungen
werden in Weise Haushalten mit seinen schönen Mitteln er¬
reichte der junge Künstler nur, daß man ihm
sein mannhaftes Auftreten nicht recht glaubte, d. h.
daß man über dem Spiel nie die Wirklichkeit
vergaß. Fräulein Marianne Wulf zeigte als Anna
Riedel die ganze Gluth ihres durch echte Weiblich¬
keit gemilderten Temperaments und fesselte durch die
glückliche Auffassung ihrer Rolle. Der Oberleutnant
Rohnstedt, der in dem Stücke die Stimme der ge¬
funden Vernunft gegenüber dem Draufgängerthum
Karinskis repräsentirt, war bei Herrn Erich Kaiser
vortrefflich aufgehoben, und dem gutmüthig naiven
Husarenleutnant Vogel lieh Herr Patry mit aus¬
gezeichnetem Gelingen seine reife Kunst. Herr
Holthaus faßte den Dr. Wellner stellenweise
etwas zu pathetisch auf; eine prächtige Leista,
die bis auf das geringste Detail mit liebevollster Sa¬
falt ausgearbeitet war, bot dagegen Herr Pet¬
als Theaterdirector. Kleinere Aufgaben wurden von
den Damen Ernst und Storm und den Herren
Köslin, Zollin und Schmasow mit bemer¬
kenswerther Flottheit gelöst. Der Regie — wer sie
führte, verräth der Zettel nicht — gebührt ein beson¬
deres Lob für die vorzügliche Inscenirung der im
Kurgarten spielenden Acte, in denen die Bühne ein
treues Bild des Badelebens bot, bei denen aber die
Massen doch so geschickt und discret dirigirt wurden,
daß sie nie die Aufmerksamkeit von den Hauptvorgängen
N. W.
ablenkten.