II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 311

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Telephon 12801.
Alex. Weigls Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
„OBSERVER
I. österr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
In Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
VATERLAND, WIEN
Ausschnitt aus:
29. 1. 1905
vom

Deutsches Volkstheater. Daß ein
Mater, welches nach der Hofbühne den ersten Rang unter
den der dramatischen Kunst gewidmeten Instituten Wiens
beansprucht, ein Stück, wie das heute zur Erstaufführung
gebrachte dreialtige Schauspiel von Arthur Schnitzler:
Freiwilde in seinen Spielplan aufnahm, kann wohl
nur durch den Druck einer Clique erklärt werden. Das
Opus ist ein Antiduellstück, aber wohl das lendenlahmste,
das wir je zu hören bekamen. Ein junger Kavallerieoffizier
betrachtet zunächst die Naive eines Sommertheaters
Freiwilde, ladet sie zu einem intimen Souper, holt
damit jedoch eine entschiedene Ablehnung. Als dies der
ehrliche Verehrer der Schauspielerin erfährt, kommt es
zwischen letzterem und dem Offizier zu einer
Auseinandersetzung, deren Ende die Züchtigung des
Offiziers durch den Verehrer der jungen Dame
ist. Die hierauf folgende Forderung zum Duell
wird abgelehnt; der Geforderte begründet seinen Stand¬
punkt in langen Reden, die jedoch gegenüber weitaus stich¬
hälterigen Gründen der Duellgegner wenig bedeuten.
Schließlich betrachtet der Offizier seinen Gegner, welcher
durch seine Weigerung angeblich die Existenz des Fordernden
vernichtet, auch als Freiwild= und schießt ihn einfach
nieder. Die zur Darstellung des Stückes verurteilten
Schauspieler taten ihr Möglichstes, trotzdem vermochten sie
nicht demselben zu einem Erfolge zu verhelfen. Obgleich
vor einem nahezu ausschließlich von Stammesgenossen
des Autors besetzten Parkett gespielt wurde, war es letzterem
nur einmal gegönnt, dankend erscheinen zu können. War.
en
Alex. Weigls Unternehmen Zeitungs-Ausschnitte
„OBSERVER
I. österr. behördl. konz. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnachrichten
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stockholm, Christiania, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aufautsches Volksblatt, Wien
29 1 1905
vom
Deutsches Volkstheater. Schnitzlers „Freiwild“ be¬
deutet für Wien keine Novität und die gestrige Auffüh¬
rung neuerte daher nur eine Bekanntschaft, die bereits
früher beschlossen wurde. Was uns anbelangt, würden wir
herzlich gerne darauf verzichtet haben, dem Stücke wieder
zu begegnen. Von all den schon eine stattliche Zahl aus¬
machenden Dramen, welche die Frage des Duell disku¬
tieren, ist gerade das Schnitzlersche dasjenige, das am
wenigsten überzeugend wirkt und das durch die schiefe
Logik, mit welcher es den die Gesellschaft beherrschenden
Ehrbegriffen beizukommen sucht, weit eher zu einem Plai¬
doyer für als gegen den Zweikampf wird. Der Autor
hat sich verlocken lassen, den Stoff, der ihn ursprünglich
fesselte, im Stiche zu lassen und die Schilderung des Milicus
des Schauspielerlebens an einer Sommerbühne in einem
Kurorte nur als Skizze zu behandeln. Dadurch tritt das
Grelle und Abstoßende in dem von ihm entworfenen
Bilde allzu sehr in den Vordergrund, während die ver¬
bindenden Töne fehlen. Der zweite und dritte Akt sind
aber fast vollständig durch die breitspurige Erörterung der
so oft ventilierten Frage ausgefüllt, nur der
ein Gentleman genannt zu werden verdient, der
Ehrenangelegenheiten die Waffen entscheiden
läßt. So redselig aber auch Herr Schnitzler wird,
wenn er über dieses Thema spricht, er weiß uns doch nichts
zu sagen, was wir nicht schon oft und oft aus anderem
Munde gehört hätten. Er hat übrigens selbst nicht den Mut,
sich über das Essentielle der ganzen Frage klar und offen
zu äußern, sondern er umkreist den springenden Punkt, wie
die Katze den heißen Brei. Sein Stück beweist übrigens am
deutlichsten, was geschehen würde, wenn sich die Gesellschaft
in Ehrenangelegenheiten nicht gewissen Gesetzen, die sie sich
selbst gegeben hat, unterwerfen würde. An die Stelle der
an feststehende Regeln gebundenen ritterlichen Austragung
würde die roheste Gewalt, das Faustrecht treten. Der
Schlag, der dem Leutnant Karinski in „Freiwild" für sein
Benehmen versetzt wird, wird ja trotzdem blutig ge¬
rächt, aber nicht im Zweikampfe, sondern durch
einen meuchlerischen Schuß auf den Beleidiger, der es ver¬
weigert, die von ihm geforderte Satisfaktion zu geben.
Man sieht, eine Ausrottung des jetzigen Zustandes würde
nur zur Einbürgerung von Hinterwäldlersitten führen. Ueber
das Stück, das außer seiner Tendenz nichts aufweist, durch
das es interessiren würde und das uns insbesondere eine
schärfere Charakterisierung der einzelnen Personen schuldig
bleibt, ist sonst nichts Neues zu sagen. Es fand bei dem
Teile des Publikums, das dem Autor verwandt ist, eine
ziemlich geräuschvolle Aufnahme. Die Darstellung war eine
gute. Vor allem sind die Damen Erl, Glöckner und
Jäger sowie die Herren Kutschera, Kramer,
Jensen, Raeder, Richter Roland und
Höfer zu nennen.