II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 331

es an de Cometa an die et de leur

Aber wenn ich auch später erkannt habe
Seitentasche hält ihn rechtzeitig zurück. Kein
daß die Angelegenheit der Frau Pepi
Zweifel, die Akten sind weg, sie müssen in
Wassertheil so polnisch war, daß ich auch
der Garderobe herausgefallen sein. Dieser
mit den Akten unterlegen wäre, so vermag
verwünschte Ball! Ich gehe nie mehr tanzen,
dies doch nichts an meiner festen Ueberzeu¬
nie mehr, nie!
gung zu ändern, daß schöne Augen für das
Aber das tut nichts. Es ist ja eine
gesamte öffentliche Leben — vom privaten
aufgelegte Kontumaz. Der Gegner wird
gar nicht zu reden — von so eminenter Ge¬
nicht erscheinen. Das ist doch vorauszusehen.
fährlichkeit sind, daß es die Aufgabe jedes
Nur ruhig, es wird schon schief gehen! Und
geordneten Staatswesens ist, gegen diese
mit einigen wilden Sätzen bin ich auf der
Gasse, um — sofort um das vergessene blauen bzw. schwarzen, grauen oder grünen
Höllenmaschinen umfassendste Vorkehrungen
Portemonnaie, das die notwendigen Stempel
zu treffen. Ich habe die Sache bereits dem
birgt, zurückzukehren.
Grafen Sternberg an die Hand gegeben und
„Das bedeutet Unglück, sagt das Dienst¬
es ist von diesem temperamentvollen Volks¬
mädchen gewohnheitsmäßig und mechanisch
vertreter gewiß zu erwarten, daß er in seiner
Aber ich schiebe die Seherin unsanft zur
radikalen Art zumindest nach Analogie der
Seite und nun geht's in rasendem Lauf, in
Maulkörbe das obligatorische Tragen dunkler
überstürzenden Karree durch die Straßen,
Brillen für Inhaberinnen von Märchenaugen
zwischen Milchwagen und Elektrischen hin¬
Dr. P. K.
durchsetzen wird.
durch, Stöße austeilend, Püffe empfangend,

immer weiter, weiter, wie ein Automobil
beim Gordon Benett=Rennen.
Wiener Theaterbrief
Plötzlich kommt mir ein alter Herr in
den Weg: „Brüß Dich — — „Morgen,
Wien, Ende Feber.
Onkel, Du entschuldigst, nicht wahr, eine
Wien ist zwar wieder eine Theaterstadt, das
Tagfahrt
wird jetzt von allen Seiten freundlich zugestan¬
Und der alte Herr sieht mir verdutzt
den, außer von jenen Wiener Dichtern, die eben
nach mit erstauntem Kopfschütteln über den
nach Berlin zur Premiere gereist sind — aber
falschen Neffen, der doch als Student ihm
das Wiener Theaterpublikum, so hört man, hat
und insbesondere seiner Brieftasche in so
noch immer den vormärzlichen Geschmack, Ernst¬
hafte Dinge, auf dem Theater verhandelt, inte¬
treuer Anhänglichkeit zugetan gewesen und
der ihn jetzt einfach auf der Straße stehen ressieren angeblich kaum. Ibsen wird in der
Phäakenstadt nie verstanden werden soziale und
läßt. Die undankbare Jugend! Es tut mir
in der Seele weh, lieber Onkel, Dir nicht gar politische Probleme finden von der Bühne
herab kein Gehör, Soldatenstücke, die läßt man
meine alte, treue Anhänglichkeit — der
sich etwa noch gefallen, weil ja die Soldateska
Fasching kostet soviel Geld — beweisen zu
mit den „füßen Mädeln in dem bekannt ange¬
können. Allein mich ruft die Pflicht, mich
nehmen Zusammenhange steht — von diesen
lockt jetzt nur ein Ziel, ein hehres, ein Name,
süßen Mädeln und allerliebst entgegenkommenden
der in stammenden, feurigen Buchstaben vor
Frauen denkt man sich die Wiener Bühne einzu
und allein belebt, so wie man die Wiener Lit¬
meinen Augen flimmert: Pepi Wassertheil
Endlich trennt mich nur noch ein kleines raten auch immer nur als in Walzertakt fröhlich
einherhüpfende Männlein oder als tiefgrundig
Gäßchen vom Bezirksgericht. Aber natürlich
katzenjämmerliche Ergründer der Liebeseele ge¬
da ist der Zugang zu dem Gäßchen durch
schildert findet. Liebesaventuren, das ist allge¬
eine langmächtige, dichtgeschlossene Reihe
meine Meinung im Reich, schweben allein rost
von Eisführen versperrt. Es ist zum Rasend¬
an dem nicht sehr weiten Wiener literarischen
werden! Hier müßig stehen und warten
und Theaterhorizont. Wenn ein Stück in Wien
müssen, bis die lange, endlose Wagenreihe
gefallen soll, formulieren reichsdeut¬
langsam vorbeipassiert...
Männer, so darf es sich freilich nicht mehr
Plötzlich zittern die ersten Schläge der
die allzutugendhafte Frage drehen: Wie krieg
Haus seine Grete — Doch mit einigen Kombi¬
mühen Turmuhr durch die neblige Luft. O.
nationen, etwa mit dem artigen Verierspiel: Wie
Pepi, Pepi! Und mit kühnem Entschlusse
wird Haus die Grete los Wie macht es der
und geradezu japanischer Todesverachtung
kluge Haus, daß ihn weder die Grete, noch deren
schlängle ich mich — dank meiner für den
künftigen Advokaten beinahe standeswidrigen beste Freundin, mit der er natürlich auch eine
Beziehung anfädelt, an den Altar schleppt?
Schlankheit — zwischen der Rückseite eines
mit solchen Problemen macht jeder Theaterdichter
Wagens und zwei schnaubenden Rüstern
in Wien sein Glück.
.
Dieses oft betonte Vorwiegen des Erotischen in
unserer Stadt der Formen, der Farben, der
Frauen, scheint in unserer ganzen Atmospäre be¬
gründet, doch ist diese Last, wenigstens die
Theaterlust, schon seit langen nicht mehr so
leichtfertig, wie man da draußen noch immer ver¬
meint. Betrachten Sie doch unser Repertoire der
letzten Wochen: das Liebes=Lustspiel, die Liebes¬
tragödie fehlen beinahe ganz. Diese Dinge, seien
sie noch so munter gewoben, werden rasch von
der Bühnenfläche gesegt. Selbst das Amouretten¬
Theater reinster oder nicht ganz reiner Schattie¬
rung, das Theater in der Josefstadt, hat mit
seinen literarischen Einakter=Abenden mehr ge¬
macht", wie man in unserem Jargon zu sagen
pflegt, als mit den niedlichsten Obskuritäten.
Das soziale Stück beherrscht jetzt die selbst in
Wien nachdenklicher gestimmten Kreise der Theater¬
Hungrigen. Im Burgtheater hat „Trauulus
ein kluges, wenn man will, erklügeltes Rechen¬
exempel ein „Schulfall“ in jedem Sinn, ein
Stück, das in die Anfänge jeder sozialen Erörte¬
rung, in die pädagogische Sphäre greift, trotz des
anfänglichen Widerstrebens unseres Publikums
den Erfolg, freilich zunächst durch Sonnenthals
Meisterspiel, zu sich gezwungen. Im Volks¬