II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 350

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8. Freiwild
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cage, Genf, London, New-York,
sund, Backholm, Christiania, Nr. Redner,
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnitt aus:
Berliner Local Anzeiger
von: 29 1 1905
er, M. Januar, 11 Uhr 15 Min. nacht.
grunseres na-Korrespondenten.)
Im Deutschen Volkstheater wurde Arthur Schnitz¬
lers „Freiwild“ zum ersten Male gegeben. Es
hatte starken Beifall, der bei dem Erscheinen des
Dichters und an mehreren gegen das Duer ge¬
richteten Stellen geradezu demonstratio wurde.
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in Berlin, Budapest, Chicago, Genf, London, New-York,
Paris, Rom, Mailand, Stokholm, Christiania, Ct. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Ausschnit au
Montagspresse, Wien
62
vom
Theater.
(Deutsches Volkstheater.) Zum erstenmale: „Frei¬
wild“, Schauspiel in drei Aufzügen von Arthur Schnitz¬
ler. Gewiß, an großer Theaterkunst und in dem spä¬
teren Schnitzler selbst gemessen, ein im Kern schwäch¬
liches Stück. Der erste Akt, beinahe nur von Episoden
belebt, einem Schlage zustrebend; der mittlere Akt, die
Probe des eigentlich dramatischen Gefühls, wie so oft
bei dem jungen Schnitzler, wie im „Märchen“, selbst der
„Liebelei", sogar noch im „Vermächtnis, durchaus Dia¬
lektik, freilich durch kluge Mittel gesteigert, scheinlebendig
gemacht; der dritte Akt erzeugt eigentlich kaum mehr dra¬
matische, nur mehr Nerven=Spannung vor einem erwar¬
teten Knail. Das Ganze gewiß gedankenmäßig geboren,
im Charakteristischen oft schattenhaft und im Gedanklichen
selbst nicht ohne Einwand. Der schwächliche Kern scheut
eben dieses allzu Analytische des „Helden", der keiner
ist. Die Trotzigen, selbst in einen Irrtum Verbohrten,
sind, wie alle falsch Strebenden, die eigentlich dramatischen
Figuren, aber diese müssen aus einem Gefühl irren,
stärker denn jede Vernunft, nicht aus vernünftiger Ueber¬
legung und allerlei Vernünfteleien; darum wird man bei
„Michael Kohlhaas" und dem „Erbförster", die zunächst
zu unserem Empfinden sprechen, nie an das Närrische
ihres Steifsinns denken; bei dem Zivilisten Schnitzlers,
der jenes Duell, das er hervorrufen mußte und wohl ver¬
meiden konnte, verweigert, denkt man öfters daran und
mit diesem Denken schwankt bereits das Problem. Dieses
Problem selbst, flüchtig wie alle Fragen gesellschaftlicher
Schätzung, die eine Generation später vielleicht gar nicht
mehr begreift, überdies nicht ohne die gewisse, wenn wir
dies sagen dürfen, jugendliche und vielleicht bourgeoise
Enge des Horizonts, die solche Nebenbei Dinge sehr pa¬
thetisch betrachtet: dieses Problem ist sicherlich nicht das
Bleibende dieses Schauspiels. Das Bleibende ist vielleicht
die zarte Aquarelliunst, mit der die umrahmenden Figuren
gegeben sind. Hier fühlt man die Hand eines humor¬
begabten, zartsinnigen Dichters, eines, der das Leben
kennt und dieses mit Ueberlegenheit gestaltet — unter all
den Schwätzern, Faulenzen, Nörglern, Verneinenden und
wenig Könnern ein kräftig Bejahender, dessen Werk zu
Werken wuchs, ein Poet, der still und ernst seine Straße
zieht, das Beispiel ehrlich vornehmen Künstlertums. Dem
Volkstheater ist es zu danken, daß man einer so starken
Kraft wieder einmal Raum gab, wie selten geschieht es;
möchten wir doch bald den jüngsten Schnitzler, der längst
über die Freiwild=Thesen wuchs den Schnitzler des „Ein¬
samen Wegs" und des „Schleiers der Beatrice" zu ge¬
nießen bekommen! Die Aufführung war sichtbar mit Liebe,
vorbereitet; die Herren Kutschera, Kramer, Höfer,
Tewele und Meixner, die Damen Glöckner und
Erl waren vorzüglich. Der Erfolg war ein lauter, P. W.