II, Theaterstücke 8, Freiwild. Schauspiel in 3 Akten, Seite 441

8. Freiwil
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valeton 1886.
Alex. Weigls Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Ausschnitt
Nr. 6
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„OBSERVER
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Ausschnitt aus:

von 20000
„Rosenmontag.) Als wir in Nummer 37 unseres Blattes vom
18. October l. J. das unter obigem Titel erschienene dramatische Pasquill
auf den Officiersstand und auf die militärischen Ehr- und Standesbegriffe
anlässlich seiner Aufführung im „Deutschen Theater“ in Berlin nach seinem
wahren Werthe charakterisirten, hätten wir wohl nimmermehr geglaubt, dass
dieses erbärmliche Tendenzstück — erbärmlich in jedem Belange — jemals
irgend an einem Hoftheater aufgeführt würde. Und doch ist das Unglaub¬
liche geschehen. Die Direction des k. k. Hofburgtheaters in Wien hat das
Bedürfniss gefühlt, diesen — sit venia verbo — bodenlosen Blödsinn seinem
Publicum vorzuführen. Eines hat das k. k. Hofburgtheater damit jedenfalls¬
erreicht: es ist und wird die einzige Hofbühne bleiben, welche diesem
albernen Machwerk ihre Pforten geöffnet hat. Warum? Doch wohl nicht
seines literarisch-dramatischen Werthes halber, denn in dieser Hinsicht
steht es nicht einmal auf dem Niveau des „Geschundenen Raubritters“
oder ähnlicher „dramatischer Dichtungen. Also um seiner Tendenz
willen? Nun, da werden ja die p. t. Anarchisten eine grosse Genug-
thuung empfinden. Ihnen ist jedenfalls die Aufführung dieses Stückes ein n
grosses Gaudium. Wir sagen absichtlich Anarchisten, denn nur solchen
ist ein derartiges Stück aus der Seele geschrieben. Die Socialdemokraten
hassen wohl die Armeen, aber sie sind nicht so dumm, um sich den
Officier und seine Denkungsart so vorzustellen, wie er im „Rosenmontag“
geschildert wird. Dem Publicum des Hofburgtheaters gegenüber aber be¬
wo deutet die Aufführung dieses Stückes so etwas wie eine Insulte. Das
des hiesige „Deutsche Volkstheater“ hat seinerzeit das Arthur Schnitzler’sche
Drama „Freiwild“ abgelehnt, weil in demselben einem Officier eine un¬
ritterliche Handlungsweise zugemuthet wird, obgleich das letztere Stück,
was dramatischen Werth anbelangt, thurmhoch über „Rosenmontag steht.
Leider hat das feine Taktgefühl des Herrn Directors v. Bukovies nicht¬
exemplificirend gewirkt.