II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 208

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5. hasselei
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Theaternotizen.
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Theaternotizen.
*Die französischen Theaterkritiker, die pünktlich an jedem Montag ihr Feuilleton
#e liefern, machen sichs leicht: sie erzählen den Inhalt der Stücke, die sie
während der Woche gesehen haben, knüpfen an jedes ein paar nette Bemerkungen,
eitiren besonders hübsche Stellen und vertheilen dann an die Schauspieler milde
Censuren. Keine allgemeinen Betrachtungen, keine höhere Einheit der Idee, die
etwa die zersplitterten Eindrücke zusammenzufassen sucht, kaum ein Bemühen, das
bretterne dem wirklichen Leben zu vergleichen. Allerliebste Sachen und Sächel¬
chen entstehen so, die Sainte=Beuve zwar nicht als ernste Kritik anerkennen würde
und über die Brunetière sich lange genug geärgert hat, denen der Literaturbummler
aber manche feine Freude verdankt und die mit dem gräßlichen Zeug, das bei uns
fast immer als Theaterkritik ausgeboten wird, nicht in einem Athem zu nennen sind.
Mir kommt das Genre ein Bischen winzig vor, — wahrscheinlich, weil ich nicht
annähernd so Reizendes darin zu leisten vermöchte wie Lemastre und Sarcey;
mir scheint, ein Theaterkritiker sollte mehr geben als Inhalt mit Sauce, er sollte ..
Aber Alles, was man soll — oder gar sollte —, ist furchtbar langweilig. Und
dieses weiche oder windige, fast immer aber feuchte Märzwetter, das sich benebelnd
um die Schläfen legt und die karge Möglichkeit klaren Denkens völlig vernichtet,
ist nicht angethan, zu Betrachtungen über Das, was man soll oder sollte, zu
locken. Schnell also ein paar Theaternotizen, wie der Wind sie gerade aus dem
Gedächtniß weht. Viel Gescheites wird nicht herauskommen, denn die tückische
Grippe lähmt jedes sonst etwa vorhandene kritische Vermögen; aber sind die No¬
tizen über Goluchowski, den edlen Polen, der für des Deutschen Reiches Macht
und Herrlichkeit plötzlich so begeistert sein soll, am Ende interessanter?
Das Deutsche Theater wird von einem Direktor beherrscht, der früher
ein Kritiker war. Dieser Manin — Brahm heißt die Kapazität — pflegte alle
lebenden und beinahe schon toten Theaterdirektoren in den Abgrund zu fluchen, wenn
sie sich unterstanden, ein Stück von dem fleißig dichtenden Herrn Hugo Lubliner
aufzuführen. Er hatte nun einmal die Antipathie: Lubliner war für ihn der
Pidel, der aus Schauspielhäusern den Künstler vertrieb, bei dem bloßen Namen
Lubliner schon verließ ihn #il schöne Mäßigung des strebsamen Schererschülers. Jetzt
hat er, um endlich wieder ein Publikum zu sehen, ein Stück des Herrn Lubliner
auf seine Bretter gebracht. Sie nahten, die Himmlischen alle, die mit dem
tüchtigen Dichter verwandt, verschwägert oder auch nur befreundet sind, und die
kümmerlich blassen Kleiderbewahrerinnen machten große Augen, denn das Haus
war an einem wirklichen Wochentage und ohne die mit Recht so beliebten Preis¬
ermäßigungen für sogenannte Vereine ganz voll und man sah schweren Sammet
und knisternde Seide, matte Protzenperlen und frech umherfunkelnde Baissebrillanten.
Man konnte sich in Bethulien glauben, ehe Holofernes heranzog und der Hunger
zu wüthen begann. Daniel Schlenther aber, der immer ein Bischen verkaterte
Prophet dieser Weihestätte, barg im Gehege der Zähne den Ruf, der zur Steinigung
des Busenfreundes aufstacheln konnte, der brave Brahm ging frei aus und wird,
trotz allen Lublinern der Welt, auch ferner mit künstlich aus den Haarwickeln
der Kuppeltante Vossin gefertigten Papierguirlanden umwunden werden, — als
ein Held seiner Zeit und ein wackerer Mann ohne Vorurtheil.