II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 217

5. Liebele
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billigen Stoff nicht übel aber von einer inneren Entwick¬
lung, von einem lebendigen Humor ist keine Rede, die
in # Aloun gekl
Witze sind hintere.
Um wieder zu Liebeleistoffen zurückzu ehren, so
steht Braccos „Un u“ sim Lessingtheater) schon auf
einem anderen Blatte. Auch hier wird mit dem Stoff
gespielt, auch hier wird in einem gewissen ironischen Tone
die Geschichte einer Frau erzählt, die, um sich an ihrem
angeblich untreuen Manne zu rächen, mit einem Liebhaber
scherzt, wodurch sie nur ihrem Manne selbst wieder zu¬
geführt wird: ein Mittelding zwischen Francillon und
Cyprienne. Aber wie der italienische Dichter diesen Stoff
mit zarten Händen anfaßt, wie er durch geschickte Fassung
seine Juwelen und Perlen blitzen und locken läßt, das ist
so trefflich gelungen, daß wir dem Kunststückchen mit Ent¬
zücken folgen. Was wir an einer Statue vielleicht nicht
lieben würden, an dieser Statuette hüben wir es gern.
Mehr allerdings nicht.
Nicht ein geschmackvolles Spiel, sondern ein ernstes
Lebensbild ist endlich Arthur Schnitzlers Drama
„Liebelei“, welches nach der Wiener und Frankfurter Auf¬
führung auch am Deutschen Theater erschien. Hier ist
wirkliche Dichtung, die aus dem Herzen fließt, hier gibt sich
ein Dichter ganz und gar und läßt keinen Mechanis##s seines
Kopfes nur arbeiten. Schnitzler, der in seiner reisen und
krystallklaren Kunst an der Spitze der jungen Wiener
Schule steht, die das Thema der Liebelei zu ihrer Lieb¬
lingsaufgabe gewählt hat, gab diesem ganzen Milieu in
seinem Drama einen Höhepunkt, der einen weiten Horizont
eröffnet. Eine kleine, aber ernste Liebelei geht an einer
großen, aber spielerischen Liebelei zu Grunde. Jene geht
von dem jungen Manne, einem schwärmerischen Elegant,
zu einer Vorstadttochter, dem Kind eines Violinisten, diese
achr zur #hestan-eines- Mannes von Feisenehre. Der
Ehrenmann tötet den Elegant im Duell, und seine kleine
Liebe ist für immer ruiniert. Man sieht, wie der Dichter
das alte Motiv des Ernstes in der Liebelei erneut hat,
indem er den Ernst an dem Wesen der Liebelei zerschellen
läßt und die Liebelei an der Unlogik ihres Ernstes. Das
dramatische Gewand, in welches er sein erzsittliches Be¬
kenntnis kleidete, ist ganz wunderbar. Der erste Akt führt
uns das Wiener reiche Bohemeleben in ungesehen echten
Farben nor: mitten hinein tritt wie ein Gigant die Er¬
scheinung des Gatten, der seine Ehre zurückfordert. Der
zweite Akt führt uns in das heimisch=traute Milien des
alten Violinisten, welcher — ein Kontrast zu jenem Ehren¬
mann — schon viel zu viel lehrhafte Dinge erlebt hat, um
seiner Tochter nicht eine ernste Liebe nachzusehn. Der
dritte Akt bringt die ergreifende Enthüllung, in der plötz¬
lich das Mädchen, welches bisher die eigentliche Welt wie
ein ungekanntes fernes Zauberland nahm und alles hinter
den Dingen liegende nur dumpf zu ahnen vermochte, nun
mit einem Schlug das falsche Gespinnst dieser Welt er¬
kennt und in krumpfhaftem Schmer#e wahrnimmt, wie
man sie, die dem Toten doch am nächsten stand, bei all
diesen unverstandenen Ereignissen und all diesen finsteren
Zeremonien im letzten Hintergrunde ließ. Innerhalb dieses
großen Aufbaues ist eine solche Fülle erquickender Charak¬
teristik ausgebreitet, eine solche Liebe auf die kleinste
Einzelheit gewendet, und dabei durch Einführung eines
zweiten, leichtsinnigeren Liebeleipaares einem kernigen,
echten Humor so behaglih der Boden bereitet, daß wir
m Dichter innig dan#r werden. Keine Absichtlichkeit,
Gefallsucht stört den zarten und
keine Aeußerlichkeit,!
ii n del. Pch
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diskreten Verlauf des Werkes. Es ist wieder einmal das !
Bekenntnis einer großen, klaren Künstlerseele.
Oerar Sie.
6en
Schelr Dramatik n