II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 240

iebelei
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5. Lreseler
„ 0 htend Andete,
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Die Raynal=Affaire, von der wir gestern aus¬
nüber diesem Gesetzwerk bereits zu wie der Sozialdemokrat Stadthagen, an diesem
führlich berichtet haben, hat in der französischen
lendung gebracht, daß wir uns zu Schmerzenskinde unserer Juristen noch allerhand
Kammer zu stürmischen Debatten geführt, da die
geständniß verstehen könnten, das nur häßliche Auswüchse bemerken, die sie in der Kom¬
Sozialisten durchaus darauf bestehen, den früheren
mission gemächlich beschneiden wollen. In dieser
Minister in Anklagezustand zu setzen, während
sen mit unserer Ueberzeugung in Ein¬
Weise wird die Debatte wohl noch einige Tage
die Kommission ihn um jeden Preis heraus¬
ang zurbringen ist; wenn wir auch vielleicht
sich fortwälzen.
reißen will.
luß zu der resignirenden Erkenntniß
um
Die Konservativen möchten Herrn Stöcker
Eine erste Niederlage hat das Ministerium
egenüber dem bürgerlichen Gesetzbuch gelangen
gern zu einem völligen Rücktritt aus dem politi¬
Bourgeois im Senat erlitten. Dort stand ein Antrag
berden: Ich habe schon so viel für Dich ge¬
schen Leben veranlassen. Nachdem die „Kreuzztg.“
zur Berathung, der die Koalition der Arbeiter in Staats¬
han, daß mir zu thun fast nichts mehr übrig
betrieben und der Eisenbahnarbeiter untersagt. Der Kriegs¬
und der „Reichsbote“ schon allerlei zarte oder
minister Cavaignac erklärte, er glaube, daß die Regierung
fleibt!
auch unzarte Winke gegeben haben, kommen jetzt
für den Fall eines Eisenbahnarbeiterausstandes genügend
Möchten doch Alle zu dem Standpunkt, auch die „Dresd. Nachr.“, das Organ der sächsi¬
bärende Schmerz waren bewundernswerth. Ihre Ge¬
daß man auf einer Sekundärbahn weiter befördert
Schnitzler ein großes, psychologisch glücklich arbeitendes
danken lagen in ihren Zügen und hatten jene stumme
wurde. Alle Augenblicke wurde angehalten und
alent zu, bewundere die Symphonie seiner Empfin¬
aber gewaltige Sprache, die eindringlicher, inniger zu
ein Schoppen Iuteresselosigkeit genehmigt. Beobachten
ungen, die in seinem Werk harmonisch zusammenklingen,
Herzen geht, als ein Schrei oder ein Seufzer! — Ihren
ließ sich die dramatische Gegend dabe ganz nett, doch
nd stehe mit Andacht vor der Poesie der Liebe, die der
Fritz spielte Herr Rittner mit einem Auflug von
wirklich interessant waren nur die paar Höhepunkte, deren
Liebelei“ sozusagen die erloschenen Augen zudrückt.
Blasirtheit und einem Flaum von Bart und Schwer¬
erster die Scene zwischen dem Gatten und seinem Ehr¬
Liebelei“ schließt mit einem Schmerzensschrei wahrer
muth. Der junge Künstler gefällt mir sonst besser — „die
schänder, deren zweiter und letzter die Liebesklage der ver¬
iebe, und diese Liebe ist's, die dem Stück und seiner
Lebenswende“ hatte ihn mehr für sich. Das lockere
lassenen Christine im dritten Akt ist. Anfangs dieses
Moral, wenn davon überhaupt zu reden — ein Ende
Pärchen war von Frau Schneider und Herrn
dritten Akts überkam mich die dreimal heilige Furcht, daß
acht. Zuvor der skelettirte Inhalt: Einer jener Luxus¬
Jarno humorvoll, leichtsinnig, gutherzig aufgefaßt
er mit Mord und Selbstmord enden würde. Und sie er¬
udenten, deren Hauptbeschäftigung das Studium des
und prächtig wiedergegeben. Die beiden Herrschaften waren
füllte sich; Schnitzler konnte es sich nicht entgehen lassen,
Weltgenusses ist, hat ein Verhältniß mit einer Frau pour
das echte Experimentir=Verhältniß mit gegenseitige;
den alten, niederträchtig trivialen Todesausgang vorzu¬
asser le temps. Die zeitweilige Muße, die solch ein
Aualise im Herzen. Den Vater und Musikanten Weiring
führen. Ein Mädel, gesund, ja geistesstark in all ihren
Verhältniß auferlegt, läßt ihn eine Spielerei mit einer
suchte Herrn Reichers Kunst etwas zu beleben, doch
Anschauungen, empfindet bei der Todesnachricht ihres Ge¬
Ermen Musikantentochter Namens Louise Millerin
war die Rolle zu viel und nichtssagend vom Dichter an¬
liebten, daß „sie ihm nichts“ war, daß er von
ardon Christine Weiring beginnen. Das Mädel,
gelegt. Die „Bindern“, eine bieder gewordene Bürgers¬
ihr sprach, wie von seinem Zimmer, seinen Freunden,
in jungblütiges Hausmütterchen, nimmt die Sache ernst.
frau spielte Frau Meyer mit derselben guten Einsicht,
seinen Cigarren u. s. w. und im Schmachgefühl dieser ver¬
erade zur Zeit, wo der Luxusstudent dem Gatten tödtliche
mit der sie die Frau Marthe im „Krug“ darstellte.
achteten Stellung zu ihrem Ideal, will sie zu seinem
Rechenschaft geben soll, überkommt auch ihn etwas wie
Das Puhlikum bereitete dem Verfasser mehrere Hervor¬
Grabe; man verweigert ihr dieses billige Bitten, anstatt sie
Ziebe zu dem armen Ding — doch er geht und
rufe. Nach dem zweiten Akte zischten einige Ueberbleibsel
dahin zu geleiten, eine Austobung ihres Seelen¬
ällt dem Pistolenschützen Hymens zum Opfer. Das Mädel
schmerzes zu gestatten!! Warum weiß ich nicht; wahr= der ehemaligen Radaupremièrlinge gelangweilt dazwischen.
der besser „die Kleine“, erfährt davon erst, als alles vor¬
Das will aber nicht viel sagen, denn das Werk Schnitz¬
scheinlich nur darum, um ihren Sprung in's Wasser als
bei, ihr „Fritz“ begraben ist, und stürzt sich aus dem Bache
lers wird die Günstlinge dieser Gemeinde überdauern.
„dramatische Nothwendigkeit“ erscheinen zu lassen! Das
hrer Thräuen in die in der Nähefließende Donan. Dieses ernste
E. K. Im Neuen Theater ging Dinstag
ist meines Erachtens eine Schwäche der Dichtung, daß
Piebespärchen aus Zeitvertreib hat der Verfasser mit einem
Abend Alexander Bissons und Fabrice Carrées
sie kein Mittel weiß, ihre bis dahin gesunde, wenn auch
ndern, lockren Liebelei=Duo kontrastirt. Die Sceuen dieser
überaus wirksames Lustspiel „Der Herr Director“ zum
schwärmerische Heldin von dem „Wasser“ fern zu halten
eiden Paare sind kunstgerecht gemischt. Späßchen folgt
25. Mal in Scene. Da das Lustspiel bei seiner ersten Auf¬
Das ist eine Schwäche, ja ein Bruch im Empfinden für
uf Ernst und umgekehr. Der erste Akt zeigt ein Jung¬
fführung ausführlich besprochen worden ist, so können wir
die bedeutende Arbeit, daß dieser „Klage des gekränkten
esellenheim mit obligatem, unvorbereitetem Souper und
nur noch konstatiren, daß die Darstellung auch gestern
Herzens“ kein Trost zu finden, nicht einmal der Besuch
Den beiden süß und bitter girrenden Pärchen. Sie fliegen
wieder eine gaßz vorzügliche war. Herr Franz Tewele
des Grabes als eine äußere Ablenkung zu ermöglichen
uf, als der „Gatte“ eintritt und seine Hörner an seinem
als Gast in der Titelrolleh erntete. wie bei der Première,
war! Christine war bisher nicht als „vom Stamm der
Wegner wetzt. Die Scene zwischen dem Betrogenen und
durch seine Komik großen Beifall und außerdem einen
Asra“ gezeichnet; trotz aller tiefen und wahren Leiden¬
Dem Ehebanditen war von fast unheimlicher Wirkung.
riesigen Lorbeerkranz. Die anderen Mitwirkenden, in erster
schaft schmeckt „diese Limonade matt“ liebe Luise!
Hier habe ich gleich Herrn Nissen den Preis des Er¬
Linie die Herren Pagay, Kraus und Georg, sowie
Die Darstellung hat des Erfolges besten Theil für sich in
Folges des ersten Aktes in Hochachtung zu überreichen.
die Damen Paula Carlsen und Lilli Schwende¬
Anspruch zu nehmen! Frau Agnes Sorma kreirte
Die Rolle ist nur episodisch, aber sie ließ den Prometheus¬
mann erfreuten das zahlreich versammelte Publikum
diese Christine. Selten wirkte das große, reiche Talent
unken des echten Talents Nissens hell erstrahlen!
durch ihre flotten, feindurchdachten Darstellungen. Das
Schon im ersten Akt erzählt der Verfasser Feuilletons, der schönen Frau so einheitlich, wie in dieser Rolle.
nd das größte Wohlwollen wird nicht leugnen können, Diese rührende Einfachheit und dieser sich allmählich ge= Kunststück, mit lächelnder Miene entsetzlich zu weinen
dem „Verein Berliner Gasthofsbesitzer“ in einer den Zimmern des Hotels entsprechenden Anzahl von Exemplaren abonnirt und wird in allen
8 „Berliner Fremdenblatt“ ist das einzige Blatt, das in den Hotels an die Fremden vertheilt werden darf, ferner das einzige welches die Fremdeuliste von
ist das „Berliner Fremdenblatt“ das officielle Organ der „Centralstelle für den Berliner Fremden=Verkehr“.
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