II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 263

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ier= einzuberufen. Das ultramontane Blatt schreibt weiter:
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„Ob man alle Jahre so verfahren soll? Das möchten wir doch
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= (Eine Ansicht vom Niederwald=Denkmal.] Der
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Meister, den ein glücklicher Zufall dem schaffenden Kunstleben
er¬
unserer Stadt zugesährt hat, B. Mannfeld, der erfolgreiche
Begründer der Original=Radirung, erfreut seine vielen Verehrer
der
soeben mit einer neuen Arbeit. Diesmal hat sich Mannfeld an
einen Vorwurf gemacht, der der künstlerischen Darstellung bisher
zu spotten schien. Ein Werk. das vornehmlich durch seine Größen¬
verhältnisse wirkt, wie das Niederwald=Denkmal; das
aber, wenn man sich von ihm entfernt, auf dem Hintergrund des
Bergmassivs zu einer Nippesfigur zusammenschrumpft, bietet dem
Maler und Zeichner keinen irgendwie dankbaren Beobachtungs¬
punkt. Steht man ihm nah, so ragt es in völliger Isolirtheit in die Luft;
mißt man es mit den Blicken, so sieht man nichts von dem lachenden
Rheinthal, schaut man auf den Flußlauf hinab, so sieht man nichts
von dem Denkmal. Mannfeld hat diese Schwierigkeiten auf das
glücklichste überwunden. Er ist eines Teges von Rüdesheim auf
den Niederwald gestiegen und auf dem Wege etwa 20 Meter unter¬
halb der Terrasse stehen geblieben. Was sah er da? Eine dichtge¬
schaarte Menge drängte sich um das Denkmal zu einer patriotischen
Kundgebung. Aber das Wetterglück ist nicht mit dieser Mani¬
festation. Von Aßmannshausen ist ein schweres Gewitter im Anzug
und der tiesdunkle Woltenzug sowie der vom Sturm gepeitschte
nachtschwarze Wald bilden den ernsten Hintergrund, von dem das
Profil des Denkmals sich scharf abhebt. Der Wind zerzaust auch die
Banner, die die Menge mit sich führt. Die ersten Regentropfen fallen,
die ersten Schirme werden aufgesrannt und eine ängstliche Familie
sucht nach dem Standpunkt des Beschauers hin den Heimweg hinab
nach Rüdesheim. Das fahle Licht im Osten, das vom Gewitter noch
nicht verschlungen worden, sammelt sich auf der Vorderseite des
Denkmals, illuminirt alle seine Einzelheiten und rieselt, sich ab¬
tönend, zur Gestalt der Germania empor. Die Größe des Men¬
schenwerks verliert ihre drückende Wirkung, weil nunmehr die
Macht der Elemente zu dem Gebilde in sinnvolle Beziehung tritt.
Auf solche Weise wird der Eindruck, den das Denkmal hervorbringt,
groß, kraftvoll und vor Allem echt künstlerisch. Der Meister hat
indeß gefühlt, daß seine Darstellung unvollkommen wäre, wenn sie
die bedeutsamste Eigenschaft dieses Denkmals, seine örtliche Lage,
unbetont ließe. Auf sehr geistvolle Weise hat er deshalb das große
Medaillon, das die Hauptansicht enthält, mit einem Panorama des
Niederwalds, seines Stromufers und seines Weingeländes verbun¬
den. Man sieht etwa von der Mitte des Rheins den mit
Schiffen bebeckten Strom, zur Rechten ein charakter sches Stück
von Rüdesheim mit der Brömser Burg, zur Linken den Binger
Mänsethurm und die Ruine Ehrenfels. Erwähnt sei noch, daß das
schöne Blatt auf Anregung der Weingutsbesitzer Gebr. Sturm in
Rüdesheim entstanden ist.
= [Berliner Theater.] Man schreibt uns aus Berlin
vom 5. ds.: Sie haben erst unlängst in Frankfurt Schnitzler's
„Liebelei“ kennen gelornt. So herzlich ist schon seit langen
Jahren nicht eine Wiener Dichtung in Berlin aufgenommen wor¬
den, als diesmal. So fremd war uns auf dramatischem Gebiet

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