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Liebel
5. ei box 10/3
r Theatersaison 1895/96.
#uch imponiren. Wildbrandts „Meister
ines nachdenklichen und hochgebildeten
en hoher Ahnen. Zählt man zu diesen
hen Faust oder den Shakespearischen
euerer Zeit, die Wilbrandt selbst vor¬
t wird, wie Ibsens „Brand,“ Ibsens
bstand sichtbar, und dem „Meister von
n erst recht die Pforten der Vollendung.
atur ist das Epigonenthum zu ausge¬
he Größen erreichen könnte. Nur wer
Kraft emporsteigt, gelangt nach oben;
en äßt, den befällt im Weiterkommen
Auch das ist eine Lehre für die junge
eben in eigne Formen zu fassen suche
eigne Ansicht auch Vergangnes ver¬
st, die Form ist, der Stoff entscheidet,
ingen des Kunstwerks, so bezeichnend
die Art seiner Zeit ist die Wahl des
wvo sittliche und soziale Wohlfahrt des
dern Ziele und Wünsche zurückdrängt,
dringlicher wird, als die Bitte ums
verwundern, daß auch für den Dichter,
den Brodverdiener und Brodverlanger
hme stehn. Daher dringt durch die
anns, Hirschfelds, Halbes, Schnitzlers
Nöthen und Forderungen auf die
ser Zeitkämpfe werden möchte. Sogar
Satire Fuldas rechnete mit dem An¬
von unten herauf kommt. So starke
heraus. Vielleich hätte sich der schöne
nach Palmyra geflüchtet, wenn ihn
der Eingriff des rauhen Lebens ge¬
des eignen Bodens wechselten stets
tmann ist der Kreis der eignen Zeit
geworden. Er strebte hinaus und
an einem fernen, vergangnen Wesen.
Kunst nicht untreu geworden. Sein
ian Geyer“ steht vor mir als ein
499
Die Berliner Theatersaison 1895/96.
riesiges Ringen zwischen Stoff und Form, die sich zu einander
nicht finden wollen. Ob Gerhart Hauptmann diesmal etwas
Großes und Gutes schuf, darüber kann man streiten. Daß er etwas
Neues schuf, lehrt am deutlichsten ein Vergleich mit gleichzeitigen
Erzeugnissen älterer Stilart. Dazu bot das abgelaufne Theater¬
jahr bequeme Gelegenheit, die nicht unbenutzt vorüberging. Eine
Zeitlang war es, als würde auf den Bühnen Berlins eine litera¬
rische Schlacht geliefert. Das Feld#schrei lautete: hie Hauptmann,
hie Wildenbruch! Binnen eines Zeitraums von drittehalb Januar¬
wochen ließ Gerhart Hauptmann im Deutschen Theater sein
„Bühnenspiel aus dem Bauernkrieg" und Ernst von Wilben¬
bruch im Berliner Theater seinen „König Heinrich“ aufführen.
Die Vox populi, die zwar nicht immer Gottes Stimme ist, erklärte
mit Entschiedenheit Wildenbruch für den Sieger. Während „Florian
Geyer“ nach der sensationellen Première nur wenige schwach be¬
suchte Häuser überdauerte, ist „König Heinrich“ bis tief in den
Sommer hinein des Zulaufs der Masse sicher gewesen.
Die Autoren beider Stücke sind vornehme, hrliche und starke
Naturen, die ohne Liebedienerei und Streberei mit den ihnen zu
Gebote stehenden reichen Gaben dasjenige suchen, was sie für recht
und gut und wahr und schön erkannt haben. Wie sie schon Nächsten¬
liebe zu gemeinsamem Werk vereinigte, so würden sie bei persönlicher
Begegnung einander freundlich und friedlich die Hand reichen.
Aber es kommt vor, daß drinnen im Rauchzimmer bei Weinlaune
die Herren über denselben Gegenstand artig streiten, über den sich
draußen im Stall ihre schnapsenden Kutscher schon prügeln. So
hat es auch im ästhetischen Streit um Wildenbruch und Hauptmann
nicht an Knüppeln aus dem Sack gefehlt. Durch kunstunwürdige
Lärmauftritte im Theaterraum, durch Schmähungen in der Tages=,
Wochen= und sogar Monatspresse vermeinten plumpe Parteiläufer
den Einen todtschlagen zu müssen, um den Andern Joch leben zu
lassen. Möcht' es jedem ernsten Dramatiker beschieden sein, daß
Pöbelelemente seinem Gefolge fern bleiben.
Auch diesmal läßt sich der Streit sachlich ausfechten. Im
Wesentlichen handelt sichs um die Anwendung des Naturalismus
auf das geschicliche Drama. Hauptmann versuchte diese An¬
wendung, während Wildenbruch durchaus im alten Geleise des so¬
genannten hohen Stils verblieb. Das sichtbarste Stilzeichen im
Drama ist seine Sprache. Bei beiden Autoren (darin giebt Wilden¬
bruch nach) sprechen die Personen Prosa. Aber bei Beiven ist die
Liebel
5. ei box 10/3
r Theatersaison 1895/96.
#uch imponiren. Wildbrandts „Meister
ines nachdenklichen und hochgebildeten
en hoher Ahnen. Zählt man zu diesen
hen Faust oder den Shakespearischen
euerer Zeit, die Wilbrandt selbst vor¬
t wird, wie Ibsens „Brand,“ Ibsens
bstand sichtbar, und dem „Meister von
n erst recht die Pforten der Vollendung.
atur ist das Epigonenthum zu ausge¬
he Größen erreichen könnte. Nur wer
Kraft emporsteigt, gelangt nach oben;
en äßt, den befällt im Weiterkommen
Auch das ist eine Lehre für die junge
eben in eigne Formen zu fassen suche
eigne Ansicht auch Vergangnes ver¬
st, die Form ist, der Stoff entscheidet,
ingen des Kunstwerks, so bezeichnend
die Art seiner Zeit ist die Wahl des
wvo sittliche und soziale Wohlfahrt des
dern Ziele und Wünsche zurückdrängt,
dringlicher wird, als die Bitte ums
verwundern, daß auch für den Dichter,
den Brodverdiener und Brodverlanger
hme stehn. Daher dringt durch die
anns, Hirschfelds, Halbes, Schnitzlers
Nöthen und Forderungen auf die
ser Zeitkämpfe werden möchte. Sogar
Satire Fuldas rechnete mit dem An¬
von unten herauf kommt. So starke
heraus. Vielleich hätte sich der schöne
nach Palmyra geflüchtet, wenn ihn
der Eingriff des rauhen Lebens ge¬
des eignen Bodens wechselten stets
tmann ist der Kreis der eignen Zeit
geworden. Er strebte hinaus und
an einem fernen, vergangnen Wesen.
Kunst nicht untreu geworden. Sein
ian Geyer“ steht vor mir als ein
499
Die Berliner Theatersaison 1895/96.
riesiges Ringen zwischen Stoff und Form, die sich zu einander
nicht finden wollen. Ob Gerhart Hauptmann diesmal etwas
Großes und Gutes schuf, darüber kann man streiten. Daß er etwas
Neues schuf, lehrt am deutlichsten ein Vergleich mit gleichzeitigen
Erzeugnissen älterer Stilart. Dazu bot das abgelaufne Theater¬
jahr bequeme Gelegenheit, die nicht unbenutzt vorüberging. Eine
Zeitlang war es, als würde auf den Bühnen Berlins eine litera¬
rische Schlacht geliefert. Das Feld#schrei lautete: hie Hauptmann,
hie Wildenbruch! Binnen eines Zeitraums von drittehalb Januar¬
wochen ließ Gerhart Hauptmann im Deutschen Theater sein
„Bühnenspiel aus dem Bauernkrieg" und Ernst von Wilben¬
bruch im Berliner Theater seinen „König Heinrich“ aufführen.
Die Vox populi, die zwar nicht immer Gottes Stimme ist, erklärte
mit Entschiedenheit Wildenbruch für den Sieger. Während „Florian
Geyer“ nach der sensationellen Première nur wenige schwach be¬
suchte Häuser überdauerte, ist „König Heinrich“ bis tief in den
Sommer hinein des Zulaufs der Masse sicher gewesen.
Die Autoren beider Stücke sind vornehme, hrliche und starke
Naturen, die ohne Liebedienerei und Streberei mit den ihnen zu
Gebote stehenden reichen Gaben dasjenige suchen, was sie für recht
und gut und wahr und schön erkannt haben. Wie sie schon Nächsten¬
liebe zu gemeinsamem Werk vereinigte, so würden sie bei persönlicher
Begegnung einander freundlich und friedlich die Hand reichen.
Aber es kommt vor, daß drinnen im Rauchzimmer bei Weinlaune
die Herren über denselben Gegenstand artig streiten, über den sich
draußen im Stall ihre schnapsenden Kutscher schon prügeln. So
hat es auch im ästhetischen Streit um Wildenbruch und Hauptmann
nicht an Knüppeln aus dem Sack gefehlt. Durch kunstunwürdige
Lärmauftritte im Theaterraum, durch Schmähungen in der Tages=,
Wochen= und sogar Monatspresse vermeinten plumpe Parteiläufer
den Einen todtschlagen zu müssen, um den Andern Joch leben zu
lassen. Möcht' es jedem ernsten Dramatiker beschieden sein, daß
Pöbelelemente seinem Gefolge fern bleiben.
Auch diesmal läßt sich der Streit sachlich ausfechten. Im
Wesentlichen handelt sichs um die Anwendung des Naturalismus
auf das geschicliche Drama. Hauptmann versuchte diese An¬
wendung, während Wildenbruch durchaus im alten Geleise des so¬
genannten hohen Stils verblieb. Das sichtbarste Stilzeichen im
Drama ist seine Sprache. Bei beiden Autoren (darin giebt Wilden¬
bruch nach) sprechen die Personen Prosa. Aber bei Beiven ist die