II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 279

5. Lieb
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Die Berliner Theatersaison 1895/96.
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nicht nur anregen, sondern auch imponiren. Wildbrandts „Meister
von Palmyra,“ das Werk eines nachdenklichen und hochgebildeten
Geistes, strebt zu den Gefilden hoher Ahnen. Zählt man zu diesen
hohen Ahnen den Goethischen Faust oder den Shakespearischen
„Sturm“ oder Dichtwerke neuerer Zeit, die Wilbrandt selbst vor¬
aussichtlich nicht dazu zählen wird, wie Ibsens „Brand," Ibsens
„Peer Gynt,“ so wird der Abstand sichtbar, und dem „Meister von
Palmyra“ verriegeln sich dann erst recht die Pforten der Vollendung.
In Wilbrandts graziöser Natur ist##s Epigonenthum zu ausge¬
breitet, als daß er vorbildliche Größen erreichen könnte. Nur wer
von unten auf aus eigner Kraft emporsteigt, gelangt nach oben;
wer sich bis zur Mitte tragen läßt, den befällt im Weiterkommen
ein Schwindel, und er sinkt. Auch das ist eine Lehre für die junge
Generation, die ihr eignes Leben in eigne Formen zu fassen suche
und im Vertrauen auf die eigne Ansicht auch Vergangnes ver¬
gegenwärtigen mag.
So wenig in der Kunst, die Form ist, der Stoff entscheidet,
so entscheidend für das Gelingen des Kunstwerks, so bezeichnend
für die Art des Dichters und die Art seiner Zeit ist die Wahl des
Stoffes. In einer Epoche, wo sittliche und soziale Wohlfahrt des
lebendigen Geschlechts alle andern Ziele und Wünsche zurückdrängt,
wo keine der sieben Bitten dringlicher wird, als die Bitte ums
tägliche Brod, kann es nicht verwundern, daß auch für den Dichter,
den Künstler, seine mitlebenden Brodverdiener und Brodverlanger
im Vordergrund der Theilnahme stehn. Daher dringt durch die
Kunst Hauptmanns, Sudermanns, Hirschfelds, Halbes, Schnitzlers
der vierte Stand mit seinen Nöthen und Forderungen auf die
Bühne, die zum Spiegel dieser Zeitkämpfe werden möchte. Sogar
die phantastisch sein sollende Satire Fuldas rechnete mit dem An¬
spruch eines Menschen, der von unten herauf kommt. So starke
Stöße fordern den Gegenstoß heraus. Vielleicht hätte sich der schöne
Geist Adolf Wilbrandts nie nach Palmyra geflüchtet, wenn ihn
nicht in der modernen Kunst der Eingriff des rauhen Lebens ge¬
schreckt hätte.
Im Meiden und Suchen des eignen Bodens wechselten stets
die Dichter. Auch für Hauptmann ist der Kreis der eignen Zeit
und eignen Heimath zu eng geworden. Er strebte hinaus und
versuchte seine erstarkte Kraft an einem fernen, vergangnen Wesen.
Er ist aber seiner Art und Kunst nicht untreu geworden. Sein
weitschichtiges Drama „Florian Geyer“ steht vor mir als ein
Die Berliner The
riesiges Ringen zwischen Stoff
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„Bühnenspiel aus dem Bauern
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Die Autoren beider Stücke
Naturen, die ohne Liebedienerei
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liebe zu gemeinsamem Werk verein
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Aber es kommt vor, daß drinne#
die Herren über denselben Gegen
draußen im Stall ihre schnapsen
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Lärmauftritte im Theaterraum, di
Wochen= und sogar Monatspresse
den Einen todtschlagen zu müssen
lassen. Möcht' es jedem ernsten
Pöbelelemente seinem Gefolge fer
Auch diesmal läßt sich de
Wesentlichen handelt sichs um d
auf das geschichtliche Drama.
wendung, während Wildenbruch
genannten hohen Stils verblieb
Drama ist seine Sprache. Bei be
bruch nach) sprechen die Personen