II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 332

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je der Leipziger Neuesten Nachrichten. Dienstag, 21. Juli
1396.


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An die echten alten „Sträuße“ gemahnen die Finales der beiden ersten Tragödie eines schlichten Menschenkindes, das mit alledem nichts gemein
Acte. Hier pulsirt — wenn die Handlung auch in Sachsen spielt — echt
hat. Christine Weiring liebt den vornehmen jungen Studenten, wie ein
Mädchen nur einmal in seinem Leben zu lieben vermag, mit ganzem
Weaner Leben, das uns in seinem Taumel mit fortzureißen vermag, hier
avis.
Herzen, mit ganzer Seele. Seine Stimme ist ihr Musik, sein Kuß die
giebt noch einmal die kernige Straußsche Genialität flackernde Lebenszeichen
höchste Seligkeit — sein Tod ist auch ihr Tod. In furchtbarer Verzweiflung
von sich. Gerade diese beiden Nummern waren denn auch für den Erfolg
darüber, daß= sich um eines anderen Weibes willen niederschießen ließ
der Operette am Sonntag entscheidend. Daß Johann Strauß auch in
ends vom
ungeachtet ihrer eigenen, grenzenlosen Hingebung, verläßt sie des Vaters
diesem Werke die Tanzrhythmen bevorzugt, das braucht wohl nicht erst
Wohnung, und der Vater weiß, daß sie nicht wiederkehren wird.
erigen Be=besonders constatirt zu werden, ebenso wenig, daß er auch hier seine
ich unserer
Von der schönen tragischen Leistung der Frau Franck als Christine
Meisterschaft in der Kunst des Instrumentirens keinen Augenblick verleugnet.
is die Be¬
Weiring sprachen wir schon. Was der Dame früher nicht gelingen wollte,
Daß Herr Musikdirector Meyer sich keine der mancherlei musikalischen
als sie das Gretchen spielte, das gelang ihr jetzt — sie brachte die Em¬
n Johann
Feinheiten entgehen ließ, war vorauszusehen und in dieser Voraussicht hatten
pfindungen einer Verzweifelten, namenlos Inglücklichen in Stimme und
spruch auf
wir uns auch nicht getäuscht. Obwohl die Operette in verhältnißmäßig
Miene ergreifend zum Ausdruck, und der Sturm des Beifalls, der nach
konnte von
kurzer Zeit einstudirt worden ist, zöhlte die Vorstellung als solche zu den
dem letzten Acte sich erhob, galt nicht alleen dem interessanten Stück, sondern
e ein weit¬
besten Premièren der letzten Jahre. M.t Lorbeeren bedeckte sich Frl. Wrada
in erster Linie dem bedeutenden Spiele unserer Naiven, vie hier als Tra¬
voll besetzt
als Sängerin Pauline. Das war Operetten=Temperament comme il faut,
gödin vor uns auftrat. Auch Frl. Dalldorf und Herrn Hänseler
das war Gesang, der Ohr und Herz erfreute. Wir haben unsere erste
wurden wir gestern schon gerecht und es erübrigt nur noch, der sympathi¬
e glückliche
Opecettensängerin selten in einer so guten Verfassung gesehen, wie gerade
schen Charakterleistung des Herrn Körner zu gedenken, der den Vater Chri¬
rauß die
am Sonntag. Den Haupterfolg erzielte die Dame im dritten Akte mit dem
stinens gab. Auch die Figur des alten Weiring ist eine tragische und der
kann auch
Vortrage des eingelegten hohen Liedes von der Koketterie, nach welchem
Verfasser beweist auch in ihrer Schilderung seine tiefgehende Menschen¬
Land und
mit Recht stürmischer Avplaus erscholl. Ganz excellent war auch Herr
kenntniß. Der alte Mann hat einmal eine Schwester gehabt, die er be¬
es Landes
Searle als sächsischer Botanik=Professor Müller aus Plauen. Wenn man
aldmeister¬
mutterte, bis er an ihrem Ende einsah, wie langweilig und glücklos
in Betracht zieht, daß diese Figur von dem Librettisten als unmögliche
snest“ ver¬
doch der Lebensweg der ewig Bewachten gewesen war. Und nun will
Carrikatur gezeichnet worden ist, so muß unsere Hochachtung vor dem Ge¬
d Freuden
er seinem eigenen Kinde ein freudvolleres Dasein gönnen und buldet Chri¬
staltungstalent unseres ersten Operettenkomikers noch steigen. Meisterhaft
köstlichem
stinens Umgang mit dem vornehmen Studenten, und Christinens Ver¬
so ausgiebig
war wieder der Coupletvortrag, zu dem die Rolle
zweiflung — der Tod des einzigen, innig geliebten Kindes ist die Quittung
ist er es Anlaß giebt. Die actuellen Strophen, die auch diesmal nicht
hrscheinlich
für seine veränderte Lebensanschauung. Herr Körner wurde der Rolle
ausblieben, wurden förmlich bejubelt. Die übrigen Rollen traten weniger
icher man
in den Vordergrund. Herr Bauberger als Botho v. Wendt sang seinen
allenthalben gerecht.
Herrn Ottos, unseres neuen jugendlichen Helden und Liebhabers
erügt hin¬
Part in der ihm eigenen sympathischen Weise, fand aber zur Entfaltung
seines Spieltalents wenig Gelegenheit. Frl. Linda fügte sich als Freda
Leistung in der Rolle des Fritz bewies, daß der Darsteller eine Rolle
erg oder
stimmungsvoll durchzuarbeiten vermag. Das Gedrückte in des jungen
gut in das ihr noch ungewohnte Ensemble ein, hätte aber musikalisch noch
Studenten vorahnender Seele kam gut zum Ausdruck, nur waren die Be¬
n in den
fester sein können. Bei guter Laune und eben solcher Stimme war
wegungen des Darstellers, besonders seine hastigen Bewegungen nicht immer
gerin der
Frl. Wildner als Gesellschaftsdame Jeanne. Die Rollen des Amts¬
a gekauft
geschickt und wirkten sogar mitunter ein Wenig komisch.
hauptmanns Heffele (Herr Greiner) nebst Frau (Frl. Buse) und des
Dem Schnitzlerschen Schauspiele ging das einactige Lustspiel Edouard
und einer
Schultheiß Danner (Herr Proft) überschreiten nur wenig das Gebiet der
idemikern
Paillerons, „Gewitterschauer“, voran. Wir hatten uns auf die Auf¬
Chargen. Die Darsteller thaten da eigentlich mehr, als der Librettist von
der Jagd
führung dieses kleinen dramatischen Cabinetstückes aufrichtig gefreut, haben
ihnen verlangt. Herr Heine mußte als Tymoleon sowohl in der Maske,
er Mühle.
doch gerade wir in Leipzig während zahlreicher, übrigens ausgezeichneter
wie in der ganzen Art des Sichgebens älter sein — sonst verliert die Rolle
ausch aus¬
Aufführungen von Paillerons Meisterlustspiel „Die Welt, in der man
all und jeden Sinn. Beifallswerth sang Herr Heine seine Hauptnummer,
sich langweilt“, eines der besten Lustspiele unseres Jahrhunderts, durch den
zt, ziehen
das Marsch=Couplet zu Beginn des dritten Actes.
i Müller¬
Esprit des Mitgliedes der Akademie viele genußreiche Stunden gehabt.
Die Chöre lösten ihre Aufgaben zur Zufriedenheit. Die Inscenirung
as Innere
Pailleron ist uns lieb und werth geworden und wir hätten Ihm daher eine
(Herr Regisseur Unger) und die Ausstattung entsprachen einem Theater
der sich
freundlichere Aufnahme seines „Gewitterschauers“ gewünscht. Leider ließ
ersten Ranges.
Fritz Cl. Wolff.
jedoch Besetzung und Spiel hier zu wünschen übrig. Fräul. Mancke
bill. Auch
(Frau v. Castelli) übereilte sich dermaßen beim Sprechen, daß sie unver¬
ald darauf
ständlich wurde und das Spiel — nicht nur ihr eigenes — beeinträchtigte,
der Forst¬
statt Fräul. Rudolfi hätten wir aber lieber Frau Franck in der Rolle
zen über= Liebelei. Schauspiel in 3 Acten von Arthur Schnitzler.
die Illusion würde dann besser erfüllt
uline be¬
der Jeanne von Thiais gesehen —
(Erstaufführung.)
worden sein. Gut war Fräul. Dalldorf als Wirthin und Herr
hselungen,
Ein toller Abend in einem vornehmen Gargonlogis — zwei Damen,
Stephany als Louis v. Nohant. Hoffentlich giebt uns eine Neubesetzung
beiten=Acte
zwei Herren, eine reich besetzte Tafel, Gläserklirren, Clavierklimpern, allge¬
mit Frau Franck Gelegenheit, uns mit dem Stücke eingehender zu be¬
nis=Spiel.
meine Ausgelassenheit, und über dem allen der Hauch der lebensfreudigen
Arthur Gadebusch.
en sammt
schäftigen.
und lebenskräftigen Jugend. Plötzlich wird die frohe Laune der kleinen
dung und
Gesellschaft jäh gestört — die elektrische Klingel bringt einen Mißton in die
im Unter¬
Im neuen Theater wird am heutigen Dienstag das Lustspiel „Die
Harmonie. Es ist Abends 9 Uhr — wer kann da noch kommen? Fritz,
:längerer
kranke Zeit“ gegeben.
der Inhaber des Garçonlogis, begiebt sich hinaus, um zu öffnen, und
Morgen. Mittwoch, wird die mit großem Beifall aufgenommene
oleon mit
kommt gleich darauf mit verstörter Miene zurück. „Er!“ flüstert er seinem
neue Strauß=Operette „Waldmeister“ zum ersten Male wiederholt.
Über auch
Freunde Theodor in's Ohr und bittei ihn, sich mit den beiden Mädchen
Tymoleon
Der Donnerstag bringt Jacobsons Posse „Der jüngste Lieute¬
auf einen Augenblick in's Nebenzimmer zurückzuziehen. Dann folgt ein
nant“ mit Frl. Dalldorf in der Titelrolle. Die zugkräftige Posse ist
m Walde
heftiger Auftritt zwischen Fritz und einem fremden Manne. Der Fremde
in Strauß
neu einstudirt worden.
wirft ihm in höchster Ekstase ein Packet Briefe vor die Füße — die Liebes¬
Frl. Thea Göhrs, die früher zu den beliebtesten Mitgliedern
Sängerin
briefe, die Fritz der Gattin des Erzürnten geschrieben hat. Fritz stellt sich
ngen und
unserer Bühne gehörte, möchte die letzten Tage ihres Sommerurlaubs be¬
als Cavalier dem Betrogenen zur Verfügung — ein Duell auf schwere
ter Weise
nützen, um sich, wie wir schon berichteten, den Leipzigern wieder einmal
Waffen unter schwersten Bedingungen steht ihm am anderen Tage bevor.
au Amts¬
vorzustellen. Frl. Göhrs wird am kommenden Sonntag ein drei Abende
Der Fremde geht, die Mädchen kehren zurück, doch die Stimmung ist
lt sich für
umfassendes Gastspiel als „Mamsell Nitouche“ im neuen Theater
gestört. Als der Abend begann, hatte Theodor noch in aufrichtiger Besorg¬
daß die
beginnen.
niß um seinen Freund Fritz diesem eine amusante Vorlesung über zweierlei
ienerschaft
Lebensanschauung gehalten, es war Theodor zuwider, wenn sich einer seiner
1 Linden¬
— Aus dem Leipziger Saison=Theater. Am heutigen Dienstag
Freunde um einer Frau Willen in Lebensgefahr begab, er war der Meinung,
iter ihrem
gelangt der dreiactige französische Schwank „Familie Pont=Biquet“
daß die Weiber kein Recht hätten, interessant und schließlich gefährlich zu
rt¬
schaft mit
von A. Bisson zur ersten Aufführung. Wie die Referate erster Pariser,
sein, höchstens hätten sie das Recht, angenehm zu sein wie sein kleines
Die ganze
Wiener und Berliner Blätter besagen, gehört dieses Opus des bekannten
Liebchen Mizi Schlager. Das ernste, unheimliche, gefährliche Verhältniß,
aibowlen¬
Pariser Autors nicht nur zu den witzigsten, humorvollsten, sondern auch zu
das Fritz mit der Gattin des Mannes unterhielt, der nun gekommen war,
erinnert,
den pikantesten Arbeiten, die er sowohl wie auch Georges Feydeau (Ver¬
Rechenschaft zu fordern, war ihm von jeher unleidlich gewesen und er hatte
iten Kater
fasser vom „Hotel zum Freihafen“) und die übrigen Schwank=Autoren im
deßhalb den schwermüthigen Fritz mit einer F cundin Mizis, der schönen
ja, er übertrumpft sie sogar. In
Laufe der letzten Jahre geschrieben -
Christine Weiring, der Tochter eines alten Violinspielers vom Josephstädter
inen, daß
Paris hat „Familie Pont=Biquet“ 500 Aufführungen erlebt. Auch das
Theater bekannt gemacht, demselben reizenden Mädchen, das soeben mit
die Rede
Berliner Residenztheater hat es zu der stattlichen Zahl 300 gebracht; de߬
Fritz zu Tische gesessen. Was er befürchtet hatte, was er durch die Zu¬
gleichen das Wiener Carl=Theater. Bei der hiesigen Aufführung sind vor¬
1 Humor
führung Christines hatte verhindern wollen, war nun leider schon ein¬
derselben
wiegend beschäftigt die Damen: Waßmann, Saldern, Tillmann, Körner
getreten — Fritz stand vor der Pistole, ein Weib war ihm gefährlich
So singt,
und Schumann, sowie die Herren: Otto Rembe, Gärtner, Mebes, Tyrkowski,
geworden.
Anat. Rembe und Engelke. — Das Ballet=Ensemble bringt an diesem
:, als sie
Dies der Inhalt des ersten Actes. Wir haben darauf des Näheren
Abend ebenfalls ein neues Programm: „pas seul“, getanzt von A. Peters,
nun mit
eingehen müssen, weil die eigenartige dramatische Construction des Stückes
„Ungarische National=Tänze", „Fastnachtsquadrille“.
sonst nicht verständlich geworden wäre. Fritz, der im ersten Acte den
Mittelpunkt der Handlung gebildet hat, der von Haus aus der Held des
In dem Sommertheater der Drei Linden in L.=Lindenau
Stückes ist, verliert seine führende Rolle von dem Momente der Heraus¬
War Stahstremucter“ zur Aufführung. Morgen
A