II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 353

Liebelei
5. L### box 10/4
en
e
Smnemnenen
emporwächst. Die innigen und schlichten Herzenstöne dieser das
früh nach dreiwöchig
ganze Wesen wie selbstverständlich ausfüllenden und durchaus
und begeben sich über
keuschen Leidenschaft, in der alle Keime zu dem Größesten
Wiesbaden,2
ruhen, was eine Frau dem Manne, der Familie, der Gesellschaft
Frankfurt gestern 2
zu geben vermag, kamen aus dem Munde von Frau Körner, die
Schnellzuges nach Wi
auch das Aeußere der Figur überraschend glücklich darstellte, mit
Wie der „Rheinische
so rührender Wahrheit, mit so lauterer Unverfälschtheit, daß man
getötet, der Heizer schwi
ihnen mit wachsender Theilnahme folgen und von der Tragik des
Von den Passagieren
Schicksals dieses Mädchens auf das tiefste ergriffen werden mußte.
30 Minuten traf d¬
Den Kontrast zu rieser ernsten Gestalt brachte der zweite Gast
baden ein.
des Abends, Frl. Fürst, in ihrer Mizzi zur besten Wirkung.
München, 26.
Leicht, lebenslustig, dem Wandel der Dinge nie gram, nie himmel¬
v. Crailsheim hat si.
hoch jauchzend, aber erst recht nie zu Tode betrübt, allweil fesch
bayrischen Staatseisel
und munter, so recht das frische Wiener Blut, das leben will und
dem fünfzigjährigen
leben läßt, so war diese Mizzi des Frl. Fürst, bei aller Beweglichkeit und
verwaltungen nach Be
ausgelassener Laune stets graziös, ganz das, was der Dichter in ihr
Nürnberg, 25.
schildern wollte. Ihr mannliches Gegenspiel, der Herr Theodor,
Tarrasch, Janowski i
der junge Lebemann mit der bequemen Moral des gutmüthigen
Eichstätt (Bay¬
Genußmenschen, fand in Herrn Witt einen sehr liebenswürdigen
wurde nach dreijährig
Vertreter, der mit Fräulein Fürst die Hauptkosten des mit reizender
aus Dresden zum Pr
Munterkeit gespielten ersten Aktes trug. Auch Herr Burmester
Vater Prinz Georg,
wußte den schwerblütigeren Fritz, dessen Lebenslust ein Tropfen
Eichstätt, die Spitzen
Schwermuth verbittert, ohne ihn gewissenhafter zu machen, recht an¬
Papst sandte ein Schr
sprechend zu charakterisiren. Den Vater Christinens den
Schloßkirche die Primi
alten Musiker Weiring, spielte Herr Janda, sympathisch be¬
Wien, 25. Jul
rührend, und in kleineren Rollen entsprachen Frau Mestl und Herr
Blätter, wonach die V
Zeitz ihren Aufgaben. So wäre alles trefflich, oder doch
mit dem Herzoge vor
wenigstens gut, nur das Wiener Colorit war etwas blaß und ver=lkirchlichen die bürgerl
schwamm oft ins Norddeutsche.
lautbart in der Wiene
Mit Arthur Schnitzler betritt ein moderner Dichter die Bühne,
Vermählung im Nover
ein Dichter; das ist der wesentlichste Eindruck des Abends und der
folgt. Damit würde,
erfreulichste. Er will keine Moral predigen, er läßt seine
die bürgerliche Eheschli
Personen nicht miteinander diskutiren, er braucht keinen Grasen
Stavanger, 26
Trast, um die Feguren zu schieben und mit demonstrativem
Nachmittag incognito
Fingerzeig durch ihn das Facit des Geschehens ziehen
durch die Stadt und besi
zu lassen, er spricht nicht vom Recht der Persönlichkeit, er
wird sich derselbe nach
haßt alle graue Theorie. Wir sind von modernen und unmodernen
Brüssel, 25. In
Dichtern nur zu sehr gewöhnt, dramatisirte Leitartikel als Dramen
Ortschaft Montegué be
vorgesetzt zu bekommen. Der spricht über die Arbeiterfrage, der
schwere Unruhen statt.
über Wahrheit, der über Zweispaltung des Ichs, der über Ehe¬
Daubrebaude und mel
rechte; kurz alle Fragen unserer Zeit der großen Fragezeichen werden
stichen. Die Gendarmer
uns mit einem Beiguß von mehr oder weniger stereotyper Hand¬
zahlreiche Ruhestörer.
lung aufgetischt. Schnitzler dichtet, d. h. er gestaltet das Leben,
Brüssel, 26. Ju
wie er es sieht, und da er ein starkes und gesundes Herz besitzt —
neuerung der Hälfte de¬
denn alle wahre Kunst ist persönlich — sieht er in den Dingen mehr,
Nach den bisher bekanr
als der, der ihnen mit vorgefaßten Problemen gegenübertritt und daher
liche liberalen Kandide
befangen ist. Er sieht das Leben und die es bewegenden Kräfte
Socialisten erhielten 15
in seiner Liebelei in einem engen Ausschnitt, aber innerhalb des¬
sich nicht. In Antwerpi
selben in seiner ganzen Fülle von Widersprüchen, Parallelen und
kalen 23 433, die Soci
Durchquerungen. Dabei ist er von großer Objektivität. Es ge= zwischen Liberalen und
nügt, die Personen, wie sie sind, sich ausleben zu lassen, unv die Klerikalen und Socialist
Konflikte wachsen von selbst empor, ohne jede Künstelei und
Paris, 25. Juli
Schiebung. Wo tiefe Empfindung und leichtlebige Liebelei einander
erschien gestern bei der
begegnen, ohne sich gegenseitig zu erkennen, da ist der Konflikt
zu sprechen. Er müsse
schon gegeben. Er entwickelt sich allmählich, seine Phasen sind
rotten. Als man ihn g
zarter und wahrer dargestellt, als sie wohl je in einem
stürzte auf den Balké
Drama gezeichnet wurden, in einer mehr epischen, als dra¬
Drumont und die Judi
matischen Technik, aber immer fesselnd. Der eigentliche Hebel
Auflauf von Tausenden
des tragischen Effektes liegt außerhalb des Dramas, in einer Kampf gelang es, den 2
Nebengeschichte, die man nicht klar durchschaut. Auch ohne sie
Rom, 25. Juli.
wäre der Ausgang nothwendig tragisch geworden, wenn auch
Centralbahnhofe in de
nicht mit der wuchtigen, in wenigen Momenten das
Eisenbahnnetzes ein grof
Ganze rückwärts hell beleuchtenden Steigerung des letzten Aktes.
abtheilungen, die Behör
Daß wir viesen Ausgang vorausahnen, das hat Schnitzler nach der Brandstätte. ?
mit feinem Takte bewirkt. Keinen Moment beirrt er uns bäudes. Der König, de¬
über die Vertheilung der moralischen Werthe, ohne doch Minister begaben sich a
rdsje Moral zu predigen. So entstand eine in sich abgeschlossene,
en runde und lebenssatte Dichtung, ein frisch pulsirendes Stück Leben,
in bei dessen Anschauen der Reiz des Lebens für uns kräftig gesteigert
n2
wird, und diese geistige und gemüthliche Erhöhung des Lebens¬
so
bewußtseins, des frohen wie des ernsten, das ist es, was wir vom
Dichter fordern.
ich
Dem Schnitzlerschen Drama vorauf ging ein Einakter:
A Tempo von E. Montecorboli (übersetzt von R. Nathanson),
dessen erste Scenen infolge des rücksichtslosen Einpassirens von ver¬
späteten Besuchern und Stuhlgeklappers verloren gingen. Der an¬
sprechende, aus italienischem Geiste geschaffene Einakter gab dem
Gaste, Frau Körner, Gelegenheit, ihr bewegliches Talent auch
für das Gebiet eleganter Salonplanderei trefflich zu bewähren.
Sie wurde von Fräulein Krona und den Herren v. Klinkow¬
ström und Zeitz wacker unterstützt. Das Stück: Liebelei reicht
jedoch vollkommen aus, um den Abend zu füllen. Leonh. Lier.
Drahtmeldungen
Vste Rchrichten.