II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 422

Liebelei
5. Snn
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ecr
und so kommt es, daß dieser, und nicht, wie
sonst bei Aufbau des Schauspiels üblich, der
zweite, von zündendster Wirkung ist. Die
beiden ersten Akte enthalten eigentlich nichts
weiter als die Vorbereitung der Katastrophe,
die im Schlußakt einfritt. Der Faden der
Handlung ist im ersten Akt nur lose geknüpft.
Wir lernen da eigentlich nur zwei Liebespaare!
tennen, wie sie sich ganz ungezwungen bei
einem Stelldichein mit Kaffee, Kuchen und
Wein in der Wohnung des einen der beiden
modernen Lebemänner geben. Diese Schil¬
derung ist aber ein Cabinetstück scharfer Le=sK
bensbeobachtung. In die komischen, humor¬
vollen Scenen platzt plötzlich ein Stück Tra¬
gödie hinein. Der betrogene Mann; mit
dessen Gattin Fritz, auch hinter dem Rücken
seiner angebeteten Christine, ein Liebesver=sk.
hältniß unterhält, findet sich ein und ver=n
langt von dem jungen Fant Genugthuungsg
für die ihm angethane Schmach. Er hältt
den Räuber seiner Gattenehre ohne Weiteres ü
für satisfactionsfähig und erschießt ihn im g
Duell, anstatt ihm da schon das Lebenslichtd
auszublasen oder ihn doch wenigstens em¬g
pfindlich zu züchtigen. Die beiden anderen
Personen des Stückes — „Hans Weiring“,
Christinens Vater, und die geschwätzige, hä¬ K
mische Nachbarin, die Strumpfwirkersfrau z
Katharina Binder, sind episodisch behandelt.n
Auf die besonderen Schönheiten, aber auchsc
auf die Schwächen dieses Stückes werden wirr
demnächst in einem besonderen Artikel zurück=II,
kommen.
Für die Aufführung war von der Regiek
n
und den mitwirkenden Kräften Alles gethans
1
worden, was den Erfolg gewährleisten konnte.] !
Ueberaus frisch in Erscheinung und Ton wa¬
ren sowohl Herr Carl Holty, wie auch Frl.:
Martha Sandow, die Repräsentanten des
fröhlichen, das Leben stets nur von der hei¬
teren Seite nehmenden Liebespaares. Frl.
Buenger bot mit der Christine eine wahre
Glanzleistung; in ihrer großen, hochpatheti¬
schen Scene des Schlußactes fand sie über¬
re zeugende Töne des erschütterndsten Schmer¬
leizes über die unverstanden und unerwidert
9.
gebliebene Liebe und der tiefsten Trauer um
den auf ewig verlorenen Gegenstand dersel¬
n ben, Herr Karl gab dem Charakter des
leichtsinnigen und dabei doch stets von Ge¬
wissensbissen gequälten Liebhabers ein festes
Relief und machte sich damit um das Gelin¬
gen des Ganzen verdient. Zu ganz beson¬
derer Kunst der Darstellung erhob sich gestern
Frau Welb=Markham, welche die Strumpf¬
wirtersgattin sprachlich und darstellerisch als
echte Wienerin dem Publikum vor Augen
führte, und der Hans Weiring des Herrn
Welb war eine Musterleistung hinsichtlich der
feinen und zugleich kraftvollen Charakterisi¬
rung, die der Darsteller der von ihm zum Le¬
ben gebrachten Figur verliehen hatte.
Das Publikum applaudirte nach jedem der
Aktschlüsse lebhaft, am stürmischsten jedoch
nach dem letzten. Der Besuch war zahlreich.
Am nächsten Sonntag zum ersten Male:
„Renaissance", Lustspiel in 3 Akten von
Schönthan und Koppel=Ellfeld.
Man schreibt über dieses Stück aus Ham¬
#urg: Mit seiner letzten Novilät, dem drei¬
ktigen Lustspiel „Renaissance“ von Schön¬
han und Koppel=Ellfeld, hat das Thalia¬
Theater einen guten Griff gethan=und seinem
Kepertoir ein gerade für diese Bühne und
hre Eignung für intime Wirkungen beson¬
ers geeignetes Stück einverleibt. Es dürftes