II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 450

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Herren Kassai und Ujväri ihre Zuverlassigkeit. Am Diri¬
gentenpulte saß Herr Konti. Das allein verbürgte die Hälfte des
Erfolges, und es erscheint geradezu unbegreiflich, daß das Volkstheater
in der Zukunft auf den besten Dirigenten, den es jemals gehabt, ver¬
zichten will.
—ser.
Im Vigßinhaz setzte heute die Wiener Burg¬
theater=Gesellschaft ihr Gastspiel mit konstantem
Erfolge fort. Sehr interessant ist die Vorführung deutscher Novitäten,
die hier gänzlich unbekannt waren und unsere Vorstellungen von der
benachbarten Produktion bedeutend korrigiren und erweitern. Heute
wurden wir mit einem sehr begabten jungen Wiener Autor, Arthur
Schnitzler, bekannt, dessen dreiaktiges Schauspiel: „Liebeleien“.
alle Aufmerksamkeit verdient. Schnitzler hat sich eine Einfachheit und
Reinheit des Styls angeeignet, wie sie nur wenigen deutschen Schrift¬
stellern eigen ist. Endlich reden die Menschen wieder einmal, wie
Menschen, jeder gemäß seinem Stande, seinem Berufe, nach seinen
gewohnten Gedankenkreisen. Und dabei ist der Dialog keineswegs hohl
und leer, sondern durchaus markig, man spricht von Liebe, Ehebruch,
Pflichten, Lebenszwecken, Musik, Theater, die großen Verhältnisse der
Gesellschaft werden mit geschickten Lichtern gestreift. Dagegen werden
keine Sermone gehalten, kein falsches Pathos, keine Redeblumen ver¬
schwendet. Dabei ist der Wiener Volkston brillant getroffen. Ein
Dichter mit einem solchen Dialog gehört schon zu den bedeutenderen
Persönlichkeiten der deutschen Literatur. Schnitzler gehört zur
abgeklärten Schule der Naturalisten und wetteifert mir Sudermann
und Hauptmann in der Diktion. Ebenso abgeklärt ist auch die
dramatische Form Schnitzler's, er verschmäht jeden falschen Effekt
und bemüht sich, das Leben zu schildern, wie es ist, ohne seinen Stoff
durch pikante Zusätze zu verderben. Er stellt in den „Liebeleien“ eine
alte Geschichte dar, aber sie wirkt wie neu. Zwei Wiener Kavaliere
genießen ihr Leben in der charmantesten, liebenswürdigsten Weise,
indem sie mit zwei Vorstadtschönen einen, allerdings nicht für ewige
Dauer berechneten Bund flechten. Theodor ist der Vernünftigere von
Beiden, er lebt auf das heiterste dem Augenblicke, ohne sich in
Komplikationen einzulassen. Seine Erkorene, mit ihrem frischen
Wiener Blute, paßt ganz zu ihm. Ganz anders ist Fritz, er schleppt
die Kette einer Liaison in der guten Gesellschaft mit sich und kann
darum zu keiner rechten Freude mit seinem lieben, reizenden Kinde,
der Tochter eines Vorstadtmusikanten, gelangen. Mit wunderbarer
Einfachheit und Richtigkeit werden die Konsequenzen aus der
falschen Situation Fritzens gezogen. Sein Verhältniß mit
der vornehmen Frau wird verrathen und er fällt im
Duell mit dem betrogenen Gatten. Während der erste Akt die heitere
Seite der Vorstadtliebeleien in meisterhafter Weise zeigt, behandeln die
beiden letzten Aufzüge in der stimmungsvollsten Art das Erwachen
und rasche Entfalten der echtesten, wahrsten, heftigsten Liebesleiden¬
schaft in dem einfachen Mädchen Christine, das mit jedem Worte, jeder
Thräue, jedem Aufschrei immer mehr Syripathien uns abringt. Das
holde Kind Christine hätte das wahre Leuz#sglück Fritzens begründen
können, welches dieser einem galanten Abenteuer opferte und dadurch
auch Christigens Dasein vernichtete.“
A
Die Darstellung war eine vortreffliche und brachte
manche Ueberraschungen. Fräulein Kalli### war von reizendem
Naturalismus als fesches Wiener Mobistenmädchen. Fräulein
Medelsky war von einer unerwarteten #nnigkeit und Gluth
der Empfindungen, blieb dabei immer einfach und natürlich und
steigerte ihre Heldin bis ins Hochsentimentare hiaauf, so daß in den
letzten Szenen keit. Auge im Auditorium thränenteer blieb. Einen
wohlthuenden Humor brachte Herr Zeska in die Vorstellung, Herr
mann charakterisirte den Alien, Herr Gimnig den Ehegatten
sehl richtig, doch waren Beide um einen Grad zu pathetisch. Gut
vervollständigte Frau Röckel das Ensemble. Herr Franker
(Fritz) wurde vom hiesigen Publikum als alter Bekaunter sympathisch
begrüßt, obzwar er eine gewisse Befangenheit nicht ablegen konnte.
Mit einem Worte erwähnen wir die kleine Gerzhofer, ein
liebliches Kind, das namentlich gestern in der „Sündigen Liebe“ an¬
genehmen Effekt machte. — Dem talentvollen Schnitzler'schen Stücke
ging Giacosa's Einakter: „Rechte der Seele“ voran, die ge¬
schickte Bearbeitung eines rein novellistischen Stoffes, in welchem ein
nervöser Mann seine resolute Frau so lange mit Eifersucht und
Zärtlichkeit quält, bis sie ihm das zerschmetternde Geständniß macht,
daß sie in der Verschwiegenheit stets einen Andern heiß geliebt und
ihrem Gatten gegenüber nur ihre Pflicht tadellos erfüllt habe. Herr
Hartmann spielte den um Liebe winselnden Gatten mit außer¬
ordentlichem lyrischen Schmelz, Frl. Kallina entwickelte ihre
verständigen und energischen Accente und so erlebte Giacosa heute
einen vollständigen Triumph. Herr Löwe sei noch wegen seines
korrekten Akkompagnements erwähnt.

Im Nationaltheater wird am 22. d. (Samstag)

Labiche's Lustspiel Eg##milli6“ zur Aufführuna gelangen wescher