II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 454

5. Liebelei
box 10/6
A n en Ken K . —
Kirchenrechte un
shaffen. ... Dder nicht. Diese Diskassion gab Gelegengen,
Aufmerksamkeit
die liberale, wenn auch noch unbewusste Neigung des kleinen
vativen Richtung frei machte, um seine Person ganz in den
Gladstone durch die dicke konservative Schale erkennen zu I Eisenbahnwesen
Dienst der seinem Gerechtigkeitssinn zusagenden liberalen
auf dem Wege
lassen; denn im Gegensatz zu seinen Kameraden erklärte er das
Sache zu stellen, der muss notwendiger Weise auf die Wurzeln
Wirklichkeit!
Unterhaus als den „Ruhm und Schutz des Landes“ und
des Konservativismus in Gladstone zurückgehen und die
wunderie, die üb
empfindsame Herzen rührte, so fest bin ich überzeugt, daß sie
Goethe-Theater.
einem gemütliche
der Absicht des Dichters Gewalt antat. Eine Christine, die
er dann mit
sich so gründlich ausweini, verlöscht durch ihre Thränenfluten
Für ihren dritten Gastspielabend am Himmelfahrtsfest
Glück
h.
das brennende Wehgefühl in ihrem Innern und es erscheint
Thatte Adele Sandrock zwei Stücke des Wiener Dichters
bar
uns ihr plötzlicher Entschluss, sich ein Leid anzutun, wie eine
Arthur Schnitzler gewählt: das im Deutschen Theater oft
v1
psychologische Entgleisung, wie eine Effekthascherei des Dichters,
aufgeführte dreiaktige Schauspiel „Liebelei“ und den in
der das Drama partout tragisch abschließen wollte. Die Christine
Berlin noch unbekannten Einatter „Abschiedssouper“. In
der Sandrock hat es nicht nötig, ins Wasser zu springen, denn
beiden war ihr vor dichtbesetztem Haufe ein großartiger Erfolg
der Thräuenstrom verlöschte ja schon die Liebesgluten, aber die
beschieden, aber so freudig ich dem Beifall zustimmen kann,
Christine der Sorma bedurfte der Donaufluten zu ihrer Er¬
der ihr für die moralische Idiotin Annie im „Abschiedssouper“
lösung von breunenden Schmerzen. Die Gastspiele der be¬
b1
gespendet wurde, so wenig finde ich jene Beseligung
lich
rühmtesten Schauspielerinnen tragen viel dazu bei, uns den
meiner Ansicht in „Liebelei“ nicht
berechtigt, die nach
alte
Wert der Agnes Sorma ganz erkennen zu lassen. So hoch
ihrer Christine, sondern durch
durch den Wert
terist
wie ihre Nora über jener der Eleonore Duse steht, so sehr
den Autoritätsglauben hervorgerufen wurde. Für das ein¬
beiden Epist
erhebt sich nach meiner Schätzung ihre Christine über die der
fache, warmherzige Wiener Musikantenkind feblen Adele Sand¬
gut vertreten.
Adele Sandrock. Sie ist ein Kind aus dem Volke und ist
rock in erster Linie die Ausdrucksmittel. Sie ist der Rolle
Den Schluf
mädchenhaft in jeder Faser ihres Wesens. Das glühende Ver¬
körperlich und seelisch entwachsen. Ihrer schlanken Gestalt,
„Anatol=Cyklus“
langen, das sich in ihren großen, dunklen Augen malt, wird reiz¬
die in reicher Toilette im Salon superbe wirkt, fehlte im be¬
souper“ lässt sich
voll gemildert durch die Bescheidenheit und Schüchternheit ihres
scheidenen Kleid des Bürgermädchens die den verwöhnten Don
geschichten eines
Wesens. Sie ist naiv in ihrer Hingebung und wenn sie sich in die Arme
Juan der Wiener Lebewelt bestechende Jugendfrische. Ihre
werden und zwa
des Geliebten schmiegt, zweifelt Niemand, daß sie in ihm ihre
Sprache unterschied sich scharf von der ihrer Umgebung.
schiedssouper bil
Welt sieht. Wie sie im letzten Akt die zunehmende Angst
Christine erhebt sich zwar durch ihr reiches Empfindungsleben
„Liebelei“. 2
schildert und die furchtbare Enttäuschung bei der plötzlichen
und ihr sinniges Wesen über ihre Freunde und darum kann
Koje eines sein
Enthüllung, daß der Geliebte um einer Anderen willen in den
ihre Sprache auch dialektfreier, edler klingen, allein die Ein¬
bestellt habe,
Tod gegangen ist, das schnürt dem Zuschauer die Brust zu¬
flüsse ihres Milieus dürfen sich in ihrer Ausdrucksweise doch
schmerzen ein
sammen und jagt ihm einen Schauer nach dem andern durchs
nicht so ganz verleugnen, daß es den Anschein gewinnt, als habe
lindern
von
Blut. Ihr glaubt man es, daß sie in den Tod gehen muss,
sie sich all' ihre Lebtage nur mit Romanhelden unterhalten.
denn ihr bleiches Gesicht, ihre starren, brennenden Augen
Durch den getragenen Ton und ihre reife Frauenerscheinung
lassen klar erkennen, welch' furchtbare Wunden die Liebelei
riefen ihre Liebesäußerungen in mir nur die Illusion hervor,
eines Leichtsinnigen ihrem Herzen geschlagen hat. Während
als handle es sich bei Christine um die sentimental ange¬
Adele Sandrock nicht über die larmoyante Christine
hauchten Zärtlichkeitsäußerungen einer mütterlichen Freundin,
1 9
hinauskommt, giebt Agnes Sorma eine wahrhaft
nicht um die heißen Wallungen eines glutvollen Mädchen¬
tragische Gestalt, in der jede mächtige Seelenbewegung in !
herzens. Adele Sandrock hatte die Rolle durchweg auf den

leuchtender Färbung zu Tage tritt. Wohl bietet für die Por¬
sentimentalen Ton gestimmt; sie bestach zuerst durch die Ein¬
usti
groß
stellung das Deutsche Theater einen günstigeren Rahmen als
fachheit des Vortrags und im letzten Akt durch die Stärke des
soupers den Lau
der Riesenbau in der Kantstraße, aber hier war die Besetzung
Schmerz= und Wehgefühls, das sich unter heftigem Schluchzen
sauberen“ Stati
des Stückes eine glücklichere als dort. Der Fritz des Herrn
in einem Strom von Thränen entlud. So gewiss nun diese!
Stahl war edler und sympathischer als der seines Vor= keit gekränkte A
heißen Thränen ehrliche Zeugen einer tiefen Empfindung
waren und so gern ich es bekenne, daß die Darstellerin tausendj gängers, und in der Art wie er Christiuens Wohnung be¬ihr sagt, er hab