II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 473

Liebelei
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vom 6-7 97
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Naval's Abschied von Berlin. Aus Berlin wird
ünterm Gesirigen gemeldet Herrn Naval's letztes Auf¬
treten in „Mignon“ brschte dem Scheidenden stürmische
Huldigungen. Das lehräfte Bedauern, den durch seltenes
Können und herrliche Stimmmittel ausgezeichneten Künstler
zu verlieren, gab sieh durch unzählige begeisterte Herporrufe
und kostbare Blunkenspenden kund. Naval tritt berei##am
1. August sein Wiener Engagement an.

Unsere Hausi Niese feiert in Berlin große Erfolge.
So lesen wir in einem maßgebenden Berliner Blatte: In
einer Matinée des Residenz=Theaters erwies sich
Hausi Niese gestern als ebenso vortreffliche Darstellerin
ernster Charaktere, wie sie sich bisher als glänzende Sonbrette
dem Berliner Publikum gezeigt. Ihre Christine in Schul#ler's
init
„Libelei“ übertraf die Leistungen der Sorma
und Adele Sandrock in der gleichen Rolle vor Allem
dadurch, daß die Künstlerin ihre Eigenart vollständig unter¬
drückte und ganz im Charakter der Schnitzler'schen Dichtung
blieb. Sie brachte als Erste den Berlinern mit ihrer dem
Leben abgelauschten Christine eine richtige Vorstellung vom
Leben und Lieben eines tief empfindenden Wiener Vorstadt¬
mädels bei. In dem dazu gegebenen „Abschiedssouper“
ließ Fräulein Niese als Annie alle Vorzüge ihres Soubretten¬
talents spielen.
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Beriner Bersch-Zeitung
vom 8 JUl. 1898
Kunst und Wissenschaft.
Hansi Niese der „Star“ des Wiener Gast¬
Ensembles, dessen Vorstellungen im Thalia=Theater
soeben ihr fröhliches Ende gefunden haben, scheint
Berlin in der kurzen Zeit ihres hiesigen Aufenthalts
sehr lieb gewonnen zu haben. Geduldig hat sie einem
halben Dutzend zeilenhungriger Interviewer Stand ge¬
halten und jetzt scheint sie sich überhaupt nicht mehr
von uns trennen zu können. Nach dem Abschiede der
Ihrigen vom Thalia=Theater ist sie flugs aus der
Dresdenerstraße in die Blumenstraße übergesiedelt,
d. h. auf die Bühne des Residenz=Theaters, wo
sie jetzt anstatt der „Christel“ im „Fegefeuer“ all¬
abendlich die Christel in Arthur Schnitzlers bekannter
„Liebelei“ spielt.
Diese Schnitzlersche Dramenfigur ist nun freilich aus
ganz anderem Holze „geschnitzler!“ als die derbhumo¬
ristischen Possendamen, die Frl. Nieses Specialität
bilden. Soviel Hansi Niese auch für Christine Wei¬
ring, das Wiener Volkskind, das an seiner Liebe zu
Grunde geht, mitbringt, also echtes Wiener Blut,
Temperament und hellen Kunstverstand, eins fehlt ihr
entschieden, was jedem Zuschauer, der Vergleiche zu
ziehen im Stande ist, beinahe als das Wesentlichste
gelten muß, die Kunst und Kraft der Charakteristik,
durch die der Darsteller eine Bühnenfigur erst eigentlich
glaubwürdig zu machen im Stande ist.
Wer auf dieses runde, gemüthliche Gesicht, auf die
schier überquellende Fülle der Formen blickte, der
konnte sich beim besten Willen nicht zu dem Glauben fl. 7.50)
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zwingen, daß diese Christine für ihre Liebe in den „
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Tod gehen würde, und wenn die fesche Hansi nach der
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Katastrophe auf die Bühne zurückeilt, um mit ver= „ 55.—
gnügtestem Sonbretienlächeln für den Applaus zu „100.—
danken, so ist's mit der Stimmung vorbei und esngsausschnitte ist das
auch steht es den
tritt ein Gefühl ein, das von Verstimmung nicht allzu
oder zu ändern.
weit entfernt ist.
Merkwürdig übrigens, wie schwierig es mitunter ist,
auf unseren Bühnen, auf denen es doch von Oester¬

treichischen Künstlern förmlich wimmelt, ein innerhalb
der schwarzgelben Grenzpfähle spielendes Stück mit
swirklich dialektkundigen Schauspielern zu besetzen. Hier
war es Herr Reusch, der mit seinem Fritz Lobheimer
aus dem Wienerischen Rahmen des Stücks direct
herausfiel. Herr Reusch, sonst gewiß ein vortrefflicher
Schauspieler, entfaltet außerdem in seinem ganzen Ge¬
haben eine Nonchalance, die gerade nicht auf ein be¬
sonderes Interesse für diese Aufgabe schließen ließ.
Im Uebrigen war die Darstellung namentlich von
Seiten des Frl. Paula Wirth (Modistin Mizi) und
des Herrn J. Jarno (Th. Kaiser) sehr flott und
sicher, so daß das Publicum immerhin auf seine Rech¬
nung kam und zwar auch quantitativ, um so mehr,
als auf das dreiactige Schnitzlersche Schauspiel noch
die drei Acte der Jarnoschen „Momentaufnahmen“
folgten. Ein dramatisches Menu von sechs Acten also
das dürfte genügen!