II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 477

Liebelei
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5. Jnnnnn
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Ausschnitt
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„OBSERVER“
Nr. 46
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrichten
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
itago gestor¬
Sesvete getödtei wurde. Der Thäter wurde ver¬
Filiale in Budapest: „Figyeló“, VIII. Josefsring 31a. —
hr und einem
haftet und hatte sich heute vor einem Fünfrichter¬
zach Newport
kollegium des Agramer Gerichtshofes, welchem Ge¬
§ die Mutter
husschmitt aus Colame Jagélal“.
richtsrath Ferié präsidirte, zu verantworten. Die
was aus ihr
öffentliche Anklage, welche auf Todtschlag lautet,
Fis zum drei¬
führte Substitut Tarabocchia, als Verthei¬
itte, suchte sie
vom Geza¬
diger fungirte Dr. Derenein. Der Ange¬
auf, der aber
klagte führt zu seiner Vertheidigung an, daß aus
(„Liebelei“.) — Zur heutigen Premiere. — Ar¬
die Beschäfti¬
dem Walde fertiges Klafterholz des Holzhändlers
thur Schnitzler gehört der modernsten Deka¬
Er rieth ihr,
Obad gestohlen wurde, welches er zu hüten hatte.
dentenschllle an und hat sich in der neueren Dra¬
auch zur See
Am 11. September bemerkte Krizan, daß soeben
men=Literatur trotz mancher Mißerfolge einen Na¬
edenfalls den
wieder eine halbe Klafter Holz weggelegt sei, welches
men gemacht. Sene Dramen sind eigentlich Wiener
befolgte und
offenbar Jemand wegzuführen die Absicht hatte.
Boulevardstücke ohne besondere Tendenz. Bilder aus
Instinkt sagte,
Er stellte sich daher in den Hinterhalt und wartete
dem großstädtischen Vorstadtleben, die Verkörperung
fristen würde.
auf den Holzdieb. Da erschien der Landmann Tomo
von alltäglichen Empfindungen, in welcher die Liebe
ein Unterkom¬
Prelac und begann das erwähnte Holz zu schlich¬
und der Leichtsinn die Hauptrolle spielen. Diese Mo¬
säfte fand, in
ten. Krizan sprang nun hervor und stellte den Dieb
tive führt uns Schnitzler in seinen Dramen vor und
im Ladentisch
zur Rede; dieser jedoch attakirte ihn mit einem
werden in denselben blos verschiedene Situationen,
ihr Brodherr
Holzscheite, und deßhalb habe er aus Furcht seine
aber keine Helden geschaffen. Vor einigen Jahren
erkracht, und
Pistole auf ihn abgefeuert. Hierauf warf
noch hätte diese Art Drama kaum irgendwo Beach¬
llend preisge¬
Prelac das Holzscheit fort und es fand zwischen
tung gefunden, heute führt man sie im Bugtheater auf
See zu gehen,
den Beiden ein Faustkampf statt, wobei Krizan einige
und von dort machen sie die Runde durch die ganze Welt.
#s Junge bei
Verletzungen erhielt, während Prelac später in Folge
— Die „Liebelei“ ist ein dreiaktiges Drama und wird
ber entkleiden
der erhaltenen Schußwunde in die Brust zusammen¬
als das beste Erzeuguiß des Dichters bezeichnet.
ian sich vor¬
sank und starb. So schilderte der Angeklagte den
Das Sujet ist armselig, kaum für eine Erzählung
katürlich hart¬
Thatbestand und schützte gerechte Nothwehr vor.
passend, die Handlung einsach, alltäglich. Die Mo¬
igskommission.
Zeuge Stefan Bendek deponirte jedoch, daß
distin Mizi Schlager (Frau Dimitrijevic,
der Kandidat
ihm der Angeklagte, kurz bevor Prelac erschossen
hat eine Bekanntschaft mit dem Studio der Juris¬
ilf nichts, und
wurde, erzählt hätte, daß er sich vor Prelac nicht
prudenz Theodor Kaiser (Herr Anic), Ihre Freun¬
wie sich Alice
fürchte und ihn erschießen werde, wenn er ihn
din Christine Weiring (Frau Borstnik), die
u. Mit ihrer
beim Holzdiebstahle im Walde betreten sollte.
Tochter des Violinspielers in einem Vorstadttheater
d bestimmten
Zeugin Jana Prelac, Witwe des erschossenen
r natürlich im
Ivan Weiring (Herr Dimitrijevi c), kommt zu
Prelac, deponirt, sie habe von ihrer Tochter vernom¬
a machten sich
Besuch und lernt dort den Kollegen Theodors, Fritz
men, Angeklagter Marko Krizan habe schon vorher
Für 50 Zeitun
ichtigten jedoch
Lobheimer (Hr. Fijan) kennen und lieben. Die Liebeguam
ihrem Manne gedroht, daß er mit seinem Holzdieb¬
100
ist gegenseitig, aber Christine wird von Angst und Eifer=orto. often nicht den
200

stahle schlecht wegkommen werde. Zeugin begehrt für
hlbebrad ein Mäd¬
sucht geplagt, und mit Recht, denn ihr Liebhaber scheint vore
ihren getödteten Mann 1000 fl. Schadenersatz.
„ 1000
singwerkputzen,
in seinen Herzen noch genügend Platz für die Liebe
Die Zeugeneinvernahme dauert bei Schluß des Blat¬
Im Gege
zu einer eleganten Dame zu haben, für die er sich ist wurde sie nach
tes fort. Das Urtheil werden wir morgen nachtragen.
Abonnement du
es zin sie abgelöst
schließlich schlägt und dabei das Leben verliert.
Abonnenten fre
Ehristine hört von dem Fall durch Theodor Kaiser!
Ern nieder und
Sie hatte ihn geliebt und er hatte sich für eine An¬
wenn alle Lich¬
heater, Kunst und Literatur.
dere tödten lassen. Darin liegt der ganze dramatische
Lagen war das
Konflikt, welcher damit endet, daß Christine, in ihren
Hitän wünschte,
Stolz und ihrer Liebe auf das Tiefste beleidigt, ihren
(Kroatisches Landestheater.) Gestern ging als
sie aber gern
Väter und das Elternhaus verläßt, um nicht mehr
nahm sie eine
Premiere Schnitzlers dreiaktiges Drama „Liebelei“
zurückzulehren. Wird sie draußen in der kalten Welt
in Szene und zwar, wie wir gleich konstatiren wol¬
mmten „Blae¬
Vergessenheit finden? Wir wissen es nicht, denn das
len, mit einem auf unserer Landesbühne ganz unge¬
das Schiff lief
Stück ist zu Ende. An, Stelle eines Dramas hat also
Schnitzler eine dramatische Skizze, oder im besten
Falle ein Framatisches Bild geschrieben, das aber in
seiner Ausführung gerade wegen der Einfachheit
G
der Handlung eine wunderbar ergreifende Wirkung
hervorbringt. Die Wiener Kritik hat sich über dieses
Stück sehr lobend ausgesprochen, dabei aber hervor¬
gehoben, diß die „Liebelei“ bereits eine Rücklehr
des Dichters zur alten Tradition bedeute, indem in
dem Drama Anklänge an Grillparzer vorhanden
seien. Ob dieses mit der alten Tradition untermischte
Dekadentenwasser auch dem Geschmack des Agramer
Publikums gefallenswird, wird sich heute zeigen. Je¬
denfalls thut die Intendanz gut daran, uns auchmit
den Produkten der fremden modernen Dramen=Lite¬
ratur bekannt zu machen.