II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 493

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Liebele
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Ausst
— 10
Nr. 2
„OBSERVER“
I. österr. behördl. concess. Bureau für Zeitungsberichte und Personalnachrich
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefering 31a. —
Ausschnitt aus: Freis Stühmen Klag furt
23) P3.
vom
710.
Kunst und Titeratur.
Schanspielhaus. Gestern gelangte Arthur
Schnitzlers Schauspiel „Liebelein zur ersten Auf¬
führung. Das. dramatische Gewand, in das der Dichter
eine einfache Handlung gehüllt hat, ist nach allen Regeln
der Kunst gearbeitet. Der erste Act eröffnet uns einen
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##s gerade am lustigsten hergeht, wie „mit Giganten¬
schritt das Schicksal tritt“ in Gestalt eines Mannes, der
von einem der jungen Herrchen Rechenschaft für die ver¬
letzte Hausehre fordert. Der zweite Act führt uns ins
stille, traute Heim eines alten Violinspielers, der schon
manches erlebt hat und seiner einzigen Tochter eine
ernste Liebe, auch wenn sie nicht zum Ziele führen sollte,
nachsieht. Der dritte Act endlich bringt für diese
Tuchter, die bisher mit Kinderaugen in die Welt ge¬
blickt und in den Niederungen des Leben brav geblieben
war, die furchtbare Enthüllung über die Dinge, die sich
hinter ihrem Rücken abgespielt haben, und in krampf¬
haftem Schmerze zieht sich ihr Herz zusammen, als sie
wahrnehmen muss, dass man sie, die doch dem im
Duell Getödteten am nächsten zu stehen glaubte, in diese
Dinge nicht eingeweiht hat. Bei ihr gibt es eben keine
Liebelei, sondern nur eine wahre, tiefe Liebe. Innerhalb
kür 50 dieses Rahmens sind auch die Einzelheiten bis ins
100 kleinste Detail mit kundiger und liebevoller Hand aus inel
200
geführt und dem ernsten Bilde, damit es sich um so za
500
wirkungsvoller abhebe, zwei leichtstunigere, richtige in
„ 1000
Liebelei=Leutchen gegenübergestellt. Mit einem Worte, es itte
Im
Abonnem zt ein ernsthaftes Problem ernsthaft behandelt; ob aber steh
Abonent die Direction mit dem Stücke einen Treffer gezogen hat, inde
das ist eine andere Frage. Nach der gestrigen kühlen Auf¬
nahme glauben wir das mit Recht bezweifeln zu dürfen.
Deun der gespendete Beifall hat wohl in erster Linie
der guten Darstellung, nicht der Dichtung gegolten.
Herr Halpern brachte das Geheimnisvolle in dem
Benehmen des Fritz Lobheimer glücklich zum Ausdruch
während Herr von Ferrari für das echte Wienen
Früchtel Theodor Kaiser durchwegs den richtigen Ton
traf. Frl. Burkhardt machte als Mitzi Schlager
ihrem Namen alle Ehre, indem sie einige treffende
„Schlager“ mit schalkhafter Naivetät hinwarf. Eine
schöne Leistung bot Frl. Kadlé als Christine, beson¬
ders in der Schlufsscene, wo sie ihren Schmerz nicht
im Uevermaß der Kräfte sich ausrafen ließ, sondern
weise Maß zu halten verstand. Nur sollte die Dar¬
stellerin in Stücken, wie das gestrige, in denen moder
nes Leden pulsiert, den hohen Tragödienton im Allge¬
meinen eiwas herabstimmen und sich einer mehr unge¬
n Wietion vesteißen. Sehn charafteristisch 3e
n beleidigten Ehemann und
Herr G
österr. behördt. Coneess, Burent für un e unmmmmmn
Wien, IX/1 Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“, VIII. Josefsring 31 a.
Ausschnitt aus:
Grazer Tagblatt
78
von%
Theater und Kunst.
(Theater am Stadtpark.) Als Schuitlers
fein empfundenes Schauspiel „Liebelei“ noch ganz
jung war, hat's da oder dort eine alte kritische Heb¬
amme für lebensunfähig erklärt. Seither ist das Kind
ein stattlicher Bursche geworden, von allen angesehenen
Personen höflich gegrüßt. Man kann sich übrigens ohne
Eitelkeit zu denen bekennen, die das vorausgesehe
haben, denn ihrer waren sehr viele. Unter den di
matischen Versuchen von „Jung=Wien“ ist „Liebele
der bestgelungene, auch von Schnitzlers späterem Scha
spiele „Freiwild“ beiweitem nicht eingeholt. Es ist vi¬
viel Stimmung in dem Stücke, und was schwere
wiegt: ein volles Menschenherz. Bei den beiden „jun¬
gen Leuten“, den leichtsinnigen Lebeknaben, ist das
Herz nur erst in der Entwicklung; sie verstehen noch
nicht, wessen sie zu empfinden fähig sind, und der eine
muss sterben, ehe er's begreifen lernt. Aber das
süße Wiener Mädel Christine, dieses unsäglich
rührende neue Clärchen, ist ein inniges Gedicht
aus dem vollen Leben. Adele Sandrock spielte die
Christine. Der zarte Flaum, der noch auf dieser dem
geliebten Manne schrankenlos hingegebenen Weiblichkeit
liegt, ist der gereiften Künstlerin fremd, und wir suchen
5
Für
ihn schmerzlich. Dass sich die starke Kunst der merk¬
inclusive
100
Porto.
würdigen Frau die Illusion trotzdem zum Theile zu!
Zahlbar
200
im Voraus
erobern versteht, flößt Respekt ein. Die Klarheit ihrer
500
„ 1000 Absichten gewinnt der Natur gar vieles ab. Nicht alles
in freilich. Ergreifend war das Weinen Christinens nach der hitte ist das
Abonnen empfangenen Todesnachricht. Doch musste auffallen, steht es den
ändern.
Aboinen
dass der Moment einigermaßen fallen gelassen wurde,
als Christine erfährt, ihr bis zum eigenen Tode ge¬
liebter Mann sei im Duell gefallen — um einer
fremden Frau willen. Ich meine die wichtigen
Worke, die ungefahr lauten: „Und wes war denn ich
ihm dann?“ In diesem Erkennen liegt die ganze
Tragik der Dichtung. Die Rolle hat hier einst Annie
Trenner mit geringeren künstlerischen, aber schönen
natürlichen Mitteln sehr zu Dank gespielt. Die erstaun¬
liche Kunst des Gastes fand lebhaften Beifall. Viel
unmittelbarer wirkte es, als Adele Sandrock in
Schnitzlers Einacter „Das Abschieds¬
Souper“, ihre derb=geniale Laune gab.
Das kecke, von der altklugen Weisheit junger Greise
erfüllte „Proverbe“ (es ist des Dichters Sammlung
„Anatol“ entnommen) war hier von Hermann Bahrs
Vorlesung her bekannt, doch auf der Bühne noch nicht
gesehen. Es erweckte mit seinen geistreichen Unver¬
schämtheiten stete Heiterkeit, aber keinen tieferen Ein¬
druck. Der wird jedoch in der Erinnerung an der
gefräßigen Grisette haften bleiben, die uns Fräulein
Sandrock mit allen Zügen, die ein Ganzes bilden,
spielte. — Unsere Schauspieler unterstützten gestern den
Gast aufs Beste. In „Liebelei“ hatte insbesondere Herr
[Klein=Rohden, der den tiefer angelegten der
beiden „jungen Leute“ spielte, einmal Gelegenheit, von
seiner Begabung zu überzeugen. Er spielte schlicht und
wahr. Aber auch die kernige Weichheit an Herrn
Lipperts gutem alten Vater, die charakteristische
„Jungfer“ Leichtsinn Frl. Hönigsvalds, die köstliche
scharfe Schaute des Frl. Bleibtreu, die Geschicklichkeit,
mit der Herr Grevenberg sich mit dem Wiener
Humor und Dialect zurechtfand, und das wirkungsvolle
Spiel des Herrn Mebus in Mitterwurzers berühmter
Rolle von zwezig Worten verdienen Anerkennung.
Im „Abschiedssouper“ sorgte auch Herr Willhain
mit Erfolg für die Lustbarkeit. — Der Schriftsteller¬
und Journalistenverein „Concordia“ hat Fräulein
Sandrock für das Erträgnis eines vollen Hauses zu
danken.