iebele
5. L1 box 10/7
Ausschnitt aus
Tagebiett
von % 00
— Lessing=Theater: Sorma=Gastspiel.
F. E. Agnes Sorma hat gestern ihr Gastspiel in einem Ein¬
als
akter von Cavalotti und in SchnitzlersLiebel
Christine fortgesetzt. Der Beifall war größ, am Schluß des Schslitzler¬
den Abend weit aus der Reihe der üblichen Theater¬
abende heraushob. Wenn sich ein schmerzlicher Gedanke in
die Freude über diese Kunstvollendung hineinmischte,
war es der, daß Agnes Sorma nun nicht mehr wie damals, als
sie Schnitzlers Christine hier zum ersten Male spielte, als ein festes
Glied in einem festen Ensemble steht, daß sie geglaubt hat, jene
stillere herzliche Berehrung, die man ihr hier dauernd widmete,
aufgeben zu müssen gegen den lauten und plötzlichen Jubel, den sie
als gastirender Stern erregt.
Seit die Künstlerin vor drei, vier Jahren die Christine hier am
Deutschen Theater kreirte, ist die Rolle und mit ihr das Schauspiel
höchst gängig geworden. Man darf annehmen, daß auf Jahre,
vielleicht auf Jahrzehnte hinaus dieses kleine Wiener Mädel, weil es
die ganze Skgla weiblicher Gefühle von der sanften Schwärmerei bis
zu der voll entfefselten Leidenschaft besitzt, höchst begehrt sein wird
als Debus= und Gastrolle. Die Schillerschen Luisen, die so oft
aus der ogesterbibllothet herausgeholt wurden, nur um junge
Dekütantinnen in schmachtender und pathetischer Liebe
zeigen werden vielleicht seltener erscheinen.
dieser
neuen Mu#kerstachter Christine
machen
nudis Underes
als Fervinands Mädchen sagl
nicht vor dem mächtigen Hintergrunde, den die Wucht Schillers
Für
1 die Reise Fellte, aber dafür in einer Sprache, die schlichter #
„
2unser hr instürlicher ist. Wie haben auch in Berlin ##h ar
„
5 Sormaschen Christine schon
andere Christinen geschen Bieraus
" 10 der Erinnerung io
sind. Beide Male sah
8
ob die Darstelle
aus ihrem eigentlichen Reben
Abon kreise steien. Haust Nie
teein, schren ein tödtliches Spiers den
Abon zu spielen. 4#
hitten Akt wagte. Aber sie
ge
mehr als Komikerin, daß sie
Tharakterbarsteller
Sandrock, die schwere Kostum=
tragodin schien herabz
sie das Kind der Wiester Man¬
sarbe
Molle
dent tokaten
Inlerieurs und gab ihr ihren eigenen persönlichen und grohen Stil
Ganz unrealistisch, in Ueberlebensgröße stellte sie uns die Figur au.
indem sie
Bitterkeit das Einzelschicksal der kleinen
Wienerin veraugemeinerte.
Und zwischen Beiden, zwischen Hanst Niese, die das Wienerisch
hervorhob.
Sandrock, die
Pächein des ganzen
Frauenthums gogenüber der treulosen Männerwelt dastand
zeigt sich in holber Anmuth
feurig ausbrechendem
Schierz Agnes
liebender und leidender
Gorma
4
gewiß
Ab
nienen Sehnsucht dieses Mäbchen¬
Freude an der stillen un
herzens ausging, ein Ho
Verstehen ihrer Hingabe, ein ganz in
innersten #heilnahme dusge
stes Mittelo für den Zusamtenbruch
ihres Liebesheiligthums, da
um Schluß erfährt, daß der Geliehte
sich hat todtschießen lassen — um einer Anderen willen. „Erfährt“
übrigens nicht
richtige Ausdruck. Man kann
1
gegen Schnitzlers Schauspel mancherlet haben, aber man wird ein¬
gestehen müssen, daß es sich gegen das Ende hin zu dichte¬
rischer Höhe erhebt Es ist ausgezeichnet, wie er am Schluß
Ihristinen das biutige Schicksal des angebeteten Mannes nicht
erfahren, sondern errathen läßt mit der Sehergabe, die
der Schmerz verleiht Und hier riß auch Agnes Sorma
ollends hin. Sie liest die kurchtbare Thatsache von den Lippen des
Boten, sie erbebt, sie schreit auf und sammelt den geistigen Inhalt
des ganzen Schauspiels in der Klage, daß sie nur ein Spielzeug, nur
ein Zeitvertreib war — eine Klage, die gleich wieder übertönt wird
von der unerloschenen und unverlöschbaren Liebe zu dem Todten.
Das macht sie wundervoll..
Auch sonst wurde sekr schön gespielt, in den wesentlichen Rollen
von den Herren Jaruo und Halm (Fritz und Theodor), von
Hans Pagay, der den alten Vater Christinens, eine vom Dichter
ehr willkürlich konstruirte Rolle, doch überaus fein gab, und dann
von einem frischen und temperamentvollen Fräulein Elvira
Llemens. Sie gab das leichtsinnige Gegenstück zu der ernsten
Christine, die lustige Modistin Mizi Schlager, ganz wienerisch echt.
Cavalottis Einakter, der voranging, ist das von Alfred
Halm bearbeitete Lustspiel „Jephtas Tochter“ das wir hier
chon im Theaterd. Westens gesehen haben. In der graziösen Arbeit
des so jäh aus dem Leben gegangenen italienischen Politikers und Dichters
pielt Agnes Sorma mit allem Liebreiz die Rolle des scheinbar
naiven Mädchens, das sich den Gatten mit List und Geist zum tugend¬
haftesten Pantoffelhelden erzieht. Die Rolle ist allerliebst. Um so
matter ist die des Gatten; der Darsteller, Herr Alfred Halm,
dor zugleich, wie gesagt, der Bearbeiter des Stückes ist, müßte im
Spiel etwas lebhaftere Farben aufsetzen. Frau Bertens und Herr
Waldow gaben die kleineren Rollen sehr ansprechend.
5. L1 box 10/7
Ausschnitt aus
Tagebiett
von % 00
— Lessing=Theater: Sorma=Gastspiel.
F. E. Agnes Sorma hat gestern ihr Gastspiel in einem Ein¬
als
akter von Cavalotti und in SchnitzlersLiebel
Christine fortgesetzt. Der Beifall war größ, am Schluß des Schslitzler¬
den Abend weit aus der Reihe der üblichen Theater¬
abende heraushob. Wenn sich ein schmerzlicher Gedanke in
die Freude über diese Kunstvollendung hineinmischte,
war es der, daß Agnes Sorma nun nicht mehr wie damals, als
sie Schnitzlers Christine hier zum ersten Male spielte, als ein festes
Glied in einem festen Ensemble steht, daß sie geglaubt hat, jene
stillere herzliche Berehrung, die man ihr hier dauernd widmete,
aufgeben zu müssen gegen den lauten und plötzlichen Jubel, den sie
als gastirender Stern erregt.
Seit die Künstlerin vor drei, vier Jahren die Christine hier am
Deutschen Theater kreirte, ist die Rolle und mit ihr das Schauspiel
höchst gängig geworden. Man darf annehmen, daß auf Jahre,
vielleicht auf Jahrzehnte hinaus dieses kleine Wiener Mädel, weil es
die ganze Skgla weiblicher Gefühle von der sanften Schwärmerei bis
zu der voll entfefselten Leidenschaft besitzt, höchst begehrt sein wird
als Debus= und Gastrolle. Die Schillerschen Luisen, die so oft
aus der ogesterbibllothet herausgeholt wurden, nur um junge
Dekütantinnen in schmachtender und pathetischer Liebe
zeigen werden vielleicht seltener erscheinen.
dieser
neuen Mu#kerstachter Christine
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nudis Underes
als Fervinands Mädchen sagl
nicht vor dem mächtigen Hintergrunde, den die Wucht Schillers
Für
1 die Reise Fellte, aber dafür in einer Sprache, die schlichter #
„
2unser hr instürlicher ist. Wie haben auch in Berlin ##h ar
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5 Sormaschen Christine schon
andere Christinen geschen Bieraus
" 10 der Erinnerung io
sind. Beide Male sah
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aus ihrem eigentlichen Reben
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mehr als Komikerin, daß sie
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Sandrock, die schwere Kostum=
tragodin schien herabz
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Inlerieurs und gab ihr ihren eigenen persönlichen und grohen Stil
Ganz unrealistisch, in Ueberlebensgröße stellte sie uns die Figur au.
indem sie
Bitterkeit das Einzelschicksal der kleinen
Wienerin veraugemeinerte.
Und zwischen Beiden, zwischen Hanst Niese, die das Wienerisch
hervorhob.
Sandrock, die
Pächein des ganzen
Frauenthums gogenüber der treulosen Männerwelt dastand
zeigt sich in holber Anmuth
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liebender und leidender
Gorma
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stes Mittelo für den Zusamtenbruch
ihres Liebesheiligthums, da
um Schluß erfährt, daß der Geliehte
sich hat todtschießen lassen — um einer Anderen willen. „Erfährt“
übrigens nicht
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1
gegen Schnitzlers Schauspel mancherlet haben, aber man wird ein¬
gestehen müssen, daß es sich gegen das Ende hin zu dichte¬
rischer Höhe erhebt Es ist ausgezeichnet, wie er am Schluß
Ihristinen das biutige Schicksal des angebeteten Mannes nicht
erfahren, sondern errathen läßt mit der Sehergabe, die
der Schmerz verleiht Und hier riß auch Agnes Sorma
ollends hin. Sie liest die kurchtbare Thatsache von den Lippen des
Boten, sie erbebt, sie schreit auf und sammelt den geistigen Inhalt
des ganzen Schauspiels in der Klage, daß sie nur ein Spielzeug, nur
ein Zeitvertreib war — eine Klage, die gleich wieder übertönt wird
von der unerloschenen und unverlöschbaren Liebe zu dem Todten.
Das macht sie wundervoll..
Auch sonst wurde sekr schön gespielt, in den wesentlichen Rollen
von den Herren Jaruo und Halm (Fritz und Theodor), von
Hans Pagay, der den alten Vater Christinens, eine vom Dichter
ehr willkürlich konstruirte Rolle, doch überaus fein gab, und dann
von einem frischen und temperamentvollen Fräulein Elvira
Llemens. Sie gab das leichtsinnige Gegenstück zu der ernsten
Christine, die lustige Modistin Mizi Schlager, ganz wienerisch echt.
Cavalottis Einakter, der voranging, ist das von Alfred
Halm bearbeitete Lustspiel „Jephtas Tochter“ das wir hier
chon im Theaterd. Westens gesehen haben. In der graziösen Arbeit
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pielt Agnes Sorma mit allem Liebreiz die Rolle des scheinbar
naiven Mädchens, das sich den Gatten mit List und Geist zum tugend¬
haftesten Pantoffelhelden erzieht. Die Rolle ist allerliebst. Um so
matter ist die des Gatten; der Darsteller, Herr Alfred Halm,
dor zugleich, wie gesagt, der Bearbeiter des Stückes ist, müßte im
Spiel etwas lebhaftere Farben aufsetzen. Frau Bertens und Herr
Waldow gaben die kleineren Rollen sehr ansprechend.