II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 641

Liebe
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5. LeSZe1
Schausviel „Liebelei“ gegeben, das schon über auf die moderne Literatur, die der Einakter enthält,
verschiedene hiesige Bühnen gewandert ist. Das offenbar in ihrer Mehrzahl nicht und wußten nicht
Stück, das ein erschreckend lebenswahres Bild aus recht, was sie mit den witzigen Pointen anfangen
dem Sumpf der Wiener Lebemänner entrollt, und sollten.
dessen Gestalten durchweg getreu nach der Wirklich¬
keit gezeichnet sind, wurde auf der Schiller=Bühne
in einer vorzüglichen Darstellung dargeboten. Fräu¬
lein Wasa, die die Christin= spielte, war
Sprache und Temperament frullich kein „Wiener
Mad'!“, aber sie war mit Leib und Seele das ein¬
fältige, vertrauensvolle, sterhensverliebte junge Blut,
das mit allen Fasern seines Herzens zum ersten
Dr. Max Goldschmidt
Male liebende Kind aus dem Volke, das vernichtet
sammenbricht, als zum Schluß die unfaßbare
. . Bureau für
Bo
schaft kommt, daß der Geliebte um einer
anderen willen in den Tod gegangen ist, und daß
Zeitungsausschnitte
sie ihm weiter nichts war als ein Zeitvertreib für
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
müßige Stunden. In der Schlußszene, in der es
eisene Korrespondenten.
Cbristine zum Bewußtsein kommt, welch frevelhaftes
Spiel der junge Lebemann mit ihr getrieben hat,
Telephon: III, 3051.

spielte Frl. Wasa das arme zertretene Geschöpf mit
——
Berlin N. 24.

erschütternder Lebenswahrheit. Neben der Dar¬
stellerin der weiblichen Hauptrolle fand namentlich
Ausschnitt aus
Herr Max Pategg, der den alten Musiker, den
Vater der Christine gab, den das Leben mürbe und
nachsichtig gemacht hat, Töne, die ins innerste Herz
Der Reichsbote, Berii
griffen. Sehr gut besetzt war auch die Rolle der
feschen, leichtfertigen, gedankenlosen Freundin Chri¬
stinens, die Frl. Gußmann, namentlich im ersten
34 0CL. 1903
Akt, mit köstlicher Frische und echt wienerischer Leb¬
haftigkeit verkörperte. Die beiden Wiener Lebe¬
jünglinge wurden von den Hexren Paeschke und
Herrmann wirkungsvoll dargestellt. Der Erfolg des
Aumi mne7
Stückes war ein sehr starker, und die Darsteller wurden
nach jedem Akte mehrmals auf die Bühne gerufen.
Weniger Beifall fand der Einakter „Literatur“
ein Lustspiel von Artbur Schnitzler, das zum
Schluß gegeben wurde. Das Stück, das vor etwa
zwei Jahren im Deutschen Theater zum ersten
Theater und Musik.

Male gegeben wurde, ist eine etwas gesuchte Plauderei
R. G. Im Schiller=Theater N. wurde gestern aus der literarischen Bohème. Die Besucher des
abend zum ersten Male Arthur Schnitzlers! Schiller=Theaters verstanden die vielen Anspielungen!