iebele
box 11/1
5. S1
Hnt airektem Nachrichtendienst durch
eisene Korrespondenten.
Berlin N. 24.
Telephon: III, 3051.
—
Ausschnitt aus
Neue Würzburger Zeitung
29.10.03
Stadttheater.
Gastspiel Agnes Sorma („Jephtas Tochter“,
„Liebelei“und „Nora").
Zwei wirklich „große Tage“, prächtige Vorstellungen mit
einem erstklassigen Gast, dem aber auch das einheimische Per¬
sonal würdig sekundierte, liegen hinter uns.
Agnes Sorma ist eine tatkäftige Vertreterin der
neuen Schule, die sich von der alten pathetischen Bühnensprachs
dem „klingenden Wort“ abwandte und den natürlichen Sprechto
auch auf der Bühne durchsetzen will. Freilich, wer ein so scharfer
und klares Organ wie die Sorma besitzt — besonders entzückt
hat mich ihr silberhelles Lachen — kann leicht auf die künstliche
Tongebung, die Verstärkung des gesprochenen Worts durch
metallischen Tonanschlag, verzichten. Die deutliche und scharfe
Diktion verlor auch nichts durch die sprudelude Leichtigkeit der
Sprache und die überaus rasche und agile Manier des Spiels,
die der Sorma eigen sind. Das Wort läuft ebenso flüssig von
ihren Mienen, wie sie selbst geschäftig über die Bühne eilt, und
Mienen und Gebärden unterstützen in steter, lebhafter Beschäf¬
tigung den flüchtig dahineilenden Vortrag.
Ganz reizend setzte der Gast gleich bei dem Lustspiel
„Jephtas Tochter“ von Cavalotti, einem scharf gepfefferten, aber
doch allerliebst wirkenden Einakter ein; die manchmal recht ge¬
wagten Stellen des Stückchens wirkten in ihrer Ausführung
niemals verletzend, ohne doch die Pikanterie zu verlieren. Ernstere
Töne schlug sie in dem Schnitzlerschen Schauspiel „Liebelei“ an,
das übrigens gegenüber dem kässigen italienischen Vorspiel bei¬
nahe etwas abfiel. In der „Nora“ endlich zeichnete die Sorma
nochmals mit allen Mitteln der Kleinkunst einen interessanten,
modernen Frauencharakter mit seinen Vorzügen und Fehlern.
Das Ibsensche Stück mit seiner aufdringlichen Reflexion ist sonst
gar nicht sonderlich nach meinem Geschmack; daß ich trotzdem
an vielen Stellen, so in dem reizenden Spiel mit den Kindern,
bei der berühmten Tarantella=Szene hingerissen wurde, das ist
nur dem Temperament der Sorma zuzuschreiben, und wie mir
wird es auch den übrigen Zuschauern ergangen sein.
Unser heimisches Personal hielt sich in diesen anstrengenden
Tagen, wie erwähnt, überaus wacker. Hervorheben möchte ich
namentlich den „Helmer“ des Hrn. Kiedaisch, ohne jedoch¬
damit die übrigen Leistungen als geringe bezeichnen zu wollen. m.
Dr. Max Goldschmidt
Bureau für . .
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.
—
Ausschnitt aus
beckische Anzeigen u. Zeitung
20 DEZN
Kunst und Wissenschaft.
Stadttheater. „Liebelei“ Schauspiel ir
3 Akten und „Literatur" Gastspiel in 1 Akt
on Arthur Schnitz
Gastspiel von Frl. Irene
##-vheater in Berlin. Den
beiden Schnitzlerschen Stücken, die die Künstlerin für
ihr Gastspiel in Lübeck gewählt hatte, ist
eine so gut wie völlige Handlungslosigkeit eigen.
Aher auch von dramatischen Effekten bezüglich von
irgend welcher Situationskomik oder dergleichen ist
wenig in ihnen zu verspüren. Dagegen i Sahnitzler
ein guter Psycholog, ein feiner Beobachter, der mit
seltenem Geschick prächtige Typen in passender
Milieuschilderung zu skizzieren versteht. Eine solche
Skizze aus dem Wiener Großstadtleben führt uns¬
Schnitzler in seiner „Liebelei“ vor, die, mit kräftigen
Strichen einsetzend, allerdings gegen Ende stark ver¬
liert. Und doch bietet die Skizze für jeden denkenden
Künstler ein dankbares Feld. Die Besetzung der
einzelnen Rollen war eine überaus glückliche.
Frl.
wenn auch
—
Triesch gab die in manchen Zügen
modernisiert und dem heutigen Großstadtleben ange¬
vaßt — an eine Luise Millerin erinnernde Christine
voller zärtlicher Hingabe und frauenhaft weichem,
doch starkem Empfinden. Vielleicht allzusehr die
tocottenhafte Seite der Rolle kehrte die Künstlerin
in der zweiten Skizze, dem „Lustspiel“ „Literatur“ in
der Margarethe hervor. Immerhin hatte Frl. Triesch
auch hier einen starken Erfolg zu verzeichnen, wenn
wenigstens nach unserem Geschmack
freilich sie —
in der Wahl der Maske etwas, sagen wir, weit ge¬
gangen war. Unsere heimischen Künstler hielten sich
auf gleicher Höhe mit dem Gast. Frl. Weede wußte
den grisettenhaften Ton der Mizi Schlager sehr
naturgetreu zu treffen, sie würde unseres Erachtens
auch für die Rolle der Margarethe eine ebenbürtige
Rivalin für Frl. Triesch sein. Freudig überrascht
waren wir von Herrn Hellmer, der sich brillant ent¬
wickelt, und auf den man nach der gestrigen Leistung
als Gilbert für das moderne Schauspiel noch große
box 11/1
5. S1
Hnt airektem Nachrichtendienst durch
eisene Korrespondenten.
Berlin N. 24.
Telephon: III, 3051.
—
Ausschnitt aus
Neue Würzburger Zeitung
29.10.03
Stadttheater.
Gastspiel Agnes Sorma („Jephtas Tochter“,
„Liebelei“und „Nora").
Zwei wirklich „große Tage“, prächtige Vorstellungen mit
einem erstklassigen Gast, dem aber auch das einheimische Per¬
sonal würdig sekundierte, liegen hinter uns.
Agnes Sorma ist eine tatkäftige Vertreterin der
neuen Schule, die sich von der alten pathetischen Bühnensprachs
dem „klingenden Wort“ abwandte und den natürlichen Sprechto
auch auf der Bühne durchsetzen will. Freilich, wer ein so scharfer
und klares Organ wie die Sorma besitzt — besonders entzückt
hat mich ihr silberhelles Lachen — kann leicht auf die künstliche
Tongebung, die Verstärkung des gesprochenen Worts durch
metallischen Tonanschlag, verzichten. Die deutliche und scharfe
Diktion verlor auch nichts durch die sprudelude Leichtigkeit der
Sprache und die überaus rasche und agile Manier des Spiels,
die der Sorma eigen sind. Das Wort läuft ebenso flüssig von
ihren Mienen, wie sie selbst geschäftig über die Bühne eilt, und
Mienen und Gebärden unterstützen in steter, lebhafter Beschäf¬
tigung den flüchtig dahineilenden Vortrag.
Ganz reizend setzte der Gast gleich bei dem Lustspiel
„Jephtas Tochter“ von Cavalotti, einem scharf gepfefferten, aber
doch allerliebst wirkenden Einakter ein; die manchmal recht ge¬
wagten Stellen des Stückchens wirkten in ihrer Ausführung
niemals verletzend, ohne doch die Pikanterie zu verlieren. Ernstere
Töne schlug sie in dem Schnitzlerschen Schauspiel „Liebelei“ an,
das übrigens gegenüber dem kässigen italienischen Vorspiel bei¬
nahe etwas abfiel. In der „Nora“ endlich zeichnete die Sorma
nochmals mit allen Mitteln der Kleinkunst einen interessanten,
modernen Frauencharakter mit seinen Vorzügen und Fehlern.
Das Ibsensche Stück mit seiner aufdringlichen Reflexion ist sonst
gar nicht sonderlich nach meinem Geschmack; daß ich trotzdem
an vielen Stellen, so in dem reizenden Spiel mit den Kindern,
bei der berühmten Tarantella=Szene hingerissen wurde, das ist
nur dem Temperament der Sorma zuzuschreiben, und wie mir
wird es auch den übrigen Zuschauern ergangen sein.
Unser heimisches Personal hielt sich in diesen anstrengenden
Tagen, wie erwähnt, überaus wacker. Hervorheben möchte ich
namentlich den „Helmer“ des Hrn. Kiedaisch, ohne jedoch¬
damit die übrigen Leistungen als geringe bezeichnen zu wollen. m.
Dr. Max Goldschmidt
Bureau für . .
Zeitungsausschnitte
verbunden mit direktem Nachrichtendienst durch
eigene Korrespondenten.
Telephon: III, 3051.
Berlin N. 24.
—
Ausschnitt aus
beckische Anzeigen u. Zeitung
20 DEZN
Kunst und Wissenschaft.
Stadttheater. „Liebelei“ Schauspiel ir
3 Akten und „Literatur" Gastspiel in 1 Akt
on Arthur Schnitz
Gastspiel von Frl. Irene
##-vheater in Berlin. Den
beiden Schnitzlerschen Stücken, die die Künstlerin für
ihr Gastspiel in Lübeck gewählt hatte, ist
eine so gut wie völlige Handlungslosigkeit eigen.
Aher auch von dramatischen Effekten bezüglich von
irgend welcher Situationskomik oder dergleichen ist
wenig in ihnen zu verspüren. Dagegen i Sahnitzler
ein guter Psycholog, ein feiner Beobachter, der mit
seltenem Geschick prächtige Typen in passender
Milieuschilderung zu skizzieren versteht. Eine solche
Skizze aus dem Wiener Großstadtleben führt uns¬
Schnitzler in seiner „Liebelei“ vor, die, mit kräftigen
Strichen einsetzend, allerdings gegen Ende stark ver¬
liert. Und doch bietet die Skizze für jeden denkenden
Künstler ein dankbares Feld. Die Besetzung der
einzelnen Rollen war eine überaus glückliche.
Frl.
wenn auch
—
Triesch gab die in manchen Zügen
modernisiert und dem heutigen Großstadtleben ange¬
vaßt — an eine Luise Millerin erinnernde Christine
voller zärtlicher Hingabe und frauenhaft weichem,
doch starkem Empfinden. Vielleicht allzusehr die
tocottenhafte Seite der Rolle kehrte die Künstlerin
in der zweiten Skizze, dem „Lustspiel“ „Literatur“ in
der Margarethe hervor. Immerhin hatte Frl. Triesch
auch hier einen starken Erfolg zu verzeichnen, wenn
wenigstens nach unserem Geschmack
freilich sie —
in der Wahl der Maske etwas, sagen wir, weit ge¬
gangen war. Unsere heimischen Künstler hielten sich
auf gleicher Höhe mit dem Gast. Frl. Weede wußte
den grisettenhaften Ton der Mizi Schlager sehr
naturgetreu zu treffen, sie würde unseres Erachtens
auch für die Rolle der Margarethe eine ebenbürtige
Rivalin für Frl. Triesch sein. Freudig überrascht
waren wir von Herrn Hellmer, der sich brillant ent¬
wickelt, und auf den man nach der gestrigen Leistung
als Gilbert für das moderne Schauspiel noch große