II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 682

Liebele
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heirateten Frau ein ernstes Verhältnis. Das
nimmt sein Gefühlsleben so in Anspruch, daß
sein Freund Theodor Kaiser auf Mittel be¬
dacht ist, Fritz abzulenken. Theodor hat ei¬
ne Freundin, Mizi Schlager, den Typus ei¬
nes echten Weaner Madels und veranlaßt

Christine Weising mit Fritz bekannt zu.
machen. Er glaubt, daß Christine ebenso.
leichten Gemütes wie Mizi sei, die im Mai¬
nicht daran denken mag, ob man sich im
August noch lieben wird; aber Christine ist
eine sinnige, ernsthafte Natur, sie gewinutt
Fritz lieb, so lieb, daß sie für ihn ihr Le¬
ben lassen möchte. Mizi und Theodor ver¬
stehen das nicht. Fritz hat eine Ahnung von
dem Seelenzustand des Mädchens und wenn
die Andere nicht wäre, hier könnteer vielleicht
das stille, innige Glück finden, das er so,
sehr braucht. Der Ehemann hat sein Ver¬
hältnis zur Frau entdeckt und es kommt zu
einem Duell. Fritz hat Todesahnungen. Er¬
sucht Christine noch einmal abends in ihrer
Wohnung auf. Er genießt ein Stündchen
des ersehnten, stillen Glückes, dann nimmt;
er Abschied, Christine darauf vorbereitend
daß er einer Reise wegen mehrere Tage
fern sein wird. Die Tage vergehen. Chri¬
stine hat ihrem Vater alles gesagt und der
liebe alte Mann versteht sein Kind. Er zieht
Erkundigungen ein und erfährt von dem
„ 104 — 10 Juli 1900
[Duell und daß Fritz gefallen sei.
Er will
es Christine schonend beibringen. Unruhig
geworden, springt das Mädchen auf und will
fort, um sich Gewißheit zu verschaffen. Da
treten ihr Theodor und Mizi entgegen und
teilen ihr mit, daß Fritz gefallen sei. Ja,
wie denn gefallen? Im Duell! Im Duell?
Und für wen? Für eine Frau! Für eine
Frau ist er in den Tod gegangen, für eine
Frau, die er geliebt! Und sie, Christine, was
#ist denn sie und was ist sie ihm gewesen? —
VVon ihr hat er Abschied genommen und
dann ist er hingegangen und hat sich für
eine Andere totschießen lassen. Ja, wußte,
er denn gar nicht, was sie ihm gewesen? Und
begraben haben sie ihn, ohne daß sie dabei
war? Fremde Menschen durften dabei sein
und sie nicht? Sie nimmt hastig ein Tuch
uim und will fort zu seinem Grabe. „Geh'
mic hin!“ sagt Mizi, „vielleicht findest du
die Andere dort — beten!“ Mit starrem
Blick antwortet Christine: „Ich will dort
micht beten
nein!“ und stürzt
fort. Der alte Vater sinkt am
Fenster
schluchzend zu Boden und jammert: „Was
will sie —
was will sie? Sie kommt
nicht wieder, sie kommt nicht wieder!“
Die Darstellung wurde durch das Auftre¬
ken der Gäste geadelt und war eine gute
zu nennen, weil eben das ganze Stück so
ßiemlich in den Rollen der Beiden spielt.
Jedoch müssen wir bemerken, daß der weib¬
liche Gast wohl all' die schlagenden Mo¬
mnente eines erregt pulsierenden Menschen¬
kindes in seinem bedauernswerten Seelen¬
zustande trefflich charakterisierte, jedoch für
die Rolle eines jungen Mädchens zu alt
wirkte, einerseits durch die Darstellung, an¬
derseits durch das Fehlen physischer Jugend¬
frische. Lobend zu erwähnen wäre noch
Herr Leo Lenhart, Frl. Mizi Kern undThe¬
rese Kühn, wie die kleine Mizi Arbesmann.
Der Musen„tempel“ erlebte ein ausverkauf¬
des Haus.
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