Liebelen
3. M
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Wio Teplitzer Stadttheater=1##
(Gastspiel Frank=Medelsky. — „Liebelei.“] Man
darf Frau Frank=Medelzkykaum einen Vorwurf daraus
nichen, daß sie auch diesch Artikel in ihrem Gastspielkoffer
mntführt und uns am Samstag diese abgespielte Schnitz¬
l#r'sche Komödie vorsetzte. Wie der Erfelg bewies, findet
das große Publikum noch ihmer Gefallen und Interesse an
dem geschickt aufgebauten Stück, das neben seiner raffi¬
nierten Mache leider so karge Spuren vom Geiste des
Dramatikers Schnitzler enthält, von dem man auch heut¬
zutage wohl noch mit Achtung sprechen darf. Zudem aber
ist die zwischen Liebesqual und — Freuden taumelnde
Christine Weiring wirklich eine Gestalt, die der Darstellerin
Gelegenheit gibt, einem Virtuosenstück künstlerische Weihe
zu verleihen und in einer Virtussenrolle zu zeigen, wie sich
rein äußerliche Effekte und konstruierte Empfindungen
verinnerlichen und mit dem trügerischen Schein der Wahr¬
heit umgeben lassen, wenn man mehr als eine schau¬
spielerische Virtuosin ist. Und das Kunststück bringt Frau
Frank=Medelsky, wie schon manche große Künst¬
lerin vor ihr, erfolgreich fertig. Ihr ganzes Bestreben ist
darauf gerichtet, aus der wirksamen Pheaterfigur mit dem
unterhaltsamen Wechsel der Töne und Gefühle ein Weib
zu schaffen, an das man glauben, mit dem man empfinden
—
kann, das uns über alle Fatalitäten der tragischen Ko¬
mödie hinweghilft. Die Künstlerin arbeitet nicht mit
subrilen Mitteln, sie zieht alle Register schauspielerischer
Kunst auf, sie ist rührend in ihrer vertrauenden Liebe,
bestrickend in ihrer stillen Heiterkeit und als endlich die
Wahrheit ans Licht tommt, ergeht sie sich in rasender Ver¬
zweiflung und schluchzt und stöhnt erbarmungslos über
den Tod ihres einzig geliebten Fritz — aber all diese rein
schauspierischen Effekte verklärt und läutert, wenigstens
für den Augenblick, ein starkes Empfinden, eine innerliche
überzeugende Kraft, die im Ton und im ungemein be¬
wegten mimischen Ausdruck, in Haltung und Wesen ihre
eigene künstlerische Indivualität kennzeichnet. Im Uibrigen
ist von der Aufführung Besonderes nichts zu sagen. Herrn
Eugen Frank war für einen gastierenden Künstler in
der Rolle des Fritz Lobheimer keine hervorragende Auf¬
gabe gestellt und doch zeigte die ganze Figur eine wunder¬
bare Auffassung. All die kleinen Nuancen: das Spiel mit
der Uhrkette, das Weiten des zu engen Hemdkragens mit
dem Finger, das Hinaufrücken des Rockes, das Streicheln
des Haares, all diese kleinen Nuancen sind so echt=persön¬
lich und die Sprache so als ob sie direkt aus dem Innern
käme, ohne durch Kehle, Zunge und Lippe verfälscht wor¬
den zu sein. Darin liegt die Kunst. — Neben dem Künst¬
lerpaar bewährte sich noch Frl. Mizzi Kern in der resch¬
humoristischen Darstellung der Mizi Schlager, und Frl.
Kühn (Katharina Binder). Der alte Violinspieler
„Weiring“ des Herrn Leonhart war ein ziemlich trok¬
kener und ausdrucksloser Vater, der nur in den Momenten
höchster Erregung warm wurde und Herrn Huttig
glückte sein Theodor Kaiser ebenso wie bei seinem ersten
Auftreten in dieser Rolle. Ein sehr beschleunigtes Ver¬
fahren, das nicht immer am Platze sein mag, zeigte die
Aufführung selbst, die um 9 Uhr bereits zu Ende war.
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(Gastspiel Frank=Medelsky. — „Liebelei.“] Man
darf Frau Frank=Medelzkykaum einen Vorwurf daraus
nichen, daß sie auch diesch Artikel in ihrem Gastspielkoffer
mntführt und uns am Samstag diese abgespielte Schnitz¬
l#r'sche Komödie vorsetzte. Wie der Erfelg bewies, findet
das große Publikum noch ihmer Gefallen und Interesse an
dem geschickt aufgebauten Stück, das neben seiner raffi¬
nierten Mache leider so karge Spuren vom Geiste des
Dramatikers Schnitzler enthält, von dem man auch heut¬
zutage wohl noch mit Achtung sprechen darf. Zudem aber
ist die zwischen Liebesqual und — Freuden taumelnde
Christine Weiring wirklich eine Gestalt, die der Darstellerin
Gelegenheit gibt, einem Virtuosenstück künstlerische Weihe
zu verleihen und in einer Virtussenrolle zu zeigen, wie sich
rein äußerliche Effekte und konstruierte Empfindungen
verinnerlichen und mit dem trügerischen Schein der Wahr¬
heit umgeben lassen, wenn man mehr als eine schau¬
spielerische Virtuosin ist. Und das Kunststück bringt Frau
Frank=Medelsky, wie schon manche große Künst¬
lerin vor ihr, erfolgreich fertig. Ihr ganzes Bestreben ist
darauf gerichtet, aus der wirksamen Pheaterfigur mit dem
unterhaltsamen Wechsel der Töne und Gefühle ein Weib
zu schaffen, an das man glauben, mit dem man empfinden
—
kann, das uns über alle Fatalitäten der tragischen Ko¬
mödie hinweghilft. Die Künstlerin arbeitet nicht mit
subrilen Mitteln, sie zieht alle Register schauspielerischer
Kunst auf, sie ist rührend in ihrer vertrauenden Liebe,
bestrickend in ihrer stillen Heiterkeit und als endlich die
Wahrheit ans Licht tommt, ergeht sie sich in rasender Ver¬
zweiflung und schluchzt und stöhnt erbarmungslos über
den Tod ihres einzig geliebten Fritz — aber all diese rein
schauspierischen Effekte verklärt und läutert, wenigstens
für den Augenblick, ein starkes Empfinden, eine innerliche
überzeugende Kraft, die im Ton und im ungemein be¬
wegten mimischen Ausdruck, in Haltung und Wesen ihre
eigene künstlerische Indivualität kennzeichnet. Im Uibrigen
ist von der Aufführung Besonderes nichts zu sagen. Herrn
Eugen Frank war für einen gastierenden Künstler in
der Rolle des Fritz Lobheimer keine hervorragende Auf¬
gabe gestellt und doch zeigte die ganze Figur eine wunder¬
bare Auffassung. All die kleinen Nuancen: das Spiel mit
der Uhrkette, das Weiten des zu engen Hemdkragens mit
dem Finger, das Hinaufrücken des Rockes, das Streicheln
des Haares, all diese kleinen Nuancen sind so echt=persön¬
lich und die Sprache so als ob sie direkt aus dem Innern
käme, ohne durch Kehle, Zunge und Lippe verfälscht wor¬
den zu sein. Darin liegt die Kunst. — Neben dem Künst¬
lerpaar bewährte sich noch Frl. Mizzi Kern in der resch¬
humoristischen Darstellung der Mizi Schlager, und Frl.
Kühn (Katharina Binder). Der alte Violinspieler
„Weiring“ des Herrn Leonhart war ein ziemlich trok¬
kener und ausdrucksloser Vater, der nur in den Momenten
höchster Erregung warm wurde und Herrn Huttig
glückte sein Theodor Kaiser ebenso wie bei seinem ersten
Auftreten in dieser Rolle. Ein sehr beschleunigtes Ver¬
fahren, das nicht immer am Platze sein mag, zeigte die
Aufführung selbst, die um 9 Uhr bereits zu Ende war.