uneeee box 1172
5. Liebelei
sein heißes, leidenschaftliches Kind. In ihnen wurden von
TTheater und Musik.
Hans Pagay und Lucie Höflich zwei lebensvolle
Menschen von überzengender, innerer Kraft und Wahr¬
Kammerspiele des Deutschen Theatens.
„Liebelei". Schauspiel in drei Akten von Arthur heit gegeben. Der schwache, freundliche Mann, dem auf
seine Art der Wiener Leichtsinn im Blut steckt, der dem
Schnitzler. Erste Aufführung am 19. September.
einzigen Kind sein Glück nich wehren mag, damit es doch
Schnitzlers Wiener Alltagstragödie, die aus so harm¬
einmal eine schöne Eri##ernig hat, scheinbar ohne Ahnung,
losen Aufäugen erwächst, sich eine Zeitlang spielend in einem
daß hier Glück und Ungunk Geschwister sind, die sein Kind
leichtsinnigen, übermütigen Milien bewegt, um schließlich im
vernichten müssen, ist eine wundervolle Kontrastfigur zu
letzten Akt all den äußeren Schein, den die Menschen so gern
diesem jungen, überstark fühlenden Mädchen, dos auf der
und mit soviel Erfolg um die Dinge spinnen, zu zerreißen
Welt nichts mehr kennt, als seine Liebe, dem Liebe
und das heiße Leben, das an diesem Leichtsinn und Ueber¬
und Ewigkeit nur ein Begriff sind, und das einfach
mut verblutet, zu zeigen, ist jetzt auch in das Re¬
pertoir der Kammerspiele Lusgenommen worden. Ge= nicht begreift, daß es Menschen gibt, die damit spielen
können. Lucie Hönich brachte die blinde Einfachheit dieses
rade von dieser Bühne durfte man erwarten, daß
Naturkindes vom ersten Angenblick an wundervoll
sie die verschiedenen Stimmungen, von denen die ein¬
zum Ausdruck. Rührend war ihr schüchternes, stockendes
zelnen Akte erfüllt sind, auf das feinste und beste heraus¬
Bitten, wenn sie von so heißer Sehnsucht erfüllt war, ganz an
arbeiten würde, daß sie den wirkungsvollen Gegensatz leicht¬
fertiger Lebenslust, die mit fremden Gefühlen spielt, und der dem unbekannten, ihr so fremden Leben des Geliebten teil¬
Verschütternden Tragik des letzten Aktes ganz zur Geltung zunehmen, ihre staunende Seligkeit, wenn er weich und zärt¬
bringen würde. Aber das Spiel setzte vom ersten Augenblick sich zu ihr sprach, ihre Verständnislosigkeit für ihre
gewandte Freundin voll kluger Lebensregeln, ihre
an merkwürdig schwer und ahnungsreich ein. Dem jugen dlichen
Unfähigkeit, ein Hehl aus ihren Empfindungen zu
71
Helden, den Eugen Dumont gab, fehlten Leichtsinn und
machen, die immer wieder ausbrechende Leidenschafi¬
Lebenslust, die sein Tun verständlich und auch entschuldbarer
lichkeit in der Unterredung mit dem Vater ber##teten
gemacht hätten, so vollkommen, daß er das Zusammen¬
mit wilder, rücksichtsloser Naturkraft ge¬
daun die
sviel des ganzen ersten Aktes sichtlich bedrückte. Ein frostigeres
gebene letzte Szeue vor. Die empörte Verzweiflung des be¬
Abendessen, als das der vier Weltkinder, ließ sich trotz der
leidigten Weibes, der Hohn über den kalten Weltverstand des
verstreuten Rosen und des kunstgerecht eingegossenen Weines
Freundes und der Freundin, Haß, Liebe und Verachtring für
schwer vorstellen, zumal auch die Lustigkeit von Grete Bergers
den toten Geliebten einten sich hier zu so erschütternden,
Mizi Schlager einen gar zu forcierten Charakter trug. Der
wahren Lauten, wie sie der auf gedämpftes Spiel berechnete
Schluß des Aktes brachte dann die bis dahin vermißte Stim¬
Raum der Kammerspiele vielleicht noch nicht gehört hat. Und
mung. Sehr gut war Albert Steinrücks knappe. ge¬
man begriff, daß die beiden lebenssicheren Weltkinder vor
haltene Kraft in der Rollé des beleidigten Gatten; und die
diesem jungen Weib, das in seinem Schmerz über die ganze
Stimmungsmalerei in den gedämpft von der Straße herauf¬
Scheinwelt, in der sie lebten, hinanswuchs, verstummten, daß
klingenden Lauten, dem Pfeifen und den verhallenden
Schriten eines Vorübergehenden, zeigte wieder, welche in¬ auch der Vater mit seiner freundlichen, gefälligen Philosophie
timen Wirkungen der begrenzte Raum dieses Theaters er= kein Wort des Trostes fand, weil die Natur selbst seiner
spottete.
So war es Lucie Höflichs Spiel zu danken, daß der
möglicht.
Die beiden folgenden Akte führen in das Haus des
Abend trotz des mancherlei Verfehlten und Gezwungenen mit
alten Hans Weiring, dessen allzu weiche Philosophie vor der
einem ganz großen Eindruck ausklang, daß man das Gefühl
Gewalt des wirklichen Lebens schließlich auch so kläglich
Schiffbruch leidet. Hier war das Milien, die einfache, sonnen¬ hatte, wahrem Menschenleid und wahrem Menschenschicksal
durchleuchtete Stube, mit seinem Verständnis gegeben, ein gegenüber gestanden zu haben. Von den anderen Mitspielern
schlichter, stimmungsvoller Rahmen für die beiden Haupt= seien noch Alexander Elert erwähnt, der den jungen
gestalten dieses Abends, den abgeklärten, milden Musiker und Lebemann sehr fesch und gemütlich gab, Sophie Pagay,
deren Gevatterin Binder freilich ziemlich konventionell blieb,
und Grete Berger, die als Mizi Schlager in den letzten
Akten über manche feine Nuance verfügte.
5. Liebelei
sein heißes, leidenschaftliches Kind. In ihnen wurden von
TTheater und Musik.
Hans Pagay und Lucie Höflich zwei lebensvolle
Menschen von überzengender, innerer Kraft und Wahr¬
Kammerspiele des Deutschen Theatens.
„Liebelei". Schauspiel in drei Akten von Arthur heit gegeben. Der schwache, freundliche Mann, dem auf
seine Art der Wiener Leichtsinn im Blut steckt, der dem
Schnitzler. Erste Aufführung am 19. September.
einzigen Kind sein Glück nich wehren mag, damit es doch
Schnitzlers Wiener Alltagstragödie, die aus so harm¬
einmal eine schöne Eri##ernig hat, scheinbar ohne Ahnung,
losen Aufäugen erwächst, sich eine Zeitlang spielend in einem
daß hier Glück und Ungunk Geschwister sind, die sein Kind
leichtsinnigen, übermütigen Milien bewegt, um schließlich im
vernichten müssen, ist eine wundervolle Kontrastfigur zu
letzten Akt all den äußeren Schein, den die Menschen so gern
diesem jungen, überstark fühlenden Mädchen, dos auf der
und mit soviel Erfolg um die Dinge spinnen, zu zerreißen
Welt nichts mehr kennt, als seine Liebe, dem Liebe
und das heiße Leben, das an diesem Leichtsinn und Ueber¬
und Ewigkeit nur ein Begriff sind, und das einfach
mut verblutet, zu zeigen, ist jetzt auch in das Re¬
pertoir der Kammerspiele Lusgenommen worden. Ge= nicht begreift, daß es Menschen gibt, die damit spielen
können. Lucie Hönich brachte die blinde Einfachheit dieses
rade von dieser Bühne durfte man erwarten, daß
Naturkindes vom ersten Angenblick an wundervoll
sie die verschiedenen Stimmungen, von denen die ein¬
zum Ausdruck. Rührend war ihr schüchternes, stockendes
zelnen Akte erfüllt sind, auf das feinste und beste heraus¬
Bitten, wenn sie von so heißer Sehnsucht erfüllt war, ganz an
arbeiten würde, daß sie den wirkungsvollen Gegensatz leicht¬
fertiger Lebenslust, die mit fremden Gefühlen spielt, und der dem unbekannten, ihr so fremden Leben des Geliebten teil¬
Verschütternden Tragik des letzten Aktes ganz zur Geltung zunehmen, ihre staunende Seligkeit, wenn er weich und zärt¬
bringen würde. Aber das Spiel setzte vom ersten Augenblick sich zu ihr sprach, ihre Verständnislosigkeit für ihre
gewandte Freundin voll kluger Lebensregeln, ihre
an merkwürdig schwer und ahnungsreich ein. Dem jugen dlichen
Unfähigkeit, ein Hehl aus ihren Empfindungen zu
71
Helden, den Eugen Dumont gab, fehlten Leichtsinn und
machen, die immer wieder ausbrechende Leidenschafi¬
Lebenslust, die sein Tun verständlich und auch entschuldbarer
lichkeit in der Unterredung mit dem Vater ber##teten
gemacht hätten, so vollkommen, daß er das Zusammen¬
mit wilder, rücksichtsloser Naturkraft ge¬
daun die
sviel des ganzen ersten Aktes sichtlich bedrückte. Ein frostigeres
gebene letzte Szeue vor. Die empörte Verzweiflung des be¬
Abendessen, als das der vier Weltkinder, ließ sich trotz der
leidigten Weibes, der Hohn über den kalten Weltverstand des
verstreuten Rosen und des kunstgerecht eingegossenen Weines
Freundes und der Freundin, Haß, Liebe und Verachtring für
schwer vorstellen, zumal auch die Lustigkeit von Grete Bergers
den toten Geliebten einten sich hier zu so erschütternden,
Mizi Schlager einen gar zu forcierten Charakter trug. Der
wahren Lauten, wie sie der auf gedämpftes Spiel berechnete
Schluß des Aktes brachte dann die bis dahin vermißte Stim¬
Raum der Kammerspiele vielleicht noch nicht gehört hat. Und
mung. Sehr gut war Albert Steinrücks knappe. ge¬
man begriff, daß die beiden lebenssicheren Weltkinder vor
haltene Kraft in der Rollé des beleidigten Gatten; und die
diesem jungen Weib, das in seinem Schmerz über die ganze
Stimmungsmalerei in den gedämpft von der Straße herauf¬
Scheinwelt, in der sie lebten, hinanswuchs, verstummten, daß
klingenden Lauten, dem Pfeifen und den verhallenden
Schriten eines Vorübergehenden, zeigte wieder, welche in¬ auch der Vater mit seiner freundlichen, gefälligen Philosophie
timen Wirkungen der begrenzte Raum dieses Theaters er= kein Wort des Trostes fand, weil die Natur selbst seiner
spottete.
So war es Lucie Höflichs Spiel zu danken, daß der
möglicht.
Die beiden folgenden Akte führen in das Haus des
Abend trotz des mancherlei Verfehlten und Gezwungenen mit
alten Hans Weiring, dessen allzu weiche Philosophie vor der
einem ganz großen Eindruck ausklang, daß man das Gefühl
Gewalt des wirklichen Lebens schließlich auch so kläglich
Schiffbruch leidet. Hier war das Milien, die einfache, sonnen¬ hatte, wahrem Menschenleid und wahrem Menschenschicksal
durchleuchtete Stube, mit seinem Verständnis gegeben, ein gegenüber gestanden zu haben. Von den anderen Mitspielern
schlichter, stimmungsvoller Rahmen für die beiden Haupt= seien noch Alexander Elert erwähnt, der den jungen
gestalten dieses Abends, den abgeklärten, milden Musiker und Lebemann sehr fesch und gemütlich gab, Sophie Pagay,
deren Gevatterin Binder freilich ziemlich konventionell blieb,
und Grete Berger, die als Mizi Schlager in den letzten
Akten über manche feine Nuance verfügte.