II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 773

box 11/2
Liebelei
5. Kenennenen
Telephon 12801.
S Mm ern
O l. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
6
0
Wien. I., Concordiaplatz 4.
1
Vertretungen
0 in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
5
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,

Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
6
(Qnellenangabe ohne Gewabr.)
" Ausschnitt aus
5
essburger Tagblatt
E vom:
Theater und Kunst.
„Libelei“ Wohl nur als eine Konzession
für literarische Feinschmecker wurde gestern
citzler's dramatisches Bruchstück „Lie¬
bakei“ münferem Sommertheater gegeben. Das
große Publikum liebt nicht so ernste Dinge,
auch kehlt ihm hiezu — seien wir offen — das
Verständnis. Schnitzler hat mit diesen paar le¬
benswarmen Szenen einen Schlag gegen den
jugendlichen Leichtsinn und die verlotterte Mo¬
ral unserer Zeit geführt. Man sah das Werk
hier in teilweiser besserer Gestaltung, als ge¬
stern, immerhin aber gab es Einzelleistungen
von theatralischem Werte. Vor allem erhob sich
die Trägerin der Rolle der „Christine“ Frl.
Paula Dürr weit über das gewohnte Pro¬
vinzuiveau. In ihrer Darbietung lag reali¬
stischer Zug und dennoch verklärte sie den Cha¬
rakter poesievoll zu dramatischer Höhe. Ihre
Herzenstöne sind von bezwingender Wärme
und überzeugender Natürlichkeit. Kerngesun¬
des Talent liegt auch in den Fähigkeiten des
Frl. Tini Frank, die mit ihrer „Mizzi Schla¬
ger“ durch natürlichen Ton und humorvolle
Diktion sich auszeichnete, zumal sie zur Chrak¬
terisierung scharfe Konturen einzusetzen ver¬
steht. Herrn Gerhardt, der den „Theodor“
gab, schätzen wir längst wegen seiner naturali¬
stischen Spielweise. Er ist ein Detaillist, den
man scharf beobachten muß, um seinen Wert
als Akteur vollauf würdigen zu können. Der
Mann arbeitet geistvoll mit den einfachsten
Mitteln. Frau Hedwig May war als „Katha¬
rina“ maßvoller, wie sonst, sie spielte diesmal
für's Parkett und nicht für die Gallerie. Den
„Fritz“ verkörperte Herr Lerch. Der junge,
strebsame Darsteller gewöhnt sich seit einiger
Zeit einen ganz unmännlichen, larmoyanten,
weibisch=süßlichen Ton an, der abscheulich wirkt.
Seine ernstesten Momente grenzten gefährlich
an's Parodistische. Wenn er rühren will, fiebrirt
er sein Organ in komische, ennuchische Höhe.
Eine eklige Manier! Wenig Farbe hatte der
„Weiring“ des Herrn Skal an sich. Auch mit
Direktor Blasel als „Ein Herr“ waren wir
diesmal nicht zufrieden. Die Rolle hat zwar
wenig Worte, er gab ihr aber zu viel Posen.
Dieser „gefährliche“ Unbekannte ist aber nichts
weniger als ein Poseur. So klein auch das
Publikum gewesen, es war den Darstellern ge¬
genüber doch dankbar.
F.
— 012 K —
bigen itatientschen —.
Pia Monica angestrengt worden.“ Das italienische Gericht
keine Signora Toselli, sondern nur eine Gräfin Montignoso und
st dieser gegenüber nicht zuständig.
S Welt und Wissen.
Theater in Köln.
— An Schnikzler=Abenden langweilt man sich nicht. Es ist zwar
che Atmosphäre, in die uns der Wiener Arzt
krine
hineinführt, aber er kennt seine Landsleute, die leichtlebige Welt
der Donaustadt, und weiß sie mit einfachen, aber sicheren Strichen¬
zu zeichnen. Der gestrige Abend im Schauspielhaus wurde
mit dem neu einstudierten dreiaktigen Schauspiel Liebelei er¬
öffnet. Es erzählt die rührende Liebe eines armen Mädchens, das
die Liebelei eines jungen Lebemannes ernst nimmt und seinen Tod,
den er im Duell findet, nicht überleben zu können meint. In
außerordentlich geschickter Weise ist der einfache Stoff zu einem
lebensvollen Bilde entwickelt. Dem ersten Akt, der in das leicht¬
finnige Milieu einführt, mangelte bei der Aufführung der letzte
Schliff eines flotten Zusammenspiels; auch ließen die nicht immer
glücklichen Versuche, die Dialektfärbung herauszubringen, den
eigenen Duft der blauen Donau vermissen. Im weiteren Verlauf
des Stückes, wo die einzelnen Persönlichkeiten mehr für sich
hervortraten, hob sich das Niveau merklich. Frl. Neuhoff verlieh
der setimentalen und für den Gegenstand ihrer Liebe oft recht
unbequemen Christine eine schöne Innerlichkeit, die uns an das
tiefe Unglück ihres guten Herzens glauben ließ. Frl. di Ranucci
war eine „fesche" Modistin, ihrem Liebhaber, Hrn. Dysing,
kongenial veranlagt, die beide das Leben nicht ernst nehmen, wie
es das Gegenpaar tut. Denn auch Fritz, der Todeskandidat, läßt
unter der konventionellen Tünche des Leichtsinns einen tiefer ver¬
Wien rConeördlaplatz 4.
Vertretungen
0 in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quelienangabe ohne Gewähr.)
= Ausschnitt aus:

Köinische Zeitung
5.SE8 190,
E vom:
Theater und Musik.
X Köln. Im Schanspielhaus war als Abonnementsvorstellung
am 4. ds. ein Schutzlerabend veranstaltet, der das Schauspiel
Liebelei und den#
theater noch nicht gegebenen, aber
hier doch schon bekannten Einakter Das Abschiedssouper brachte.
Beide Stücke, insbesondere auch die Liebelei, wurzeln so tief in wiene¬
rischer Erde, daß sie nur von echten Wienern und allenfalls von
Münchener Darstellern richtig gegeben werden können. Schon bei letztern
geht etwas von der weichen Melodie des Wienertums verloren und
entstehen schärfere Linien. Bei der hiesigen Besetzung des Stückes hatte
fman leider mit Schwierigkeiten solcher Art zu kämpfen, daß keine echte
Stimmung erzielt wurde. Allerdings traf Berta Neuhof, die offenbar
Süddeutsche ist, nicht nur den Dialekt, sondern auch das sentimental
verliebte Wesen ausgezeichnet, und sie wäre für uns tadellos gewesen,
wenn sie namentlich auch in der Toilette um einen Hauch kleinbürger¬
licher gewesen wäre. Es kam zu viel von der Dame heraus. Dagegen
wurde die Wiener Stimmung vollständig zersprengt durch unsern sonst
so ausgezeichneten Richard Aßmann als Fritz. Es bereitete beinahe
physische Schmerzen zu hören, wie dieser Künstler sich mit dem Dialekt
abquälte, ohne etwas anderes dabei herauszubringen, als eine Mikosch¬
sprache, die mit Wien nicht das geringste zu tun hatte. Dadurch wurde
die ganze Figur unwahr, und man gewann kein Zutrauen zu ihr.
Gustav Turrian spielte den alten Weiring als eine menschlich höchst
sympathische Gestalt, die aber auch nicht recht glaubhaft in der heiklen
Schlußwendung war, weil die wiener'sche Voraussetzung fehlte. Einen
guten Wiener Typus stellte Walter Dysing dagegen als Theodor dar.
Claire Di Ranucci sprach zwar ein gutes Wienerisch, es gelang ihr
aber gar nicht den Charakter der leichtsertigen Mizzi Schlager so
farbenkräftig herauszuheben, daß der vom Dichter gewollte Gegensatz
zu Christine warmes Leben gewann. Dagegen war der kecke Einakter
Das Abschiedssouper ein darstellerisches Meisterstück. Walter
Dysing gab hier einen Wiener Lebemann, der die Nuancen des Wiener¬
tums noch viel seiner herausbrachte als der des ersten Stückes und
Margarete Frey bereitete es eine sichtliche Lust, mit ausgelassenem
Humor in die Eigenart eines kleinen Wiener Mädels bis zur vollen¬
detsten Echtheit jedes Tones unterzutauchen. Der Schluß war etwas
zu possenhaft. Wir haben da eine seinere Wendung gesehen, die darin
besteht, daß Annie, wenn sie zornig abgeht, noch aus einer bereit¬
stehenden Kiste eine Hand voll Zigarren mitnimmt. Das ist weniger
possenhaft und viel witziger.