II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 858

5. Liebele
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sicher in ihren Rollen; Herr Ehrens gab als Theodor
sein Bestes am Schluß, wo er dem Ergriffensein, das
Feuilleton.)
ZAfU7 nicht Wort haben will, in der ganzen Haltung voll¬
endeten Ausdruck verlieh. Der alte Musikus des Hrn.
Danegger ist eine vollendete Leistung in Maske, Ge¬
Theater.
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bärde und Wort. Frl. Winter zeichnete die Frau
Pfauentheater:
Binder durchaus lebenswahr.
„Liebelei“ — „Abschiedssouper“ (6. Okt.).
In fröhlichster, sprudelnder Laune verlief Schnitzlers
T. Der =####e=Abend am Dienstag gelang
geistreicher Einakter „Abschiedssouper“. Frl. Telephon 12.801,
lobenswert. der „Diebelei“ wird, wenn sie auch
Terwin als Annie und die Herren Nowotny und
nur halbwegs gut gespielt wird, immer wieder eine
Ehrens traten hier zu einem glänzend abgerundeten

tiefe Wirkung ausgehen. Eine Figur wie Christine ist
Terzett zusammen.
nur den Wenigsten unter den modernen Dichtern ge¬
lungen; zugleich ist das ganze dramatische Erlebnis
Latssertessnemmtonz-urrernenmen für Zeitungs-Ausschnitte
auf den einfachsten, klarsten Ausdruck gebracht, wie
Wien, I., Concordiaplatz 4.
dies nur einer feinen Künstlerhand glückt, und dabei liegt
über dem Ganzen eine wundervoll einheitliche Stim¬
Vertretungen
mung, deren Lebensechtheit nur am Schluß etwas
in Berlin, Budapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
gestört wird durch das mehr aus dem Hirn als aus
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
dem Herzen bezogene anklagende Räsonnement des tod¬
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
wunden -Mädchens. Frl. Hedwig Jäger spielte die
Christine. Sie hatte sich eines ansehnlichen Beifalls
Ausschnitt aus:
zu erfreuen; wohl am besten gelang ihr der Ver¬
Znalmer TePChTEgtm. Wühren
zweiflungsschmerz des letzten Aktes. Mir ist diese
vom:
Christine zu wenig wienerisch oder positiv: zu nord¬
deutsch; das Süße kommt nicht recht heraus, das weich
Stadttheater in Zuaim. Donnerstag, den
Auschmiegende, das Liebe. Mehr Grunewald als
8. d.: Arthur Schnitzler's Schauspiel Liebelei
Wienerwald. Daß Frl. Jäger den gemütlichen Dialekt
ging vor fast ieerem Hälise zum eesten Male
nur mnemotechnisch beherrscht und ihn sehr gern an
in Szene. Die Handlung des Stückes ist für
das kühle korrekte Hochdeutsch vertauscht, ist charakteri¬
einen den Abend füllenden Dreiakter zu klein;
stisch für ihre Christine. Frl. Terwin fand sich als
Mizzi Schlager ganz anders leicht und behaglich in
der Dialog, der vielfach an Längen und Wieder¬
den Weaner Ton hinein; sie bot eine allerliebste
holungen krankt, um die Zeit zu füllen, ermüdet.
Leistung. Die Herren Nowotny und Ehrens, die beiden
Der Stoff ist kurz gefaßt folgender: Christine,
Liungen Leute“ des Stückes, bewegten sich frei und
die zärtlich geliebte, einzige Tochter eines alten
Theatermusikanten, kernt einen jungen Lebemann
Fritz Lobheimer kennen, an den sie ihr ganzes
Herz hängt und in ihrer kindlichen Unerfahren¬
heit sich einbildet, daß auch er in ihr sein Alles
sieht. Dem Manne aber ist sie nur ein flüchtiger
Zeitvertreib, eine Liebelei, eine von Vielen, wäh¬
rend er ihr die einzige, alles überflutende Liebe
bedeutet. In einem Duell, das Fritz mit dem
Manne von einer seiner Geliebten hat, fällt er
und wird begraben, ehe Christine, der er eine
Reise vorgespiegelt, überhaupt eine Ahnung von
dem wahren Sachverhalte erhält. Wie sie aber
die brutale Tatsache seines Todes und die Ur¬
sache desselben erfährt, flieht sie verzweifelt aus
den Armen des Vaters, der sie vergeblich durch
seine Liebe zu trösten sucht, wahrscheinlich auch
in den Tod. Der Charakter des Fritz ist unklar
und verworren, bei allem Egoismus des Lebe¬
mannes zeigt er auch wieder Züge reichlicher
Sentimentalität, während Christine etwas zu
überspannt hysterisch sich geberdet. Gegen diese
Beiden wirkt erfrischend das andere Paar: die
Modistin Mizzi mit ihrer natürlichen Weltklug¬
heit, die nicht durch Illusionen sich den klaren
Blick ins Leben trüben läßt und Fritzens Freund
Theodor Kaiser, dessen kalter Egoismus nicht in
Gefühlsduseleien sich verschleiert. Auch der
Vater Christinens ist ein mehr in Gefühlen
schwelgender als kräftig handelnder Charakter.
Gespielt wurde gut, obwohl stellenweise die
Souffleuse es nötig hatte, einzugreifen. Beson¬
ders Frl. Plaaß, Christine, war sehr brav,
in den Affektszenen des 3. Aktes voll dramati¬
scher Kraft. Frisch und natürlich gab Frl.
Lissa die Mizzi. Die Herren Rotter, Wal¬
ter und Pankl, sowie Frau Maschek sind
jedenfalls Kräfte, die im Laufe der Saison noch
viele gelungene Gestalten auf die Bühne stellen
werden, besonders wenn erst durch längeres
Zusammenspielen die Eigenheiten des Einen und
Anderen sich abgeschliffen haben. Der Wieder¬
holung des immerhin interessanten Stückes möch¬
#ten wir einen besseren Besuch herzlich wünschen.