II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 920

sorglosen Liebeslebens, die Vorahnung des tragischen
Fatums. Diesen poesievollen Gehalt zu konzentrieren
5. Liebelei
die Realistik der äußeren textlichen Form mit dem
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Wesen der Melodik in harmonischem Einklang zu
bringen, das ist die Aufgabe, die der Komponist mit
Glück zu erfüllen strebte. Zunächst ist ein Dialog
einiges von allzu banalen Sprechwendungen ausgemerzt
worden. Allerdings, er konnte damit das Stück
Inatürlich nicht von der Alltagswelt losgelöst werden,
und an die musikalische Illustrierung von Texten wie
„Du, Fritz, wer war die Dame im schwarzen Samt¬
kleid?“ oder „Wo ist der Propfenzieher?“ oder „Sagen
Sie, liebe Christine, haben Sie kein Zündholz?“ wird
Telephen 12.301.
man sich schon gewöhnen müssen, obzwar sie im An¬
fang grotesk erscheinen mögen. Es ist leichter, un¬
aufdringlicher Recitativstil, der da vorherrscht, bis
sich die Sprache zu schwungreicherer Wortbildung
„UDSERVER
emporhebt. Hier geht die Singstimme zu edler
I. Oeterr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Aueechaltte
Melodik über, einer Melodik, frisch und
ansprechend erfunden und
von warmem
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Timbre. So ist den Sängern wenigstens, trotz der
Vertretungen
modernen Fassung des Ganzen eine Aufgabe gestellt,
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christlasla,
wie sie sie bisher in Werken dieses Genres nicht ge¬
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Malland, Minneapolis,
funden haben, und der sie sich um so lieber unterziehen
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petens¬
werden, als trotz der dominierenden blühenden
burg, Toronto.
Orchestersprache die Singstimme kaum oder wenigstens
(Osellenangabe ohse Dewter).
nur selten instrumental übertönt wird. Es war
Einer am
Werk,
der sein Orchester mit
20. Stt. 1910
Ausschnitt aus:
Souveränität beherrscht und doch nirgends zu Ueber¬
ladungen neigt. Kein hastiges nervöses Modulieren,
keine fortwährenden Qumtensprünge und Dissonanzen¬
u. Vom:
spielerei, wie bei Puccini! Es waltet durchweg die
gleiche Freude an klangschönen Harmonieen. Die
en
+ „Liebelei“ als Oper. Im Frankfurter Opernhause hatte
humorvolle, genußfrohe Stimmung des ersten Aktes
die dreiaktige Oper „Liebelei“ von Franz Neumann, dem
ist hübsch getroffen. Da ist das reizende „Grazioso“,
Kapellmeister der Frankfurter Oper, einen schönen Erfolg. Ge¬
das mit dem Auftreten der Mizzi einsetzt, die lustige
schickt, wenn auch nicht gerade selbständig in der Erfindung, hat
Charakteristik von Theodors Uebermutslaune, der
Neumann Arthurs Schnitzlers gleichnamiges Schauspiel vertont.
frische Xylophon=Souperwalzer. Ein kleines
ge¬
Die Aufführung unter der Regie des Intendanten Jensen war
schlossenes Melodieenstück wird eingeschaltet, eine
vortrefflich. Der Komponist sowie Arthur Schnitzler wurden am
schlichte Volksweise aus dem Lochheimer Liederbuch,
Schluß stürmisch gerusen.
die
*
Christine am Klavier singt: „All mein
W
Gedanken, die ich hab..
eine Weise,
die mit ihrer rührenden Junigkeit zu dem Wesen der
Figur Christinens und in die Stimmung aufs Wirk¬
samste paßt. Dann der packende Kontrast des Auf¬
tretens des Ehegatten, der leise verklingende Abschied
mit seinem fernen „Gutenacht". Das ist alles über¬
aus fein und eindrucksvoll gelungen. Die poesie¬
atmenden, blühenden Lyrismen des zweiten Aktes, die
ergötzliche Schilderung der Geschwätzigkeit des alten
Wiener Weibes, zeigen die hervorragende Begabung
Neumanns als Instrumentalkünstler.
Telephen 12.891.
Dem dritten Alt geht ein längeres symphonisches!
Vorspiel voraus, das aus den Hauptmotiven der
Oper allerdings mehr mosaikartig als plastisch einen
Trauermauch auf den Tod des im Duell gefallenen
„UDSERVER
Helden=in sehr wirksamer Weise entwickelt. Die musi¬
I. Eeterr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitange-Ausschaltte
kalische Steigerung hat im dritten Akt ihren Hö#¬
Wien, I., Conoordiaplats 4.
Punkt schon etwas überschritten, doch findet hier
tragische Ton seinen starken Ausdruck. Noch etwa¬
Vortretungen
was mit Genugtnung hervorgehoben werden muß.
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Chrtstiania,
Wer sich vorbereitet hat, den üblichen und entschuld¬
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Malland, Minneapolts,
baren Kennzeichen von Kapellmeistermusik zu begegnen,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockbeim, St. Petere¬
wird angenehm enttäuscht sein, nirgends die Gedachtnis¬
burg, Torosto.

spuren des Operndirigenten hervortreten zu sehen.
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Man fühlt einen Künstler, der viel Eigenes zu
sagen hat.
Ausschnitt 5#:
erer Börsen Coi
Die Oper ist heute mit außerordentlichem
Erfolg heute Abend aus der Taufe gehoben worden.
N##. 1519 Mergensungabe
[Dr. Rottenberg als Dirigent und Intendant
Vom:
sen als Regisseur hatten sich ihrer mit besonderer
Liebe angenommen. Das gleiche gilt von der Dar¬
stellung. Fräulein Sellin's Christine hatte es
vor den Kulissen.
nicht leicht, aus dem Schatten hervorzutreten, der ge¬
Aus Frankfurt a. M., 18. d., wird uns ge¬
spenstisch hinter ihr stand,
der Gestalt Irene!
schrleben: Der selige Hanslick hats eigentlich voraus¬
Triesch's, die die Rolle hier im Schauspiel
gefehen. Damals, als er sich anläßlich der Erst¬
kreierte. Es hieß der Opernfiaur Leben und Blut zu
affführung von Puccinis „Bohéme“ in Wien halb
geben, und es ist wirklich ein Wesen daraus geworden
geharnischt und halb resigniert gegen die Konsequenz
von schlichten natürlichen Zügen und tiefer Empfindung
Des nunmehr auch in die Oper eingedrungenen nackten
und hinreißender Darstellung. Auch der zarte
Realismus zur Wehr setzte. Damäls meinte er
einschmeichelnden Sopran der jungen Künstlerin erhob
prophezeihend, daß wir nicht sonderlich erstaunen
die Leistung zu vollkommener starker Wirkung.
werden, eines Tages die „Erziehung zur Ehe“ von] Gentners Fritz Lobheimer, darstellerisch voller Weiche,
Hartleben und ähnliche modernste Stücke „unver= voller Temperament und Wärme ward dem ziemlich!
ändert unter Musik gesetzt zu sehen“. Nun haben
hoch liegenden Gesangspart mit glanzvoller Stimm¬
die
wir wirklich
moderne Konversationsoper, sentsaltung gerecht. Hervorragend in Spiel und
Arthur
Schnitzlers „Liebelei", in fast Gesang waren Walter Schneider als Weyring,
ext,
unveränd
mit musikalischer[Breitenfeld als Theodor und Fräulein Do¬
Grundierung
und Untermalung alltäglicherfninger als Mizzi. Vom ersten Akt ab wurde der
Redeweise. Einen Schritt vorwärts auf dem Wege des Komponist schon sturmisch gerufen, zuletzt mit Inten¬
italienischen Veristen Puccini und des französischen dant Jensen, Dr. Rottenberg und den Sängern.
Sinfonikers Charpentier und auch einen Schritt Lorbeerkrünze gabs in Fülle, Orchestertusch und eine Be¬
zurück, zurück zur absoluten Musik, ein Abschwenken geisterung, die sich zu lokalpatriotischer Extase auswuchs.
ins Lager der formschönen Melodik. Ein Experiment; Das Werk, von dessen neuem Gewand der anwesende
hat Franz Neumann, der Kapellmeister der Dichter entzückt scheint, ist bereits in Aachen, Kiel!
Frankfurter Oper, hier gewagt, einen neuen eigen= und Leipzig zur Aufführung angenommen. Am
artigen Versuch, ein Unternehmen, an dessen Resultat Leipziger Konservatorium hat Franz Neumann, der