II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 923

Liebelei
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Kleines Feuilleton. 10/0
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Frankfurter Cheater.
Aus Frankfurt a. M. schreibt man uns unter dem
18. d. Mts.:
b. Die dreiaktige Oper. „Liebelei“ vom Kapellmeister
Franz Neumann (Frankfurtf hatte bei ihrer heutigen Ur¬
mOpernhause einen vollen Erfolg. In anbe¬
aufführuf
nstundes, daß die Oper das erste größere Werk des
trackt
## muß man konstatieren, daß sich hier ein großes
Kom
Können offenbart. Es ist keine leichte Aufgabe, das
kür
Schauspiel in Musik zu setzen, ohne ihm durch diese
S
künstlerisch zu schaden. Arthur Schnitzler darf
P
tisten zufrieden sein. Es ist geradezu erstaunlich,
n
cksichtnahme und Feinheit Neumann dem Dichter
m
er den Grundton der tragischen Liebelei in Noten
ge
dußte und so die Einheitlichkeit auch in seiner Oper
fes
Alleenderungen und Kürzungen sind mit Geschick
wah
durchgeführt worden. Das Erfreulichste ist aber wohl, daß Neu¬
mann über einen Erfindungsreichtum verfügt, der ihn geradezu
zum Opern=Komponisten prädestiniert. Auch in technischer Hin¬
sicht zeigt sich Herr Neumann schon als Meister. Die „Liebelei“
ist die Oper eines Kapellmeisters, aber keine Kapellmeisteroper,
unter der man im allgemeinen eine tüchtige, durchaus korrekte,
st versteht. Wie schwer ist es zum
aber nicht befriedigende
Beispiel, den flotten Dialog, der ganz Nebensächliches enthält,
in einen musikalischen Fluß zu bringen. Um nur gleich den Be¬
ginn der ersten Szene anzuführen: „Also es war niemand da? —
Nein, gnädiger Herr. — Den Wagen könnten wir eigentlich weg¬
Natürlich.“ — Anfangs muteten diese musikalischen
schicken? —
Gespräche etwas eigenartig an, sie geraten auch leicht ins Mono¬
tone, weil es geradezu unmöglich ist, stets hierfür Abwechslung
zu bringen. Doch das sind Bedenken, die dem Ganzen nicht im
mindesten Eintrag tun können. Die lyrischen Partien sind präch¬
tig geraten. Ein Melodienreichtum, wie er selten anzutreffen ist,
durchzieht alle drei Akte und erinnert lebhaft an Puccini. Zu den
schönsten Abschnitten und musikalisch am wertvollsten müssen wir
das lustige Abendessen, das Liebesgeständnis Christinens im
ersten, den Abschied Fritzens von der Geliebten und den tragischen
Schluß rechnen. Dem Orchesterpart hat der Komponist begreif¬
licherweise die größte Aufgabe gestellt. Die Instrumentation ist
in allen Teilen geschmackvoll und modern, ohne in das Ueber¬
moderne zu verfallen. Mit Vorliebe werden Harfenglissandis
nt
A
verwendet, wie überhaupt das Weiche, Sentimentale und Süßz
liche, ganz im Sinne der Dichtung, vorherrscht. Das Vorspiel
zum zweiten und dritten Akt verrät ein bedeutendes Können und
der dramatische Abschluß der Liebelei erhebt sich auch im musikali¬
schen Teil zu imposanter Größe. Alles in allem: ein sehr er¬
freuliches Werk, das sicher seinen Weg über die Bühnen machen

wird. Große Anforderungen werden an die Darsteller
und es ist erfreulich, feststellen zu können, daß die Auf

für die Frankfurter Oper eine glänzende Tat bedeutete. Intent
ensen hatte die Oper mit Geschmack inszeniert und entzückende
Bühnenbilder gestellt, die einen trefflichen Einblick in die gemüt¬
lich anheimelnden Stuben der Wiener Kleinbürger gewährten.
Frl. Sellin entledigte sich der schwierigsten Partie, der
Christine mit Einsetzung ihrer ganzen so sympathischen Künstler¬
schaft. Herr Gentner schuf als Fritz Lobheimer eine prächtige
Leistung. Sein Tenor wurde den hohen Anforderungen, die an
die Stimme gestellt werden, durchaus gerecht. Als lustiger Freund
Theodor überraschte Herr Breitenfeld durch seine Vielseitig¬
k und musikalische Sicherheit. Herr Schneider darf die
R.Ue des Vaters Christinens zu seinen besten zählen. In den
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Doninger
Frl.
boten
Partien
kleineren
Wellig
Frau
Madel und
Weaner
fesches
als geschwätzig=neugierige Frau Binder — im Orchester „arbei¬
tet“ eine Ratsche, wenn sie spricht — sehr Erfreuliches.
konnte der große Erfolg nicht ausbleiben. Nach den Aktschlüssen
wurden der Komponist, die Darsteller, Intendint und Dirigent
(Rottenberg) vielmals gerufen. Zum Schluß mußte auch Arthur
Schnitzler, den man in einer Loge entdeckt hatte, den Hervorrufen
Folge leisten. Auch Lorbeerkränze wurden dem beliebten Kapell¬
meister und erfolgreichen Komponisten in großer Zahl gespendet.
Mögen sie ein gutes Omen sein für das fernere Schaffen auf
dem Gebiete der modernen Oper.
Leipziger Cheater.
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