II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 939

5. Liebelei box 11/5
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No. 39. 28. September 10.
SIGNALE

wäre. Wer das Schauspiel kennt, wird kaum begreifen, wie der erste Akt mit
seinen kurzen Dialogfetzen musikalisch eingekleidet werden konnte. Das war
auch sicher keine leichte Arbeit und selbst der Kanst Neumanns ist es nicht
irmer gelungen, den leichten Ton zu treffen. Die Musik beschwert diesen
flüssigen Dialog oft unnötig, gibt den harmlosesten Dingen eine unnötige Ge¬
wichtigkeit und bringt dortsein Pathos hinein, wo man kaum eins erwartet.
Wenn dann Worte wie „Pfropfenzieher“ oder „Konversationslexikon“, oder
„Moccacremetorte“ mit Gefühl und Würde gesungen werden, so gibt das dem
ästhetischen Empfinden doch immerhin einen Stoss, der nicht so schnell über¬
wunden wird. Auch ironischen Bemerkungen wird durch die Vertonung oft die
Spitze abgebrochen. Es klingt nicht mehr witzig, sondern unangehm ernüchternd,
wenn der ach so lange und schöne Kuss der Liebenden von einem dritten durch
die Frage nach einem — Zündholz so jäh abgebrochen wird. Doch das sind
Ausstellungen allgemeiner Natur, die besonders dem ersten Akte gelten. In den
beiden Schlussakten kommen die lyrischen Partien stärker zur Geltung und sind
in ihren Stimmungen richtig eingefangen worden. Neumann ist vor allen Dingen
ein Meister der Instrumentation. Das Orchester klingt sehr schön und bringt
immer neue Reize, ohne die Reizungen der Hypermodernen zu verwenden. Melodie
ist Trumpf, alles singt und klingt, und wäre die Harmonisierung nicht so gewählt,
so würden bisweilen die musikalischen Gedanken sentimal anmuten. So aber
klingt alles vornehm und hochanständig, Puccini gibt den Grundton an. Von
Reminiszenzen ist das Werk vollständig frei, sodass es falsch wäre, von Kapell¬
meistermusik zu reden. Da den Sängern dankbare, wenn auch schwierige
Aufgaben zuerteilt sind, und die Aufführung der Oper nur einen kleinen Apparat
(zwei Zimmer, keinen Chor, wenig Personal) erfordert, so dürfte das neue Werk
für ziele Bühnen bald praktische Bedeutung erlangen. Die Aufführung war vor¬
züglich, Dr. Rottenberg dirigierte für seinen Kollegen Neumann, Intendant
Jensen hütete die Regie. Frl. Sellin war als Christine unübertrefflich, Herr
Gentner als Fritz äusserst passend. Auch Arthur Schnitzler war anwesend
und musste sich neben dem Komponisten die Huldigungen der Menge gefallen lassen.
Dieser aber wurde gefeiert, wie hier lange kein einheimischer Künstler gefeiert
worden ist. Und wenn Neumann den Lorbeerkranz betrachtet, auf dessen
Schleife ihm die boshaften Kellegen geschrieben hatten „Unserm lieben Franzl
zu seiner ersten Liebelei“, so wird er sich gern des Tages erinnern, an dem
er den Lohn für jahrelange, wenig anerkannte Arbeit gefunden.
Hugo Schlemüller.
Kleinere Mitteilungen von hier und dort.
„Vor dem Hunde wird gewarnt“ liest man am Eingang einer Villa
im schönen Garmisch. Der Besitzer der Villa, Richard Strauss, verteidigt
sich also gegen Eindringlinge, die den Frieden seines Heims stören könnten,
durch Hundebisse. Stören ihm aber die bösen Zeitungen gar die Kreise seiner Ver¬
träge mit den Bühnenvorständen, dann verstcht er es selbst, umsichzubeissen.
Und dabei wird ihm alles, der Angriff wie die Verteidigung, zur Reklame, für
das erst zu erwartende Werk! Wahrhaftig, so berühmt wie der „Rosenkavalier“.
mit Hilfe der dienstwilligen Zeitungen schon vor der Aufführung geworden ist,
kann er nach der Aufführung kaum bleiben, selbst wenn er ein unerhörtes
Ret#gesitorisches Unikum wäre. Aber wenn Richard Strauss in seinem Manifest,