II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1008

5. Liebelei
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Ausschnitt aus:
zem . terstsbürger Tostung, Bor
Die Aufführung war, wie schon gesagt, wieder einmal eine
glänzende. Sie weckt von neuem den schmerzlichen Gedanken,
daß wir die „Komische Oper“ in absehbarer Zeit nicht mehr
Komische Oper.
haben werden. Meisterhaft als Sänger wie als Darsteller, löste
Zum 1. Male „Liebelei“. Oper in drei Akten von
[Jean Nadolovitch in vornehmster Reserve seine Aufgabe
Franz Neumann. Dichtung von Arthur Schnitzler.
Die Beifallsstürme, die am Freitag abend nach allen drei in der Partie des Fritz. Nicht weniger gut war Richard
Aktschlüssen das bis auf den letzten Platz besetzte Haus durch=[Wissial als Theodor. Ganz der leichtfertige, oberflächliche
brausten, sie galten wohl in der Hauptsache dem unverwüst= Lebejüngling, der lustige, erheiternde Gesellschafter. Dem erst
lichen Text der Oper, den sich der Komponist — ein Librettist im letzten Akt angesichts der Verzweiflung der Christine die
ist nicht genannt — im engsten Anschluß an den Wortlaut, aus Ahnung aufdämmert, daß es auch einen Ernst des Lebens gibt.
dem Schnitzlerschen Original geformt hat. Und dann nicht Entzückend lieb, ein süßes Mädel war Susanne Bachrich
weniger der vortrefflichen. stimmungsvoll in sich abgerundetens als Mizzi. Maria Labia gab die Christine mit Wärme
und Temperament. Zu größerer, gewichtigerer Geste zwang sie
Aufführung, welche vom Direktor Hans Gregor inszeniert,
vom Kapellmeister E. N. von Reznicet geleitet wurde. der Komponist. Stimmlich schien nur die vortreffliche Sänge¬
rin nicht ganz auf gewohnter Höhe. Desider Zador gab
seinen Vater Musikanten, wie etwa den alten Miller aus „Ka¬
Franz Neumann, der Komponist, z. Z. Kapellmeister am
Stadttheater zu Frankfurt a. M., hätte sich kaum ein besseres
Tertbuch wählen können; allerdings mußte man sich zunächst bals und Liebe“. Für die zum Klatsch bereite Frau Binder
mit der Tatsache abfinden, daß ein solcher Text uberhaupt in sand Emma Seebold Ton und Haltung. Ein Herr war
Musik gesetzt wird. Die größte Schwierigkeit bereitete wohl[ Kail Armster. Er war es mit Würde und Anstand. Die
der erste Akt mit seinen breit ausgesponnenen Dialogszenen. Daj Regie Direktor Gregors, die Ausstattung waren wie immer
galt es, für Banalitäten, für Trivialitäten, für hohle, leerei vorbildlich. Ein Wort wärmster Anerkennung sei dem Orche¬
ster und seinem feinsinnigen Leiter Kapellmeister Rezuicek
—S.
Phrasen geeigneten musikalischen Ausdruck zu finden, und hier
ausgesprochen.
versagte der Komponist naheliegenderweise häufig. So häufig,
daß er in seiner Verlegenheit mitunter ganze Sätze im Sprech¬
ton erledigte. Oft wirkte er sogar unfreiwillig komisch. Immer¬
hin, die packende Realistik des Textes deckte manche musika¬
lische Schwäche. Der zweite und dritte Akt gab ihm Gelegen¬
heit, musikalisch breiter zu werden, hier tat er in einer ge¬
wissen Redseligkeit dann zu viel. Es entstanden Längen, die
ermüdeten. Seine durchaus in modernem Stil gehaltene Musik
umfaßt ungefähr, wenn ich so sagen darf, den Zeitraum von
Verdi bis Puccini. mit einem gelegentlichen Einschlag ins
Musikdrama. Meist wird man wohl an die beiden Komponi¬
sten der „Bohème“ erinnert. Wird Neumann dramatisch, so
geht er. B. in bezug auf die Partitur der Christine weit über
den Rahmen seiner Aufgabe hinaus. Der Vertreterin der
Rolle, Maria Labia, blieb gar nichts anderes übrig, als
dem Komponisten zu folgen. Das kleine, süße Mädel wuchs zur
tragischen Heldin aus. Das darf nicht sein. Weit nettere, leich¬
tere Akzente fand er für die musikalisch recht frisch angelegte
Partie der Mizzi, Susanne Bachrich. In der Erfindun
ist Neumann nicht gerade originell, dafür instrumentiert er
gewandt, frisch, farbig und effektvoll. Zwei längere Zwischen¬
spiele, besonders das vor dem dritten Akt, beginnen vielver¬
sprechend, aber auch hier benutzt der Komponist die Gelegen¬
heit, sid in breiter Kantilene zu ergehen, nicht. Man wird,
trotz der wirkungsvollen Textbuches bei seiner Musik nicht recht
warm.