iebelei
5. Luaun
box 12/1
Wreegen
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Gent, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petere¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Dewähr).
Ausschnitt aus:
vom:
G
Berliner Opern-Premieren.
IE Berlincf Opern-Saison ist-bisher an bedeutenden
Premieren nicht reich gewesen. Wenn nicht dlie Königl.
*Oper nöch eine Aufführung von E. Humperdincks
Königskinder“ gebracht häfte, dann wäre überhaupt wenig
Erfreuliches zu berichten. Huinperdincks Märchenoper hatte
einen großen äußeren Erfolg. Man freute sich, daß im Re¬
pertoire dieser Bühne wieder'einmal ein deutscher Name auf¬
tauchte, und daß das Werk des überall geschätzten Kom¬
ponisten von „Hänsel und Gretel“ am Königl. Theater in
Szene gehen konnte. Die Aufführung mit Artöt de Padilia
und Herrn Kirchhof in den Hauptrollen war glänzend.
Man konnte an der Inszenierung seine Freude haben, wenn
auch die Schwierigkeiten, die das Märchen mit seinen Gänsen
und Tauben und mit der wunderkräftigen Lilie bietet, nicht
immer, glücklich gelöst waren. Humperdinck hat mit der
Oper auf eine ältere Partitur zurückgegriffen. Er übernahm
viele Stücke aus der melodramatischen Musik, die er zu Ros¬
mers Dichtung schon vor mehreren Jahren geschrieben hatte.
Nur der Dialog wurde durchkomponiert und der erste und
zweite Akt an mehreren Stellen umgearbeitet. Auch das
Ersetzen der melodramatischen Partien durch geschlossene
mnusikalische Formen ist dem Werk zustatten gekommen. Der
Erfolg einer Märchenoper beruht auf der musikalischen Kraft
dles Komponisten. Der Tegt kommt bei dieser Operngattung
erst in zweiter Reihe in Frage. Und so konnte man auch über
die Dichtung Rosmers hinwegsehen, die poetisch schwach und
dramiatisch etwas ungeschickt entworfen ist. Humperdincks
Musik ist technisch geradezu glänzend geschrieben. Sein
Orchester klingt wundervoll, die leitmotivischen Gedanken
sind fein verwertet und melodisch birgt die Oper ganz ent¬
zückende Stellen. Ich nenne da das Liebesduett und das
Gebet im ersten Akt, im zweiten den, „Ringelreihen“ und im
Schluß das Duett der Königskinder. Die reizvollen Kinder¬
liedehen und die meisterlich gearbeiteten geschlossenen Gesänge
machen auf den Musiker einen so großen Eindruck, daß man
dlie Schwächen und Längen der Musik im ersten und dritten
Akt willig mit in den Kauf nimmt. Hauptstücke der Oper
sind auch die Orchestervorspiele, Stimmungsbilder von tief¬
gehender Wirkungskraft. Die Oper wird im Repertoire wohl
heimnisch werden.
Die weiteren Novitäten, über die noch zu berichten wäre.
brachte die Komische Oper heraus. Diese Bühne ist auf neue
Werke angewiesen, denn „Tiefland“ und „Hoffmanns Er¬
zählungen“ sind schon zu oft gespielt worden und neben „Tosca“
und der neueinstudierten „Bohème“ Puccinis gibt es nicht
allzuviel Stücke, die den Spielplan bereichern könnten. Di¬
rektor Gregor begann daher die Saison mit dem „Abbé Mouret“s
von Dr. Mar v. Oberleithner. Die Einstudierung dieser Oper
war ein böser Fehlgriff. Das Buch, das Adalbert v. Goldschmidtg
aus Zolas Roman „Die Sünde des Priesters“ zusammengestellt
hat, ist kaum mehr als ein unmotiviertes Aneinanderflickent
drann tischer Begebenheiten. Ein mit Trivialitäten durch-
setzter Text, der die Geschichte von dem Geistlichen, ders
durch die Liebe zur Sünde getrieben wird, sehr dürftig nach¬
erzählt. Um die Musik steht’s bei der Oper noch schlimmer. F
Bekannte Phrasen und Theinen, die an Wagner erinnern,
schleppen sich mühsam durch das Werk. Ein Hin- und Her-)
musizieren ohne feste Grundlagen und ohne eine Spur von
Originalität. Am schlimmsten klingen die langen Orchester¬
zwischenspiele, in denen Oberleithner ohne Ziel und Kraft
kontrapunktiert. — Nicht viel besser war der Eindruck, den
Schiitzlers „Liebelei“ mit der Musik von Franz Neumann
machte. Das Experiment, den bekannten Dreiakter Schnitz¬
lers ohne Aenderungen durchzukomponieren, ist völlig mi߬
lungen. Neumanns Musik wurde eine Illustration, ein end¬
loses Rezitativ, das auf die Dauer beinahe peinlich wirkt.
Ein verwässerter Puccini. Die wenigen Partien, in de ien die
Musik einen größeren Anlauf nimmt, klingen einfach erostlos.
Die Aufführung war aber gut vorbereitet und rettere noch
das Wenige, was die Musik nicht verderben konnte. Maria
Zabia schuf als Christine eine sehr wirksame Bühnenfigur
und die übrigen Darsteller fügten sich gut in den Rahmen
der Aufführung.
Die dritte Premiere der Komischen Oper „Das vergessene
Ich“ von Waldemar Wendland hatte bei weitem den größten
Erfolg. Zu der hübschen Geschichte von Richard Schott, die
von dem Bildschnitzer Rümelin erzählt, der sich einreden läßt,
er sei der Komponist Schmitz und der dann in dieser Rolle
allerlei Dummheiten macht, zu dieser lustigen Idee hat Wend¬
land eine ansprechende melodiöse Musik geschrieben. Seine
Instrumientation bringt manche humoristische Wendung und
seine Musik trifft den liedmäßigen Ton ebensogut wie die
launigen Weisen. Nur klingt seine Tonsprache nicht immer
sehr gewählt. Operettenmusik wechselt mitunter mit ver¬
en Gemeinblätzen. Aber trotzdem zeigt sich in der
5. Luaun
box 12/1
Wreegen
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Gent, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petere¬
burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Dewähr).
Ausschnitt aus:
vom:
G
Berliner Opern-Premieren.
IE Berlincf Opern-Saison ist-bisher an bedeutenden
Premieren nicht reich gewesen. Wenn nicht dlie Königl.
*Oper nöch eine Aufführung von E. Humperdincks
Königskinder“ gebracht häfte, dann wäre überhaupt wenig
Erfreuliches zu berichten. Huinperdincks Märchenoper hatte
einen großen äußeren Erfolg. Man freute sich, daß im Re¬
pertoire dieser Bühne wieder'einmal ein deutscher Name auf¬
tauchte, und daß das Werk des überall geschätzten Kom¬
ponisten von „Hänsel und Gretel“ am Königl. Theater in
Szene gehen konnte. Die Aufführung mit Artöt de Padilia
und Herrn Kirchhof in den Hauptrollen war glänzend.
Man konnte an der Inszenierung seine Freude haben, wenn
auch die Schwierigkeiten, die das Märchen mit seinen Gänsen
und Tauben und mit der wunderkräftigen Lilie bietet, nicht
immer, glücklich gelöst waren. Humperdinck hat mit der
Oper auf eine ältere Partitur zurückgegriffen. Er übernahm
viele Stücke aus der melodramatischen Musik, die er zu Ros¬
mers Dichtung schon vor mehreren Jahren geschrieben hatte.
Nur der Dialog wurde durchkomponiert und der erste und
zweite Akt an mehreren Stellen umgearbeitet. Auch das
Ersetzen der melodramatischen Partien durch geschlossene
mnusikalische Formen ist dem Werk zustatten gekommen. Der
Erfolg einer Märchenoper beruht auf der musikalischen Kraft
dles Komponisten. Der Tegt kommt bei dieser Operngattung
erst in zweiter Reihe in Frage. Und so konnte man auch über
die Dichtung Rosmers hinwegsehen, die poetisch schwach und
dramiatisch etwas ungeschickt entworfen ist. Humperdincks
Musik ist technisch geradezu glänzend geschrieben. Sein
Orchester klingt wundervoll, die leitmotivischen Gedanken
sind fein verwertet und melodisch birgt die Oper ganz ent¬
zückende Stellen. Ich nenne da das Liebesduett und das
Gebet im ersten Akt, im zweiten den, „Ringelreihen“ und im
Schluß das Duett der Königskinder. Die reizvollen Kinder¬
liedehen und die meisterlich gearbeiteten geschlossenen Gesänge
machen auf den Musiker einen so großen Eindruck, daß man
dlie Schwächen und Längen der Musik im ersten und dritten
Akt willig mit in den Kauf nimmt. Hauptstücke der Oper
sind auch die Orchestervorspiele, Stimmungsbilder von tief¬
gehender Wirkungskraft. Die Oper wird im Repertoire wohl
heimnisch werden.
Die weiteren Novitäten, über die noch zu berichten wäre.
brachte die Komische Oper heraus. Diese Bühne ist auf neue
Werke angewiesen, denn „Tiefland“ und „Hoffmanns Er¬
zählungen“ sind schon zu oft gespielt worden und neben „Tosca“
und der neueinstudierten „Bohème“ Puccinis gibt es nicht
allzuviel Stücke, die den Spielplan bereichern könnten. Di¬
rektor Gregor begann daher die Saison mit dem „Abbé Mouret“s
von Dr. Mar v. Oberleithner. Die Einstudierung dieser Oper
war ein böser Fehlgriff. Das Buch, das Adalbert v. Goldschmidtg
aus Zolas Roman „Die Sünde des Priesters“ zusammengestellt
hat, ist kaum mehr als ein unmotiviertes Aneinanderflickent
drann tischer Begebenheiten. Ein mit Trivialitäten durch-
setzter Text, der die Geschichte von dem Geistlichen, ders
durch die Liebe zur Sünde getrieben wird, sehr dürftig nach¬
erzählt. Um die Musik steht’s bei der Oper noch schlimmer. F
Bekannte Phrasen und Theinen, die an Wagner erinnern,
schleppen sich mühsam durch das Werk. Ein Hin- und Her-)
musizieren ohne feste Grundlagen und ohne eine Spur von
Originalität. Am schlimmsten klingen die langen Orchester¬
zwischenspiele, in denen Oberleithner ohne Ziel und Kraft
kontrapunktiert. — Nicht viel besser war der Eindruck, den
Schiitzlers „Liebelei“ mit der Musik von Franz Neumann
machte. Das Experiment, den bekannten Dreiakter Schnitz¬
lers ohne Aenderungen durchzukomponieren, ist völlig mi߬
lungen. Neumanns Musik wurde eine Illustration, ein end¬
loses Rezitativ, das auf die Dauer beinahe peinlich wirkt.
Ein verwässerter Puccini. Die wenigen Partien, in de ien die
Musik einen größeren Anlauf nimmt, klingen einfach erostlos.
Die Aufführung war aber gut vorbereitet und rettere noch
das Wenige, was die Musik nicht verderben konnte. Maria
Zabia schuf als Christine eine sehr wirksame Bühnenfigur
und die übrigen Darsteller fügten sich gut in den Rahmen
der Aufführung.
Die dritte Premiere der Komischen Oper „Das vergessene
Ich“ von Waldemar Wendland hatte bei weitem den größten
Erfolg. Zu der hübschen Geschichte von Richard Schott, die
von dem Bildschnitzer Rümelin erzählt, der sich einreden läßt,
er sei der Komponist Schmitz und der dann in dieser Rolle
allerlei Dummheiten macht, zu dieser lustigen Idee hat Wend¬
land eine ansprechende melodiöse Musik geschrieben. Seine
Instrumientation bringt manche humoristische Wendung und
seine Musik trifft den liedmäßigen Ton ebensogut wie die
launigen Weisen. Nur klingt seine Tonsprache nicht immer
sehr gewählt. Operettenmusik wechselt mitunter mit ver¬
en Gemeinblätzen. Aber trotzdem zeigt sich in der