II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1081

Liebele
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Ausschnitt aus
Dato aus dem Riesengebirge, Hirschberg i. Schius.
3 1. DEL. sOff
Kunst und Wissenschaft.
D. Stadttheater. Schnitzlers „Liebelei“ wurde am Freite
gegeben vor leider wieder schlecht besetztem Hause. Ein so ausgezelch
netes Stück sollte besser vom Bublikum gewürdigt werden. Es i
wirklich ein tabelloses Theaterstück von feinster technischer Durch¬
arbeitung und lückenloser Psychologie. Und welche Tragik! — dabei
ohne alle Aufdringlichkeit und großem Apparat. Es ist so selbstver¬
ständlich, daß ein fescher junger Mann mit viel Geld ein Verhältnis
hat mit einem lieben armen Mädel. Besonders in Wien ist das selbst¬
verständlich, ebenso, daß er vorher oder nebenbei ein Verhältnis mit
einer verheirateten Frau hat. Und als deren Gatte ihn niederschießt,
ist das Glück des armen Mädels, das an ihren Fritz so fest geglaubt
hat, auch dahin und sie geht ins Wasser. Wie kommt der Mann dazu,
mit dem Herzen eines solchen weiblichen Wesens, das viel mehr wert
ist als er selbst, zu spielen! Weil der Fritz es mit der Christine gar
icht ernst meint, weil er ganz genau weiß, daß er sie in gar nicht so
inger Zeit wieder sitzen lassen wird, deshalb wird er über den
aufen geschossen, — nicht nach der Logik der Handlung, sondern
ach dem Richterspruch des Dichters. Der Rächer seiner Ehre rächt
uch die arme Christine. Daß sie dabei auch zu Grunde geht, ist nun
inmal der Lauf der Welt. Eine Liebelei ist nichts Geringes, es kann
ine furchtbar ernste Sache sein, meint Schnitzler. Niemand spielt
angestraft mit dem Herzen eines Mitmenschen.
Der Gast Frl. Spielmann als Christine war im Anfang
wenig interessant, aber sie wuchs im zweiten Akt und erschütternd war
sie im dritten. Selten sieht man auf der Bühne einen so wahr
empfundenen Seelenschmerz eines tief getäuschten Weibes. Störend
war nur das fortwährende Spiel mit der Frifur. Frl. Hofer war
esmal nicht echt genug, die Rolle konnte beffer durchstudiert sein.
Gut waren die Herren Gregory als Fritz und Biller als sein
leichterer Freund Theodor, gut auch der alte Geigenspieler des
Herrn Schröder der übrigens als einziger einen guten Wiener
Dialekt sprach, und ebenso die Strumpfwirkersgattin der Frau
Hinrichs. Auch Herr Eber“ war von guter Wirkung in der
kleinen Rolle des betrogenen Gatten.