II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1180

5. Liebelei
auaL box 12/5
enttäuschungen eine neue, in bestimmtem Sinne vielleicht
sogar entscheidende Enttäuschung fügen. Schnitzler selbst
hat sich um die Kinobearbeitung bemüht, Schnitzler selbst
Szene um Szene durch ein neues, besonderes Manuskript festgelegt.
Ob man indes das Filmstück mit dem Schauspiel vergleicht, ob man
Leinwand und Bühne als zwei eigene Gebiete nimmt, auf deren
jedem anderes gewollt und anders aufgebaut werden muß: das Er¬
gebnis bleibt gleich — das „Kunstwerk“ wird man, da aller Duft,
alle Stimmung der ursprünglichen Dichtung sich verloren, oft selbst ihr
Sinn ins Dunkel gerät, ablehnen müssen. Klar wird wiederum dies
breite grobe Nebeneinander auf das der Film nicht verzichten
kann, klar wiederum die Hilflosigkeit, wenn Psychisches nach einem
Ausdruck auf der Leinwand zu ringen beginnt. Es ist alles getan,
um größte Deutlichkeit der Vorgänge, der Zusammenhänge zu
erwecken. Ein Wort, ein Satz im Schauspiel, die sekundenschnell
ganze Entwicklungen aufzeigen rollen hier ganze Szenenreihen auf,
die just um ihrer bildhaften Geschwätzigkeit ermüden. Im Schauspiel
ist die Frau als körperliche Mitspielerin überflüssig, Christinens
Rivalin hinter den Kulissen, um deren willen das Duell geht.
Film wird sie Figur, der vorgeführte Anlaß der Tragödie, der
führt
dennoch äußerlich bleibt und gleichgültig. Alle Nebensachen
2
der Film in Breite auf: die Vorbereitungen zum Duell, die
1
zum Duell, den Kugelwechsel im Walde — die Annäherun
vollendet wird, da Christine
kolportagenhafte Wirkung, die
unter rührseliger Anteilnahme aller Filmteilnehmer an der Bahre
ihres Geliebten ##sammenbricht. Im Schauspiel ist nicht bloß
der Aufang überflüssig, die umfangreiche Exposition
allerlei hübsche Bildchen im Grunde dennoch Triviaiitäten
bringt; auch die Entwicklung, vor allem das Hereinbrechen der
Katastrophe wirkt durch Knappheit, an der gleichwohl nichts fehlt,
und gar unsichtbar bleibt, was in
zehnfach unmittelbarer. Gauz
Christine bei der Todesnachricht vorgeht, die im Schauspiel durch
ch fort¬
den „fremden Herrn“ überbrachte Erkenutnis, daß sie
geworfen — die das ganze Werk überhellende Erkenntnis auf
es ankommt, vor der der Film ohnmächtig, stumm und farblos ver¬
harrt. Das Schauspiel ist nicht allein „evisch“ vielmehr auch banal
2
geworden. Und vielleicht ist's am interessantesten, daß die Leinwand
Husschnitt aus:
auch geger die Darstellungsmöglichkeiten einzelner Stellen sich wehrte,
die ja doch alle in unmittelbarem Hinbilck auf Filmverwendung
239111913
vom:
von Schnitzler geschrieben waren: daß z. B. in einer Szene,

mehr der Trotz eines leichtsinnigen Jungen als alles ander
werden soll, nur seine Verzagtheit, das Ertapptwerden eines
sichtbar wird. Abgesehen davon, daß manches überhaupt
dann als selbstverständlich vorausgesetzt und darum nicht
Schuitzlers „Liebelei“ als Film. Uns wird geschriebei.:
Jedenfalls hat auch der neue Autorenf
griffen bleibt ...
„Kunst“ des Kinos nicht weitergebracht. Es gibt glänzende
Mand, wird sie in allernächster Zeit schon in Berlin aus der Taufe
terieurs, herrliche Landschaften, entzückende Durchblicke in dieser
heben und so glücklich die Einzelbilder, der ganze technische Auf¬
eine Kopenhagener Gesellschaft für das Werk auf= I. internationalisierten“ Liebelei .. . Nur eins ist nicht darin: die spür
wand,
bot, auch zusammenstimmen mögen, zu den alten Kino= bare Tragik des jungen Mädels, der die Dichtung gilt, K. F. 2