II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1198

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Aritt aust 20460 U. 3/117
S Madhuch
Liebelei. Volksstück in 4 Abteilungen von
VArthur Schnitzler. (Nordische Filmfabrik.)
Ober den Atlantisfift Näben wir ausführliel
berichtet; nun präsentiert licn auch Schnitzlers
Liebelei im Film.
In einer elenden Schmiere wohnte ich vor
Jahren einer Aufführung von „Liebelei“ bei; die
Dekorationen waren primitiv, die Darfteller
den Umständen entlprechend: und doch atmete
durch die Aufführung ein Hauch „Schnitzler“;
lie hinterlief einen nachhaltigen Eindruck,
Wenn ich daran denke, daß jetzt allerorten der
Film: „Liebelei“ in den prunkvollen Kinopaläften
vorgeführt wird, daß ein ausgewähltes Publikum
erwartungsvoll „Schnitzler“ begrüßt, dann musz
ich mich schämen — für Schnitzler!
Wohl behandelt das Volksftück in 4 Abtei¬
lungen eine „Liebelei“, aber die Handlung hat
mit dem Bühnenwerk in bezug auf realen Wert
nichts gemein.
Es ilt ein „Schmacht“'stück erften Ranges. Ge¬
wiß wird uns die Liebelei Fritz Lobheimers mit
Chriftine Weiring und Adele Scholl vor Augen
geführt; wir fehen sogar Picknicks und wohnen
einem Rendezvous der Liebenden bei: aber alles
echt fentimentale, hausbackene Szenen.
Der ernfte Fabrikant Scholl beobachtet das
Rendezvous feiner Frau mit Fritz Lobheimer:
„argwöhnisch beobachtete er feine Frau und
1913/14 Bild und
den jungen Kavalier, und als dieser nach einem
Kleinen Souper lich verabschiedete, wußte er,
dasz er einen Nebenbuhler hatte. So vermeldet
es die Nordische Filmfabrik. Und einen breiten
Raum nimmt selbltverltändlich das Duell ein;
Autos fahren nach dem Wald; die Kontrahenten
steigen aus; Schüffe krachen bzw. blitzen; tot
fällt Lobheimer ins Gras. „Einer t#.“
Das Volksltück „Liebelei hat einen traurigen
Schluß. Chriftine, die Tocnter des Violinilten
Weiring erfährt den Tod des Geliebten; lie läuft
durch die Straßen und kommt in das Haus des
Toten; dann fällt lie entfeelt auf die um den
Sarg gestreuten Blumen. — schön — rührfelig
— undtief empfunden. Und „tief empfunden“ sind
auch wiederum die Worte der Nordischen Gesell¬
schaft: „Dann Stiehlt sie lich in das Haus. Ihr Herz
schlägt nicht mehr. Und dann Iteht lie vor
einem Totenbett: Zitternd hebt lie ein Tuch von¬
einem Itarren Gelicht. Er ist es — tot! Alle
Qual, all ihr Leid drängt o voll Wucht in ihre
Bruft, daß ihr Herz bricht. So finkt lie, den Blick
auf der toten Gestait, Iterbend nieder.“
** *
Hiermit ist ja eigentlich zur Genüge die Ten¬
denz und der Wert des Stückes beliegelt. Mir¬
grufelt’s, wenn ich daran denke, daß die Nor¬
dische den Anatole-Zyklus verfilmen würde.
Welch schöne Einblicke bekäme man wohll
von einem Weihnachtsmarkte. „Weihnachtsein¬
käufe“ laffen lich im Film ja lo schön wiedergeben,
auch ein „Abschiedslouper“ läßt lich fein arran.
gieren. Man fagt, Schnitzler hätte den Film
eigens „kinodramatiliert“ Fühlte er nicht, daß
er feine Perfönlichkeit, fein Anfehen als Literat
wegwarf? Kurz: Das Volksftück in 4 Abteilungen
„Liebelei“ ift ein Schmachtstück, ein fentimen¬
tales lang ausgelpreiztes Machwerk ohne tiefern
Gehalt, allerdings nicht unlittlich oder volks¬
verderbend. Photographie wie Technik sind
gut. Die Darftellung mit Plylander in der
Hauptrolle nordisch kühl und abgewogen.
Wer in dem Film „Liebelei“ literarische und
künftlerische Werte erwartet, wird enttäuscht
fein; das Tentimentale Frauenpublikum allerdings
wird lich vielleicht den Film gefallen laffen und
vor Rührung lich eine Träne aus dem Auge
wischen.
Arme Dichtung — armer Dichter!
L. H., Berlin.“

Ausschnitt aufliener Mittags-Zeitorg
vom:

Theater und Kunst.
Die „Liebelei“ im Film.
Kopenhagen, 30. Juli. (Privattelegramm.]
Die „Noroisk Compani“ in Kopenhagen hat nach einer
auf rein mimische Wirkung gestellten textlichen Bearbeitung;
durch Artur Schnitzler dessen Drama „Liebelei“
erworben. Die Pollem Gang. Für die Rolle
der Christine wurde Frau Ida Orloff vom Wiener Burg¬
theater, als Lobmeiet der berühmte Filmdarsteller Waldemar
Psylander gewonnen. Schon aus dem Engagement dieser
beiden hervorragenden Kräfte erhellt, wie sorgfältig sich die Ge¬
sellschaft, die auch Hauptmanns „Atlantis“ für deg
Film stellt, ihrer küntlerischen Aufgabe widmet.