II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1206

Liebe
5. ###lei box 12/5
die Annäherung
Liebelei
Von Eusebius Bronner
Terthur Schnitzler, der Verfasser unseres Filmstücks, ist angestrengter Arbeit, sehr bewußten Kombinierens und
4 alles eher denn ein Schriftsteller für's Volk und für
Ausprobierens.
Nun werde ich mich hüten zu sagen, daß Schnitzler
den rohen Alltag. Zwar in Wien, wo er daheim ist
und wo man ihm zum voraus Verständnis entgegen¬
es anders machen, seine Bücher anders, d. h. frischer, un¬
bringen muß, weil er seine Geschichten, Romane,
bekümmerter, unmittelbarer schreiben sollte, um ins Volk
Dramen meistens auf dem Wiener Boden ent¬
vorzudringen. Auch derlei Feinschriftstellerei muß es
stehen läßt, in Wien sage ich, kennen und lieben
geben; immer werden sich die Geschmacksrichtungen nach
ihn wahrscheinlich auch die kleinen Mädels der Konfek¬
verschiedenen Gruppen teilen; allen kong es keiner recht
machen und soll es keiner recht machen.
tionsgeschäfte und die Stutzer des Kolonialwarenver¬
triebs. Bei uns beschränkt sich der Leserkreis auf die so¬
Der Meister scheint aber doch das Bedürfnis zu haben,
näher an die breite Masse der Lebenden heranzukommen.
genannten literarischen Feinschmecker, auf die Müssig¬
gänger und gelangweilten Damen der großen Gesellschaft.
Seine Stücke gehören zwar zu denen, die den Spiel¬
Nein, Schnitzler wird nie volkstümlich werden — in dem
plan vieler deutscher Theater beherrschen, und die sich
Sinne, wie es sein Landsmann R. H. Bartsch oder der
als sehr zugkräftig noch in jedem Falle erwiesen. .
alte liebe Meister Rosegger ist. Dafür ist namentlich seine
Aber man weiß ja, und Schnitzler weiß es auch, daß
vor dem Eingang des Theaters für Viele unübersteig¬
Sprache nicht natürlich und einfach genug. Gewiß, sie liest
liche Schranken aufgebaut sind, die darin bestehen,
sich leicht; sie rollt dahin in einem flinken, lockeren, lusti¬
gen Geplauder; es scheint ganz, als ob Mann wie Weib
daß der Eintrittspreis zu hoch ist. Und darum ist
es doch etwas anderes, wenn Schnitzler auf die feine
so rede, als ihm der Schnabel gewachsen sei. Aber ein un¬
Kunst seiner Sprache verzichtet, wenn er auf das
verbildeter Instinkt merkt bald, wie die Dinge liegen.
lebensvolle Auftreten wirklicher Schauspieler verzichtet
Gerade in dieser anscheinenden Leichtigkeit liegt eine aller¬
und sich nun zur dunklen Bühne des Kinotheaters
höchste Kunst; das wie zufällige Hin und Her der Ant¬
worten, die sich Schnitzlers Personen im fast gedankenlosen wendet. Er weiß, was er aufgibt; aber er weiß, was
Plauderton geben und nehmen, ist das Ergebnis sehr er gewinnt: nämlich die Aufmerksamkeit, das Staunen,