Liebelei
5. B
box 12/6
Paria, Kom, dan Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
Sieben ############
Dlatt
Asesehnltt ars: Hertnanusun
14. 2 1913
963:
Theater.
(Dr. F. C.) Man hat gelegentlich einmal ge¬
sagt, daß bei Arthur Schnitzler Liebelei und Ster¬
fbelei gewöhnlich Hand in Hand gingen. Auf das
gestern aufgeführte dreiaktige Schauspiel, das sich
ausgesprochen „Liebelei“ nennt, paßt der zitierte
Ausspruch in erster Linie. In der chiken Garcon¬
wohnung von Fritz Lobheimer wird nämlich gelie¬
belt, zu welchem Zweck zwei junge Damen beigezogen
sind und ein zweiter junger Herr. Die beiden
Paare sind sehr ungleich, das eine (Theodor Kai¬
ser — Mitzi Schlager) ist fidel und leichtsinnig,
das andere (Fritz Lobheimer — Christine Weiring)¬
ist sentimental und wird häufig von Ewigkeitsgedan¬
ken behelligt. Christine ist nämlich ein relativ an¬
ständiges Mädchen und liebt Fritz wirklich; Fritz
liebt sie auch, aber er hat im Hintergrund ein
„dämonisches Weib“, so daß man ahnt, von welcher
Gegend her der tragische Einschlag kommt. Ein
Heri erscheint — finster und mit schwarzem Cuta¬
way bekleidet, sagt Fritz, daß seine (des Herrn)
Gattin bei ihm (Fritz) einen Schleier vergessen habe“
und fordert Genugtuung. Wesentlich mehr Hand¬
Eeilt o
lung hat aber auch der zweite Akt nicht und im
dritten erfährt die unglückliche Christine, was wir
alle schon lange wissen, daß ihr geliebter Fritz
tot ist — im Zweikampf gefallen für eine andere.
Man soll Schnitzlers „Liebelei“ mit Schillers
„Kabale und Liebe“ verglichen haben. Gerade frap¬
pant ist aber die Aehnlichkeit zwischen den bei¬
den Stücken kaum zu nennen. Allerdings kommt
ja in beiden ein alter Musiker vor, der je
eine Tochter hat. Und in beiden Fälle werden die
Töchter gegen Ende des Stückes sehr unglücklich.
Auch eine gewisse Aehnlichkeit der Titel läßt sich
nicht verkennen. Kabale kommt aber in der
„Liebelei“ sozusagen gar nicht vor — und Liebe
ist der allgemeinen Anschauung nach doch etwas,
das sich von Liebelei unterscheidet ...
Was man an Schnitzlers „Liebelei“ haupt¬
sächlich rühmen wird, ist seine Personen= und
Milieuschilderung, allenfalls noch ein stellenweise
fließend geführter Dialog. Alles in allem keines¬
wegs genug für ein gutes Schauspiel. Von den
Figuren, die er auf die Bretter stellt, macht
eigentlich nur der alte Violinspieler Weiring den
Eindruck von etwas halbwegs Neuem. Wie er do
der alten Strumpfwirkersfrau sein Herz ausschüt¬
tet, da hat man die Empfindung einer interessan¬
ten, zum mindesten noch nicht abgegriffenen Figur
gegenüberzustehen — man denkt vielleicht an Grill¬
parzers armen Spielmann. Herrn Nelson ist es
gestern trefflich gelungen, diese Gestalt glaubhaft
und sympathisch darzustellen. Sowohl in der
Szene mit der alten Binder, die bei Frl. Kühnau,
wie man wohl nicht mehr zu betonen braucht, in
den allerbesten Händen war, wie auch in der
Aussprache mit seiner Tochter, die Frl. Lederer
ergreifend, stellenweise wirklich erschütternd ver¬
körperte, leistete er Treffliches. Das Paar Mitzi¬
Theodor (Fräulein Bognar und Herr Wonger)
war aufs Beste zusammengebracht
sowohl Fräu¬
lein Bognar wie Herr Wonger lagen die gestrigen
Rolien trefflich, mag auch Herr Wonger vielleicht
im ersten Akt stellenweise etwas gewaltsam im
Zentrum der Handlung, wenn man von einer sol¬
chen überhaupt sprechen kann, gestanden sein.
Herrn Olden in einer größeren Rolle zu sehen,
ist immer ein besonderes Vergnügen. Mag die
Rolle des Fritz auch lange nicht so dankbar sein,
wie jene, mit der er seinerzeit in „Anatole“ bril¬
liert hat, so erwies es sich auch gestern, daß
Herr Olden nur einen großen Fehler hat — zu
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Paria, Kom, dan Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
Sieben ############
Dlatt
Asesehnltt ars: Hertnanusun
14. 2 1913
963:
Theater.
(Dr. F. C.) Man hat gelegentlich einmal ge¬
sagt, daß bei Arthur Schnitzler Liebelei und Ster¬
fbelei gewöhnlich Hand in Hand gingen. Auf das
gestern aufgeführte dreiaktige Schauspiel, das sich
ausgesprochen „Liebelei“ nennt, paßt der zitierte
Ausspruch in erster Linie. In der chiken Garcon¬
wohnung von Fritz Lobheimer wird nämlich gelie¬
belt, zu welchem Zweck zwei junge Damen beigezogen
sind und ein zweiter junger Herr. Die beiden
Paare sind sehr ungleich, das eine (Theodor Kai¬
ser — Mitzi Schlager) ist fidel und leichtsinnig,
das andere (Fritz Lobheimer — Christine Weiring)¬
ist sentimental und wird häufig von Ewigkeitsgedan¬
ken behelligt. Christine ist nämlich ein relativ an¬
ständiges Mädchen und liebt Fritz wirklich; Fritz
liebt sie auch, aber er hat im Hintergrund ein
„dämonisches Weib“, so daß man ahnt, von welcher
Gegend her der tragische Einschlag kommt. Ein
Heri erscheint — finster und mit schwarzem Cuta¬
way bekleidet, sagt Fritz, daß seine (des Herrn)
Gattin bei ihm (Fritz) einen Schleier vergessen habe“
und fordert Genugtuung. Wesentlich mehr Hand¬
Eeilt o
lung hat aber auch der zweite Akt nicht und im
dritten erfährt die unglückliche Christine, was wir
alle schon lange wissen, daß ihr geliebter Fritz
tot ist — im Zweikampf gefallen für eine andere.
Man soll Schnitzlers „Liebelei“ mit Schillers
„Kabale und Liebe“ verglichen haben. Gerade frap¬
pant ist aber die Aehnlichkeit zwischen den bei¬
den Stücken kaum zu nennen. Allerdings kommt
ja in beiden ein alter Musiker vor, der je
eine Tochter hat. Und in beiden Fälle werden die
Töchter gegen Ende des Stückes sehr unglücklich.
Auch eine gewisse Aehnlichkeit der Titel läßt sich
nicht verkennen. Kabale kommt aber in der
„Liebelei“ sozusagen gar nicht vor — und Liebe
ist der allgemeinen Anschauung nach doch etwas,
das sich von Liebelei unterscheidet ...
Was man an Schnitzlers „Liebelei“ haupt¬
sächlich rühmen wird, ist seine Personen= und
Milieuschilderung, allenfalls noch ein stellenweise
fließend geführter Dialog. Alles in allem keines¬
wegs genug für ein gutes Schauspiel. Von den
Figuren, die er auf die Bretter stellt, macht
eigentlich nur der alte Violinspieler Weiring den
Eindruck von etwas halbwegs Neuem. Wie er do
der alten Strumpfwirkersfrau sein Herz ausschüt¬
tet, da hat man die Empfindung einer interessan¬
ten, zum mindesten noch nicht abgegriffenen Figur
gegenüberzustehen — man denkt vielleicht an Grill¬
parzers armen Spielmann. Herrn Nelson ist es
gestern trefflich gelungen, diese Gestalt glaubhaft
und sympathisch darzustellen. Sowohl in der
Szene mit der alten Binder, die bei Frl. Kühnau,
wie man wohl nicht mehr zu betonen braucht, in
den allerbesten Händen war, wie auch in der
Aussprache mit seiner Tochter, die Frl. Lederer
ergreifend, stellenweise wirklich erschütternd ver¬
körperte, leistete er Treffliches. Das Paar Mitzi¬
Theodor (Fräulein Bognar und Herr Wonger)
war aufs Beste zusammengebracht
sowohl Fräu¬
lein Bognar wie Herr Wonger lagen die gestrigen
Rolien trefflich, mag auch Herr Wonger vielleicht
im ersten Akt stellenweise etwas gewaltsam im
Zentrum der Handlung, wenn man von einer sol¬
chen überhaupt sprechen kann, gestanden sein.
Herrn Olden in einer größeren Rolle zu sehen,
ist immer ein besonderes Vergnügen. Mag die
Rolle des Fritz auch lange nicht so dankbar sein,
wie jene, mit der er seinerzeit in „Anatole“ bril¬
liert hat, so erwies es sich auch gestern, daß
Herr Olden nur einen großen Fehler hat — zu