5. Liebelei
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Ausschnitt aus: Schjasische Zgitung, Bresiar
Z#hatenten 1313
vom:
e erc
D#alatharter.
N ritzchen.“ „Liebelei.
1 Am ##holischen Totengedenktag, an Allerseelen, wird auf öster¬
reschisnen und süddeutschen Bühnen oft noch Raupachs Schauer¬
drchaDer Müller und sein Kind“ gegeben. Die läppische
Sentimestalität dieses Stücks, dessen Mittelpunkt eine nächtliche
Fri####ene mit den geisterhaften Erfheinungen Verstorbener
bildetewirkt hainn in der Regel, daß das ganze Theater sozusaleen:
inranen schwimmt und für viele Leute besteht geraue
barin das größte Bergnigen. Es bedarf aber nicht immer einer
departig ühlen Rührseligkeit wie bei dem alten aupach um des
Publikum nichhaltig zu packen, auch einem echten Dichterwerk kann
das gelingen. Das bewies am Sonntag im Thaliatheater #ie
Aufführung von Arthur Schnitzlers „Liebelei der wehmütig
süßen Geschichte der Musikerstochter Christine Weiring und ihrer
Liebe. Denn daß der Heldin Neigung zu dem reichen Studenten
Lo#hemer eben Liede ist und nicht Liebelei, darin liegt die trafe¬
Tragik des Schnitzlerschen Schauspiels, dessen Farben heute noch
ebenso leuchten wie vor 18 Jahren, als es entstand. Aber der¬
artig stark wirken wie diesmal kann der Dichter doch nur, wenn
ihm unter den Darstellern solche Helfer erstehen, wie es am
Sonntag die Vertreterinnen der beiden weiblichen Hauptrolten, Frl.
von Helling (Christine) und Frl. Kriß (Wizzi Schlager)
waren. Frl. vort Helling, der man ein so ganz junges Mädchen
wir die Christinie von vornherein nicht recht glauhen möchte,
übertraf im letzten Alt alle Eewartungen. Es lag da in ihrem
Spiel eine Kraft und eine Größe, die erschüttern mußte und der
starke Eindruck auf die zablreichen Hörer bekundeie sich
nicht nur in dem rauschendem Applaus am Schluß, sondern #uch
während des letzten Aktes in den vielen Tränen, welche namentlich 1
seitens der Damen vergossen wurden. Unvergeßlich bleibt es, mit
welchem Ausdruck, mit welchem Schmerz sie jene Worte hervor¬
stößt, als sie den Tod des Geliebten erfährt: „Und ich .. was
Ich bin
bin denn ich? Was bin denn ich ihri gewesen...
ihm nichts gewesen als ein Zeitvertreib — und für eine ander¬
ist er gestorben. Und ich — hhab ihn angebetet! — Hat er denn
Man erlebt es selten im Theater, daß
das nicht gewußt?
wie hier alle Theaterei für Augenblicke versinkt und die reine
Menschlichkeit uns entgegentritt. Das Gagenbild der schwer¬
mütigen Christine, die sanquinische Mizzi, verkörperte Frl. Kriß
mit köstlichem Humor, jede Geste war, wie ihr ganzes Exterieur
überhaupt, natürlich und ech Der dritte im Bunde, der gleich¬
falls den Stil Schnitzlers vollkommen traf, war Herr Halpern
(Theodor), der gleich den genannten Künstlerinnen Österreicher ist!
und daher den Dialekt beherrscht; daß er mitunter etwas übertrieben
im Dialekt sprach, war an sich nicht unrichtig, denn in Wien
redet halt nunmal jeder Mensch vom Droschkenkutscher bis zm
Erzherzog Dialokt, aber er stach in diesem Fall zu sehr vor Herrn
Waldmann (Fritz) ab, der den Norddautschen nicht verleugnete
und der getrost etwas mehr wienerische Weichheit hätte zeigen!
S D
SREEAR
dürfen. Nicht übel fanden sich als Wiener Cerr Lehndorf
(Weiring) und Fr. Mäder=Stegemann (Biede) zurecht.
auch Herr Scholz als der rächende Gatte verdient Lob. — Der
„Liebelei“ voraus ging Sudermanns Einakter „Fritzchen“ aus
„Morituri“. Er wurde in Breslau zuletzt im Schauspielhaus
mit Herrn Lettinger in der Titelrolle gespielt und gehört zweifel¬
los zum Wertvollsten, was Sudermann für die Bühne geschrieben
hat. Der juree Leutnani Fritz, der unter so tragischen Umständen
zum letzten Mal ins Elternhaus heimkehrt, war eine der
Lieblingsrollen von Joseph Kainz. Er faßte ihn ganz ruhig, ganz
als Moriturus auf, wogegen Herr Waldmann ein fieber¬
haftes, aufgeregtes Benehmen zeigte und nur schwer seine Haltuing
z bewahren schien. Auch der Abschied von Agnes (Frl. v. Helling)
plieb matt. Herr Johon gab den alten Major im Aussehen
etwas stark „ländlich“, und Fr. Mäder=Stegemann (Frau
von Droß), fühlt sich im Salon ja nie recht wohl. Doch fand
auch diese von Herrn Johow inszenierte Vorstellung (in der
„Liebelei“ führte Herr Dr. Meyer mit seinem Verständnis die
Regie) wohlwollenden Beifall.
A. D.
A Men
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Ausschnitt aus: Schjasische Zgitung, Bresiar
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1 Am ##holischen Totengedenktag, an Allerseelen, wird auf öster¬
reschisnen und süddeutschen Bühnen oft noch Raupachs Schauer¬
drchaDer Müller und sein Kind“ gegeben. Die läppische
Sentimestalität dieses Stücks, dessen Mittelpunkt eine nächtliche
Fri####ene mit den geisterhaften Erfheinungen Verstorbener
bildetewirkt hainn in der Regel, daß das ganze Theater sozusaleen:
inranen schwimmt und für viele Leute besteht geraue
barin das größte Bergnigen. Es bedarf aber nicht immer einer
departig ühlen Rührseligkeit wie bei dem alten aupach um des
Publikum nichhaltig zu packen, auch einem echten Dichterwerk kann
das gelingen. Das bewies am Sonntag im Thaliatheater #ie
Aufführung von Arthur Schnitzlers „Liebelei der wehmütig
süßen Geschichte der Musikerstochter Christine Weiring und ihrer
Liebe. Denn daß der Heldin Neigung zu dem reichen Studenten
Lo#hemer eben Liede ist und nicht Liebelei, darin liegt die trafe¬
Tragik des Schnitzlerschen Schauspiels, dessen Farben heute noch
ebenso leuchten wie vor 18 Jahren, als es entstand. Aber der¬
artig stark wirken wie diesmal kann der Dichter doch nur, wenn
ihm unter den Darstellern solche Helfer erstehen, wie es am
Sonntag die Vertreterinnen der beiden weiblichen Hauptrolten, Frl.
von Helling (Christine) und Frl. Kriß (Wizzi Schlager)
waren. Frl. vort Helling, der man ein so ganz junges Mädchen
wir die Christinie von vornherein nicht recht glauhen möchte,
übertraf im letzten Alt alle Eewartungen. Es lag da in ihrem
Spiel eine Kraft und eine Größe, die erschüttern mußte und der
starke Eindruck auf die zablreichen Hörer bekundeie sich
nicht nur in dem rauschendem Applaus am Schluß, sondern #uch
während des letzten Aktes in den vielen Tränen, welche namentlich 1
seitens der Damen vergossen wurden. Unvergeßlich bleibt es, mit
welchem Ausdruck, mit welchem Schmerz sie jene Worte hervor¬
stößt, als sie den Tod des Geliebten erfährt: „Und ich .. was
Ich bin
bin denn ich? Was bin denn ich ihri gewesen...
ihm nichts gewesen als ein Zeitvertreib — und für eine ander¬
ist er gestorben. Und ich — hhab ihn angebetet! — Hat er denn
Man erlebt es selten im Theater, daß
das nicht gewußt?
wie hier alle Theaterei für Augenblicke versinkt und die reine
Menschlichkeit uns entgegentritt. Das Gagenbild der schwer¬
mütigen Christine, die sanquinische Mizzi, verkörperte Frl. Kriß
mit köstlichem Humor, jede Geste war, wie ihr ganzes Exterieur
überhaupt, natürlich und ech Der dritte im Bunde, der gleich¬
falls den Stil Schnitzlers vollkommen traf, war Herr Halpern
(Theodor), der gleich den genannten Künstlerinnen Österreicher ist!
und daher den Dialekt beherrscht; daß er mitunter etwas übertrieben
im Dialekt sprach, war an sich nicht unrichtig, denn in Wien
redet halt nunmal jeder Mensch vom Droschkenkutscher bis zm
Erzherzog Dialokt, aber er stach in diesem Fall zu sehr vor Herrn
Waldmann (Fritz) ab, der den Norddautschen nicht verleugnete
und der getrost etwas mehr wienerische Weichheit hätte zeigen!
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dürfen. Nicht übel fanden sich als Wiener Cerr Lehndorf
(Weiring) und Fr. Mäder=Stegemann (Biede) zurecht.
auch Herr Scholz als der rächende Gatte verdient Lob. — Der
„Liebelei“ voraus ging Sudermanns Einakter „Fritzchen“ aus
„Morituri“. Er wurde in Breslau zuletzt im Schauspielhaus
mit Herrn Lettinger in der Titelrolle gespielt und gehört zweifel¬
los zum Wertvollsten, was Sudermann für die Bühne geschrieben
hat. Der juree Leutnani Fritz, der unter so tragischen Umständen
zum letzten Mal ins Elternhaus heimkehrt, war eine der
Lieblingsrollen von Joseph Kainz. Er faßte ihn ganz ruhig, ganz
als Moriturus auf, wogegen Herr Waldmann ein fieber¬
haftes, aufgeregtes Benehmen zeigte und nur schwer seine Haltuing
z bewahren schien. Auch der Abschied von Agnes (Frl. v. Helling)
plieb matt. Herr Johon gab den alten Major im Aussehen
etwas stark „ländlich“, und Fr. Mäder=Stegemann (Frau
von Droß), fühlt sich im Salon ja nie recht wohl. Doch fand
auch diese von Herrn Johow inszenierte Vorstellung (in der
„Liebelei“ führte Herr Dr. Meyer mit seinem Verständnis die
Regie) wohlwollenden Beifall.
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