II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1276

iebelei
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Norettaote Lula.
Aunshak
6-APR 1916

Theater.
anen wnt Senen 1u
die Zirektion entschlossen, zwei Dichtern Jung
Oesterreichs das Wort zu geben. Den Abend er¬
öffnete Felix Saltens „Ernst des Lebens“. Der
Gegensatz zwischen dem jungen entnervten Baron,
der im Nichtstun den Zweck des Lebens erblickt
und dem Professor, der durch Streben sich aus
der Tiefe zu seiner Position emporgerungen, ist =
meisterhaft gezeichnet, psychologisch weniger glück¬
lich das plötzliche Aufraffen zu sittlicher Kraft bei
ersterem, als ihm der Professor sein baldiges
Ende verkündet. Auf den Einakter, der einen tie¬
fen Cindruck hinterläßt, folgte Schnitzlers für
bereits des öftern gegebenen „Liebelei“, sowie
das flott entworfene Bild „Abschiedssonper“.
Wir sahen beides: den ernsten und den heiteren
Schnitzler; überflüssig ist zu bemerken, daß seine
Gaben, so verschiedengeartet sie auch sein mögen,
mit der gleichen Freudigkeit empfangen wurden.
Ein Schnitzler=Abend bedeutet ja stets eine gei¬
stige Erfrischung und so war auch dieser einer
Ge¬
der unterhaltendsten der heurigen Saison.
spielt wurde im allgemeinen gut, nur kam das
Wienerische, das ja eine typische Note seiner
Werke ist, nicht recht zum Ausdruck. Allein Frl.
v. Asten hat, namentlich in „Liebelei“ den rich¬
tigen Ton getroffen, Fräulein Bergner hat ihre
nicht leichte Rolle als Christine brav gespielt und
auch mit den Herren Wilhelm und Groß konnte
man zufrieden sein. Recht hölzern war der Mu¬
sikus Weiring des Herrn Kramer. Der Beifall
des recht gut besetzten Hauses war verdient.
„Zwischen 12 und 1“. Operette von Okon¬
kowski. Die Aufführung dieser „Operette“ zeigte
wohl den äußersten Tiefstand an, auf die unsere
Bühne in der heurigen Spielzeit herabgesunken
ist. Man kann sich kaum erinnern, jemals ein
Machwerk von so wenig Geist und Witz gesehen
zu haben, das seine innere Hohlheit durch ge¬
meine Zoten und öde Tingel=Tangel=Witze zu
verdecken sucht, den Text, bei dem 3 „Autoren“
mitwirkten, liegt offenbar im französischen Sudil¬
werk zu Grunde, die Musik ist aus Motiven der
verschiedensten Operetten zusammengesetzt. Es
gehörte viel dazu, ein derartiges Machwerk, be¬
sonders in der jetzigen großen ernsten Zeit zur
Aufführung zu bringen. Dieser Vorwurf richtet
sich indes erst in zweiter Linie gegen die Direk¬
tion. Diese tennt ihr Publikum und hat durch
eine mehrjährige Praxis die Erfahrung gemacht,
daß derartige Werke, mit denen wir heuer in so
reichem Maße bedacht wurden, stets volle Häuser
erzielen, literarisch wertvolle Stücke dagegen meist
nur bei einem kleinen Kreise Anklang finden, was
die Wiederholung des Liter. Abends bewies. Daß
die Aufführung solcher Stücke, wie die letzte Ope¬
rette, den künstlerischen Ruf einer Bühne arg ge¬
fährden, mag Herr Dir. Thurner mit sich selbst
abmachen; daß aber das Publikum zum überwie¬
genden Teile einem derartigen Werke stürmischen
Beifall klatscht, ist ein beschämender Beweis für
den Mangel an Moral und Kunstsinn, solche Leute
richten sich von selbst. Zum Schluß sei erwähnt,
daß die Blumenspenden nach der Güte des. Stük¬
kes zu schließen, wohl mehr der Person, als dem
Künstler galten. Obwohl solche duftende Zeichen
der Anerkennung zu gewöhnlichen Zeiten zu be¬
grüßen sind, konnte in der jetzigen schweren Zeit
der hiefür gemachte Aufwand most für andere