5.
box 12/7
Liebele
Annenen enennenen 2n 1
Kölnische Volkszeitung
Köln a. Rh.
ZMR71977
8
Theater und Konzerte.
4 Im Deutschen Theater in Köln setzten Lore Busch und
Mar Grünberg vom Mannheimer Hoftheater am Mittwoch ihr
Gastspiel in h#i#lers Schauspiel Liebelei fort. Die Dar¬
tellerin der Christine zeigt erst im letzten Akt, ob ihre Kunst den
nchschnitt überragt; für die ersten beiden Aufzüge reicht für
##s tiefer veranlagte, von einer großen Leidenschaft beherrschte
Weiß, dessen anhängliche und besorgte Liebe für den Mann nicht
immer eine Annehmlichkeit ist, auch eine mittelmäßig begabte
Künstlerin aus. Aber das Erlebnis der Katastrophe am Schlusse
ist ein untrüglicher Prüfstein für das Talent. Hier muß die Dar¬
stellerin den Zuschauer unwiderstehlich zu packen und mit sich zu
reißen verstehen, der Schmerz, die Bitterkeit und Verzweistung des
Abschieds für immer muß in einem solchen Grade wirklich gefühlt
und durchiebt sein, daß den Zuschauer in Wirklichkeit Mitleid und
Furcht durchschütteln und nicht nur nervösen Theaterbesuchern das
Naß in die Augen getrieben wird. Diese Eindringlichkeit der Dar¬
stellung wurde bei Lore Busch so stark empfunden wie es nur
seiten der Fall zu sein pflegt. Sie hat damit den Beweis erbracht,
daß ihr die große Kunst in der Tat zu eigen ist. Ihr Spiel ist
außergewöhnlich nunneenreich; besonders fein war die blitzartig
den Schmerz durchzuckende Eifersucht. Daß die Rolle größerer Mittel
der Tragödin nicht bedarf, kommt den Vertreterinnen der Christine
zugute. Stehen auch die übrigen Personen des Stückes gegen diese
zurück, so waren sie doch erfreulich gut besetzt. Den Fritz zeichnete
Hr. Grunberg als den jungen Mann, bei dem schlechter Umgang
den guten Fonds noch nicht ganz hatte ertöten können; vielleicht
war er in Anbetracht seines leichtsinnigen Lebens gelegentlich sogar
eine Nummer zu brav geraten; jedenfalls erzielte er in seinen
dankbaren Szenen gute Wirkungen. Als Mizi überraschte Fräulein
Melitta Wernay durch eine natürliche Keckheit und beste Be¬
her
es Wiener Dinlektes; sie brachte mit Glück den farbigen
Pir
Grunde düstere Gemälde. Dem gutmütigen
do
Veit
Hr. Robert Wach, der auch die Spielleitung
mit C
atte, viel liebe Menschlichkeit, die freilich
der Prax
es Levens gegenüber nicht standhalten kann. Mara
Guntrowska schuf die Strumpfwirtersfrau nach ihrer Artge¬
schwätzig und neugierig. Ralph Nordeck war als grundsatzloser
Theodor am Platze und Franz Döring gab den beleidigten Herrn.
o knnte die Aufführung zu den besten gezählt werden, die das
Theater herausgebracht hat.
Hölscher.
8
Auschnitt ause ge.
3I. MRL 197
7
vom:
,
10
Theater und Kunst.
„Liebelei", Schanspiel in drei Akten von Artur Schnißter
Die Liebelei Schnitziers fängt im ersten ##
an, was der Jitel anzubenten scheint, als ein Ausschnitt jungen.
leichtsinnigen Darauskeslebens, um aber von Szene zu Szene
sich ernster zu färben und im zweiten Akte ganz und gar aus
dem Lustigen ins Ernste sich zu wandeln, im dritten Akte aber
flieftragisch zu enden. Zwei junge Leute betreiben ihre Liebes¬
geschichten, jeder nach seinem Temperament. Fritz Lobheimer,
ernster angelegt, hat ein neues Verhältnis mit dem Mädel eines
armen Geigers angesangen, das beide innerlich erfaßt. Es wird
echte, ewige Liebe daraus. Aber ein früheres, kurz vorher be¬
endigtes Verhältnis zu einer Frau wird verhängnisvoll fürsg
Hiiz. Es wirst berens seine Schetten auf die echte, junge Liebese
es kommt zum Duell. Aber das Mädchen, die Christine, abntes
alles, aber erfährt nichts. Sie wird von allen Seiten so behan¬
delt, als hätte sie nichts als eine Liebelei mit dem Erschossenenin
gehabt. Sie erhebt sich zu sittlicher Größe, wie sie Wissen for¬1g
dert und ihr Vorrecht auf den Verlorenen gegenüber allen
Freunden und Verwandten feststellt. Hätte Schnitzler diesenkr
Kampf als einen wirklichen Kampf gegen Vorurteile und un¬
gerechte Gesellschaftsschranken gestaltet, das Stück hätte einenn
großen Wert erhalten. So aber ist der ganze dritte Akt eine##z#
—
Solzzeue der Christine und die drei anderen Personen dabei
sind ihre Stalisten. Es isi nicht das Ringen gegen die ungerech¬
ten Gesellschaftsgesetze, es ist nichts als eine Verzweiflungsszene.
Diese wurde allerdings vom Fräulein Fournes mit wunder¬
barer Tragik gegeben. Sie drang während des ganzen Spieles
immer tiefer ein in das Wesen dieser Christine, die im vollen
Gegensatze zu der Mizzi Schlager, der Liebeständlerin, stand.
Diese, von Fräulein Zeckendorf dargestellt, war in all ihrer
Munterkeit, ihrem Neckischsein ein wundervolles, meisterhaftes
Gegenstück zur Christine. Die beiden männlichen Gegenrollen
spielten Herr Triembacher (Theodor) und Herr Lindt
(Fritz), der erstere die heitere Lebensanschanung vertretend, die
mit allem fertig wird, was den Weg verlegen will, der andere
ernster, düsterer, unheilahnend. Sehr belustigend wirkte die
Charakterfigur der Strumpfwirkerin, Frau Maltana. Eine
ganz besonders hervorragende Leistung war der Geiger des
Herrn Hübner. Schon als Statisteurolle wäre sie etwas
Großartiges gewesen. Da war nicht eine Gebärde, nicht eine
Stellung und Haitung, die nicht die des alten Geigers war.
Jeder Zuschauer wird die Empfindung gehabt haben, daß nicht
Herr Hübner auf den Brettern stand — man hatte auf ihn ganz
vergessen — sondern der Geiger Weiring. Dieses Sichvergessen
und auf Sich=Vergessen=Machen ist aber der beste Beweis einer
künstlerischen Darstellung. Die kurzen Rollen der kleinen Line,
und der unheildrohenden Gestalt des beleidigten Gatten, Herrn
Le Bret, wollen wir der Vollktändigkeit halber auch noch er¬
wähnen. Sie waren spielgerecht. Eine Menge Besucher waren
recht unangenehm berühri; es waren die, welche ins Theater
kamen wegen einer Liebelei, welche die französische Würze im
Lustspiel nicht vermissen mögen. Leider ist es so, trotz „sittlicher,
Erhebung“ in der Kriegszeit: Ein Gassenhauer über Liebelei
ist ihnen lieber als das Hohelied der echten Liebe.
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Annenen enennenen 2n 1
Kölnische Volkszeitung
Köln a. Rh.
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Theater und Konzerte.
4 Im Deutschen Theater in Köln setzten Lore Busch und
Mar Grünberg vom Mannheimer Hoftheater am Mittwoch ihr
Gastspiel in h#i#lers Schauspiel Liebelei fort. Die Dar¬
tellerin der Christine zeigt erst im letzten Akt, ob ihre Kunst den
nchschnitt überragt; für die ersten beiden Aufzüge reicht für
##s tiefer veranlagte, von einer großen Leidenschaft beherrschte
Weiß, dessen anhängliche und besorgte Liebe für den Mann nicht
immer eine Annehmlichkeit ist, auch eine mittelmäßig begabte
Künstlerin aus. Aber das Erlebnis der Katastrophe am Schlusse
ist ein untrüglicher Prüfstein für das Talent. Hier muß die Dar¬
stellerin den Zuschauer unwiderstehlich zu packen und mit sich zu
reißen verstehen, der Schmerz, die Bitterkeit und Verzweistung des
Abschieds für immer muß in einem solchen Grade wirklich gefühlt
und durchiebt sein, daß den Zuschauer in Wirklichkeit Mitleid und
Furcht durchschütteln und nicht nur nervösen Theaterbesuchern das
Naß in die Augen getrieben wird. Diese Eindringlichkeit der Dar¬
stellung wurde bei Lore Busch so stark empfunden wie es nur
seiten der Fall zu sein pflegt. Sie hat damit den Beweis erbracht,
daß ihr die große Kunst in der Tat zu eigen ist. Ihr Spiel ist
außergewöhnlich nunneenreich; besonders fein war die blitzartig
den Schmerz durchzuckende Eifersucht. Daß die Rolle größerer Mittel
der Tragödin nicht bedarf, kommt den Vertreterinnen der Christine
zugute. Stehen auch die übrigen Personen des Stückes gegen diese
zurück, so waren sie doch erfreulich gut besetzt. Den Fritz zeichnete
Hr. Grunberg als den jungen Mann, bei dem schlechter Umgang
den guten Fonds noch nicht ganz hatte ertöten können; vielleicht
war er in Anbetracht seines leichtsinnigen Lebens gelegentlich sogar
eine Nummer zu brav geraten; jedenfalls erzielte er in seinen
dankbaren Szenen gute Wirkungen. Als Mizi überraschte Fräulein
Melitta Wernay durch eine natürliche Keckheit und beste Be¬
her
es Wiener Dinlektes; sie brachte mit Glück den farbigen
Pir
Grunde düstere Gemälde. Dem gutmütigen
do
Veit
Hr. Robert Wach, der auch die Spielleitung
mit C
atte, viel liebe Menschlichkeit, die freilich
der Prax
es Levens gegenüber nicht standhalten kann. Mara
Guntrowska schuf die Strumpfwirtersfrau nach ihrer Artge¬
schwätzig und neugierig. Ralph Nordeck war als grundsatzloser
Theodor am Platze und Franz Döring gab den beleidigten Herrn.
o knnte die Aufführung zu den besten gezählt werden, die das
Theater herausgebracht hat.
Hölscher.
8
Auschnitt ause ge.
3I. MRL 197
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10
Theater und Kunst.
„Liebelei", Schanspiel in drei Akten von Artur Schnißter
Die Liebelei Schnitziers fängt im ersten ##
an, was der Jitel anzubenten scheint, als ein Ausschnitt jungen.
leichtsinnigen Darauskeslebens, um aber von Szene zu Szene
sich ernster zu färben und im zweiten Akte ganz und gar aus
dem Lustigen ins Ernste sich zu wandeln, im dritten Akte aber
flieftragisch zu enden. Zwei junge Leute betreiben ihre Liebes¬
geschichten, jeder nach seinem Temperament. Fritz Lobheimer,
ernster angelegt, hat ein neues Verhältnis mit dem Mädel eines
armen Geigers angesangen, das beide innerlich erfaßt. Es wird
echte, ewige Liebe daraus. Aber ein früheres, kurz vorher be¬
endigtes Verhältnis zu einer Frau wird verhängnisvoll fürsg
Hiiz. Es wirst berens seine Schetten auf die echte, junge Liebese
es kommt zum Duell. Aber das Mädchen, die Christine, abntes
alles, aber erfährt nichts. Sie wird von allen Seiten so behan¬
delt, als hätte sie nichts als eine Liebelei mit dem Erschossenenin
gehabt. Sie erhebt sich zu sittlicher Größe, wie sie Wissen for¬1g
dert und ihr Vorrecht auf den Verlorenen gegenüber allen
Freunden und Verwandten feststellt. Hätte Schnitzler diesenkr
Kampf als einen wirklichen Kampf gegen Vorurteile und un¬
gerechte Gesellschaftsschranken gestaltet, das Stück hätte einenn
großen Wert erhalten. So aber ist der ganze dritte Akt eine##z#
—
Solzzeue der Christine und die drei anderen Personen dabei
sind ihre Stalisten. Es isi nicht das Ringen gegen die ungerech¬
ten Gesellschaftsgesetze, es ist nichts als eine Verzweiflungsszene.
Diese wurde allerdings vom Fräulein Fournes mit wunder¬
barer Tragik gegeben. Sie drang während des ganzen Spieles
immer tiefer ein in das Wesen dieser Christine, die im vollen
Gegensatze zu der Mizzi Schlager, der Liebeständlerin, stand.
Diese, von Fräulein Zeckendorf dargestellt, war in all ihrer
Munterkeit, ihrem Neckischsein ein wundervolles, meisterhaftes
Gegenstück zur Christine. Die beiden männlichen Gegenrollen
spielten Herr Triembacher (Theodor) und Herr Lindt
(Fritz), der erstere die heitere Lebensanschanung vertretend, die
mit allem fertig wird, was den Weg verlegen will, der andere
ernster, düsterer, unheilahnend. Sehr belustigend wirkte die
Charakterfigur der Strumpfwirkerin, Frau Maltana. Eine
ganz besonders hervorragende Leistung war der Geiger des
Herrn Hübner. Schon als Statisteurolle wäre sie etwas
Großartiges gewesen. Da war nicht eine Gebärde, nicht eine
Stellung und Haitung, die nicht die des alten Geigers war.
Jeder Zuschauer wird die Empfindung gehabt haben, daß nicht
Herr Hübner auf den Brettern stand — man hatte auf ihn ganz
vergessen — sondern der Geiger Weiring. Dieses Sichvergessen
und auf Sich=Vergessen=Machen ist aber der beste Beweis einer
künstlerischen Darstellung. Die kurzen Rollen der kleinen Line,
und der unheildrohenden Gestalt des beleidigten Gatten, Herrn
Le Bret, wollen wir der Vollktändigkeit halber auch noch er¬
wähnen. Sie waren spielgerecht. Eine Menge Besucher waren
recht unangenehm berühri; es waren die, welche ins Theater
kamen wegen einer Liebelei, welche die französische Würze im
Lustspiel nicht vermissen mögen. Leider ist es so, trotz „sittlicher,
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ist ihnen lieber als das Hohelied der echten Liebe.