II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1365

Liebelei
5.
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2
Salzburger Theaterbrief.
Salzburg, 24. Jänner 1921.
Direkton Strial hat sich zu eine neuen literarischen Tai
aufgeschw und Schnitzl
Schauspiel „Liebelei“
20. Ohi muster## inszeneirt, mit einer Seigfalt und Hingebung,
die m#n sonst einem Werke schenkt, das sich erst behaupten
solk#id nicht schon 25 Jahre zum eisemen Bestand des deutschen
Shecterrepertoirs gehört. Die Darstellung hielt wienerischen
Fön und Stimmung, war typisch schnitzlerisch in seiner philo¬
Fonhisch garnierten Leichtfertigkeit des Lebens und doch wie¬
der dichterisch groß im Anwachsen des tragischen Konfliktes, daß
man sich am Schlusse von der Poesie des Werkes über¬

wältigt fühlte. Auf diese steile und kühne Kurve der Ent¬
wicklung kommt es in der „Liebelei“ hauptsächlich an,
richtig und sicher zu nehmen, ist Aufgabe der Regie und diese
hat Direktor Strial mit Feingefühl und Intelligenz gelöst.
Herr Weyrich versteht gefühlvolle Väter zu gestalten, sein
Musikus leibt und lebt. Die Christine Frl. Schefranek
machte den tiefen Schmerz des schwer enttäuschten Mädchens
begreiflich, im schärfsten Gegensätze zu ihr stand Frl. Jusa
als Mizzi, das personifizierte Phlegma und doch in seinem
spöttischen Humor ungemein sympathisch. Die Sensation des
Abends bildete unser Operettentenor Herr Forstner, der
den Theodor Kaiser tadellos spielte und sich als großartiger
Bonvivant entpuppte. Der Fritz des Herrn Gerth, in seiner
Jugendlichkeit sehr gut, wurde durch die Noutine Forstners in
den Schatten gestellt. Klassisch in ihrer Art war Frau Czer¬
nitz=Renn als Strumpfwirkersgattin, Ton, Haltung, Maske
und Kostüm wie aus einem Guß. Am selben Abend wurde
noch die einakiige Komödie „Der Barbier von Ber¬
friac“ von Mar Mell gegeben. In der modernen Einakter¬
literatur jedenfalls eine Perle, interessant durch ihre Origi=
nalität an Inhalt und Fassung. Ein sinnliches, falsches, selbst¬
süchtiges Weib verliert im gewagten und frivolen Liebesspiel
Gatten und Liebhaber. Beide wenden sich voll Verachtung von
der schönen Bestie, deren Existen= vom Dichter in galanter Weise
in die Zeit vor der französischen Revolution verlegt wurde.
Das Stück hält von der ersten bis zur letzten Szene in atem¬
loser Spannung, der Dialog ist durchsetzt durch zahlreiche tief=d
sinnige und poetische Gedanken, der Vorwurf wird nach allen
Seiten gründlich erschöpft. Ein Meisterwerk, das an unserer
Bühne auch eine musterhafte Verkörperung fand. Frl. Ungar
besitzt für diese satanischen Weiber eine unglaubliche Dosis von
Grazie und Geschick, ihre Nannette durchschaute man bereits in
der ersten Minute des Spiels und steigerte doch den Effekt
unausgesetzt bis zum Ende. Herr Grube gab den Barbier
grüblerisch, hilflos in seiner Liebesnot und doch hart und un¬
erbittlich. Herr Forstner war ein hypereleganter Graf von
Laon, der wie im Zauber um das pikante Persönchen girrte,
bis ihm die Lust unter dem Rasiermesser des gehörnten Gatten
verging. Der Wandel war eine extravagante Talentprobe.
„Liebelei“ und „Der Barbier“ gefielen außerordentlich und
riefen einen Sturm von Beifall wach, wie man ihn sonst nur
in Operetten wahrnehmen kann..
Das Zugstück im Repertoire ist Puccinis „Butterfly“,
damit hat die Mozarteumsoper ihren stärksten Erfolg erzielt.
*
Die Mängel im Chor waren bereits bei der zweiten Auffüh¬
*
rung behoben, Herr Breitner ist wieder wohl disponiert
und singt den Linkerton mit wundervoller Empfindung, Frl.
Oberhauser aber macht in der Titelpartie direktes Auf¬
sehen.
Auch Kienzls „Evangelimann“ wurde wieder in den
Spielplan ausgenommen. Diesmal singt Herx Breitner
den Matthias, wobei die Weichheit und der lyrische Charakter
seines Tenors so recht erst zur Geltung kommen. Immer wie¬
der natürlich ist es die leichte und blendende Höhe seiner Stimme,
wodurch er die Bewunderung und den Beifall des Publikums
wachruft.
Die Operette hat mit Millöckers vollstümlicher Operette
„Das verwunschene Schloß“ einen nachhaltigen Erfolg
errungen. Herr Forstner ist als Sepp brillant, Herr Wer¬
ner urspassig als Andredl, Frl. Grusel entzückt als Regerl
und Frau Moschigg=Jezzel zeichnet sich durch eine elegante
Coralie aus. Kapellmeister Wetzelsberger behandelte auch
dieses ältere Werk mit dem Respekte eines Künstlers, der mu¬
likalische Werke richtig einzuschätzen weiß.
H. S.
dem jugostawischen Nulionattate, dessen Mitglied
er ist, hinausbefördert worden sein, weil er
früher ein großer „Heil!“=Schreier war und bis
zum Zusammenhruche bei, der Volkswehr gedient
hat
A
VO
Theater, Kunft Znusik.
Senene elsten n
„Liebekéi“ nun auch schon vom Hauche der
Literaturgeschichte umwittert (wie lange
wird es dauern und man wird das Stück „zurück¬
spielen“ müssen!), wurde wieder in den Spiel¬
plan aufgenommen, vielleicht um Maria Rufer
nach längerer Zeit Gelegenheif zu geben, sich in
einer tragenden Rolle ihres eigentlichen Faches
zu zeigen. Sie bot eine sehr schöne Leistung.
Unterstützt durch ihre überaus sympathische Er¬
scheinung, ihre weichen, einschmeichelnden Be¬
wegungen, ihr angenehmes Organ wußte sie die
Christine, diese sentimentale Spielart des „süßen
Mädels“, durchaus lebensecht, schlicht und in
gutem Sinne rührend zu gestalten. Die zitternde,
ahnungsgetrübte Liebesfreude fand ebenso er¬
greifenden Ausdruck wie der wilde, verzweif¬
lungsvolle Schmerz der Verratenen. Auf gleicher
Höhe stand ihr Partner Theodor Grieg, der
mit vollendetem Takte und Feingefühl den schwer¬
blütigen Fritz darstellte; namentlich der verhalten¬
Ton des zweiten Aktes war gut getroffen. Der
Theodor verschaffte uns das seltene Vergnügen,
Franz Schramm auf der Bühne zu sehen —
selbstverständlich, daß er den frischen, leichten,
lebensfrohen Jungen mit allen Vorzügen seiner
Persönlichkeit und seiner Darstellungskunst aus¬
stattete. Als Schlager Mizi mit ihrer natürlichen
Heiterkeit und ihrem naiven Leichtsinn bot die
hübsche Lili Jusa einen herzerfrischenden An¬
blick. Auch Karl Krois und Charlotte Hen¬
drichs sind zu loben: Ludwig Gibiser war
in einer ganz kleinen Szene von packendster Wir¬
kung. Im allgemeinen eine recht gute Auffüh¬
rung, der Stimmungsgehalt der beiden letzten
Akte war hinreichend herausgearbeitet. Das
Genrebild des ersten Aufzuges würde noch einige
Dr. L.
lebhaftere Farben vertragen.
(Stadttheater.) Infolge Erkrankung des Fr..
Meinrad gelangt Donnerstag, den 26. d. M.,
statt Strindbergs „Kameraden“ Otto Ernsts Kö¬
mödie „Flachsmann als Erzieher“ zur Auf¬
führung.
(Konzert.) Frl. Annie=Maria Simma, eine
strebsame heimische Künstlerin, die ihre Aus¬
bildung an der Staatsakademie für Musik
und darstellende Kunst in Wien genoß, gibt
am 28. Februar, 8 Uhr abends, im kleinen
Musiksaale einen Lieder= und Arienabend,
bei dem sie unser geschätzter Meister Dr. E.
Komauer begleiten wird. Kartenvorverkauf¬
bei Birnbacher & Kollitsch. —