Liebelei
ene en enenenenen
DSTERNHAUE
box 12/8
Schnitzlers
„Weihnachtseinkäufe“ und „Liebelei“.
Der Einakter „Weihnachtseinkäufe“ führt in Schnitzlers Anatol-Welt; er
gehört zu einer Reihe von Einaktern, die unter diesem Titel vereinigt sind. Im
Anatol hat der Dichter den typischen Repräsentanten einer gewissen Gesellschafts¬
schicht und Kulturepoche geschildert, eine Figur, die wesentlich die Lebewelt Wiens
kennzeichnet, wo mehr als in anderen Großstädten die bodenständige Kultur ihren
bestimmenden Einfluß auf die Menschen ausgeübt hat. Eine dramatische Plauderei,
die die Kunst Schnitzlers verrät, in einer Augenblicksimpression, dem Dialog zwischen
dem „leichtsinnigen Melancholiker“ und der „Mondäne“, den Lebensinhalt winziger
episodischer Geschehnisse auszuschöpfen, indem er Unsagbares in leisen Unter¬
stimmen mitschwingen läßt, in einem kleinen, bestimmt eingestellten Lichtkegel
Menschenleben und Schicksale zu beleuchten.
Das dreiaktige Schauspiel „Liebelei“, das am 9. Oktober 1895 am Wiener
Hofburgtheater herauskam und dem Dichter den ersten großen Bühnenerfolg
brachte, ist eine schlichte volksliedartige Tragödie des Alltags, des Alltags, dessen
Zufälligkeiten, wie ein Verhängnis, dem einzelnen sein Schicksal geben, das er
tragen und leiden muß, das sein Leben bestimmt. Die innere Natur des Menschen
entscheidet darüber, ob es zum Segen oder zum Fluche wird, ob es das Leben
bejaht oder vernichtet. Vergeblich ist es, sich dagegen aufzulehnen. So muß
es als eine besondere Feinheit angesehen werden, daß der Dichter nicht Partei
nimmt für oder wider eine der Anschauungen, die er über Lebensglück, Schuld
und Sittlichkeit verkünden läßt. Der alte Musikus, der sich zu der milden, aber
prekären Erkenntnis durchgerungen hat, daß er die gealterte Schwester treulich
wohl vor Gefahren, aber auch vor allem Glück behütet hat, das der Zufall der
weniger sorgsam Behüteten hätte gewähren können — er muß wehrlos zusehen.
wie sein armes Kind, das ohne viel zu grübeln sich dieses Recht auf Glück selbst
genommen hat. daran zugrunde geht. An diesem traurigen Beispiel erleidet seine
schmerzlich errungene Weisheit Schiffbruch. So ist das Leben; und der Poet
läßt es unentschieden, ob die Richtigkeit der Lebensanschauung bei dem einen
oller dem anderen steht, bei der Lehre oder dem Beispiel, dem Recht auf Glück
oder dem Verzicht. Man muß robust sein und ein robustes Gewissen haben, um
das Leben zu ertragen, man muß die Wertigkeit der Dinge und Erlebnisse nach
B
Parkeff u. Linoleum
Lieferung, Verlegung, Reparaturen u. Bohnerarbeiten
durch eigenes geschultes Personal
LOTHAR MESSOW
Fernruf: Lützow 1818 BERLIN W Bülowstraße 88
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Schnitzlers
„Weihnachtseinkäufe“ und „Liebelei“.
Der Einakter „Weihnachtseinkäufe“ führt in Schnitzlers Anatol-Welt; er
gehört zu einer Reihe von Einaktern, die unter diesem Titel vereinigt sind. Im
Anatol hat der Dichter den typischen Repräsentanten einer gewissen Gesellschafts¬
schicht und Kulturepoche geschildert, eine Figur, die wesentlich die Lebewelt Wiens
kennzeichnet, wo mehr als in anderen Großstädten die bodenständige Kultur ihren
bestimmenden Einfluß auf die Menschen ausgeübt hat. Eine dramatische Plauderei,
die die Kunst Schnitzlers verrät, in einer Augenblicksimpression, dem Dialog zwischen
dem „leichtsinnigen Melancholiker“ und der „Mondäne“, den Lebensinhalt winziger
episodischer Geschehnisse auszuschöpfen, indem er Unsagbares in leisen Unter¬
stimmen mitschwingen läßt, in einem kleinen, bestimmt eingestellten Lichtkegel
Menschenleben und Schicksale zu beleuchten.
Das dreiaktige Schauspiel „Liebelei“, das am 9. Oktober 1895 am Wiener
Hofburgtheater herauskam und dem Dichter den ersten großen Bühnenerfolg
brachte, ist eine schlichte volksliedartige Tragödie des Alltags, des Alltags, dessen
Zufälligkeiten, wie ein Verhängnis, dem einzelnen sein Schicksal geben, das er
tragen und leiden muß, das sein Leben bestimmt. Die innere Natur des Menschen
entscheidet darüber, ob es zum Segen oder zum Fluche wird, ob es das Leben
bejaht oder vernichtet. Vergeblich ist es, sich dagegen aufzulehnen. So muß
es als eine besondere Feinheit angesehen werden, daß der Dichter nicht Partei
nimmt für oder wider eine der Anschauungen, die er über Lebensglück, Schuld
und Sittlichkeit verkünden läßt. Der alte Musikus, der sich zu der milden, aber
prekären Erkenntnis durchgerungen hat, daß er die gealterte Schwester treulich
wohl vor Gefahren, aber auch vor allem Glück behütet hat, das der Zufall der
weniger sorgsam Behüteten hätte gewähren können — er muß wehrlos zusehen.
wie sein armes Kind, das ohne viel zu grübeln sich dieses Recht auf Glück selbst
genommen hat. daran zugrunde geht. An diesem traurigen Beispiel erleidet seine
schmerzlich errungene Weisheit Schiffbruch. So ist das Leben; und der Poet
läßt es unentschieden, ob die Richtigkeit der Lebensanschauung bei dem einen
oller dem anderen steht, bei der Lehre oder dem Beispiel, dem Recht auf Glück
oder dem Verzicht. Man muß robust sein und ein robustes Gewissen haben, um
das Leben zu ertragen, man muß die Wertigkeit der Dinge und Erlebnisse nach
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