Liebelei
een. box 12/8
Der Tag, Berlin
Okt. 1925
smmmmmmmnmmmititauunmtummtnemunnummmmmmmmmmnnenummmmntnummunnummtanuiadummmmnmmmmintinnikummummummmnntnn“
was bei den „Weihnachtseinkäufen“ nur leise an¬
Weihnachts= und Liebes¬
gestimmt und kokett erörtert wurde.
Lucie Mannheim, die eben erst des
geschenke.
norddeutschen Jugenddichters Aennchen war, ist
heute des österreichischen Autors Musikanten¬
Schnitzler=Abend im Schiller=Theater.
tochter Christine. Sie könnte auch diesmal
Das Staatliche Schiller=Theater
geradewegs aus dem Pfarrhaus kommen. Das
spendet Kaviar für das Volk der Bismarckstraße.
süße Mädel gelingt ihr vorbei, je mehr sie sich
Aus dem Delikatessenhaus des jungen Schnitzler
auf Schlichtheit einstellt, nur ihre großen schönen
von Anno dazumal. Den kurzen Theateravend
Augen, ihre schlanken sprechenden Hände reden
einer „Liebeiei“ dehnt etwas gemächlich die
läßt.
lose Szene aus dem Anatol=Zyklus „Weih¬
Weit mehr schaut die Mizi Schlager, Maria
nachtseinkäufe“, das den Auftakt bildet.
Paudler, nach dem Wiener Graben aus.
Soll man diese kleine geistreiche Szene (Geist¬
Neigt wienerisch anmutsvoll zur Fülle. Doch
reichtum von ehedem) dem Rampenlicht aussetzen.
vielleicht zu sehr. So daß es am Ende doch eher
Es scheint so wenig angebracht, wie, aus anderen
die Schlager=Mizi ist, die etwas verspätet aus
Gründen natürlich, der „Reigen“ des schon muti¬
Wiener Kabarett zu uns herüberkam. Die
geren Arthur Schnitzler. Der Regisseur Jürgen
Freunde Fritz und Theodor, ein wenig blaß, aber
Fehling läßt die zwei Leute, die Frau mit
mit schauspielerischem Takt, Richard Du¬
dem Sehnsuchtherzen nach der Vorstadtliebe, doch
schinsky und Heinrich Schnitzler, der
ohne „Mut“, und den Mann, der ihr gefällt, auf
Sohn unseres Poeten.
dem breiten Bühnenplatz „Am Hof“ zu Wien
Jakob Tiedtke, ein humoriger Orchester¬
spielen. Eine Viertelstunde lang stehen sie im
Schneegestöber und reden aneinander vorbei, direkt
geiger vom Josefstädtchen. Albert Patry,
ein würdiger Greis, den man betrog, und nun
vor dem Sauffleurkasten. Das taten, schon um sich
nicht nasse Füße zu holen, bei Weihnachtsein¬
inmitten göttlicher Jugendfreude die Totenuhr
des jungen Fritz auf zwölf stellt.
käufen selbst gutangezogene Leute von damals
Wiener „Hamur", Liebelei und Sentimentalität
nicht, sondern „spazierten“ und sahen sich die
weichen doch im großen ganzen norddeutscher An¬
Buden und Schaufenster an. Taten wenigstens so.
schauung von ähnlichen Dingen, die teils notwen¬
Drum wirkt das kleine Stück nicht einmal wie
dig scheinen, teils vom Uebel sind. In seinem
eine Szene oder gar lebendig, sondern wie ein
Vorwort entschuldigt sich denn auch der Regisseur
Prolog, den Erwin Faber und Lina
Jürgen Fehling gewissermaßen, daß er dies
Lossen zu dem sprechen, was nun kommt: zum
Wienerische Stück von Nichtösterreichern
Schauspiel „Liebelei“ das in Taten umsetzt,
spielen ließ. Der Radius des Schnitzlerschen
Dichtertalentes rechtfertige es. Denn, men #
ling, der Norddeutsche: „Der Wiener Ton¬
fallist in dieser Dichtung eine Mund¬
artdes Herzens, nicht nur der Zunge“.
Mit Verlaub, das nennt man mit schönklingen¬
den Worten um Unabänderliches herumreden.
Allerdings soll es ja Leute geben, die so „musi¬
kalisch“ sind, daß sie ein Stück, das im Des=dur¬
Klang geschrieben und gedacht ist, unirritiert mit
gleichem Ohr etwa in C-dur hören mögen.
Der Reichsboie, verin.
Ich frage Sie, Herr Fehling, um bei der Dich¬
tung zu bleiben: Kann man einen Satz gleich dem
„Für wen soll Ihr Geschenk gehören?“ auf
Grund der „Rechtsprechung“ auf norddeutsch klin¬
1 5.0kt 1925
gen lassen? Das hört man zwar in den „Weih¬
nachtseinkäufen“. Doch in der „Liebelei“ ließ sich
das Beispiel verhundertfachen, in Redewendungen
nicht nur, sondern auch in Stimmungen, und vor
allem in der, nun eben ja, in der — Melodei.
Theater und Musik.
—ner.
Schnitzler im staatlichen Schiller=Theater.
Weihnachtseinkäufe.
Ein wunderhübsches weihnachtliches Bild zeigte die Bühne
mit Schneegestöber, Marktbuden in der reizvollen Wiener Land¬
schaft „Am Hof“ Lina Lossen und Erwin Faber gaben
das den Weihnachtsmann ###h##de Paar: elegant und wiene¬
risch. Reicher Beifall lohnte die Darsteller.
Liebelei.
In altmodischen Kleidern war der Dichtung ein voller Erfolg
beschieden. Der studentische Budenzauber im ersten Aufzug war
geradezu meisterlich. Maria Paudler als Mizzi war
reinstes wienerisch=naives Blut und erntete stürmische Heiterkeit.
Der Sohn des Dichters, Heinrich Schnitzler, als Theodor
war ihr ein guter Partner. Im tragischen zweiten Teile über¬
ragte Lucie Mannheim als Christine bei weitem auch hoch¬
gespannte Erwartungen. Die Künstlerin schuf in Liebe, Schmerz
und Verzweiflung einen Menschen, mit dem jeder mitfühlen
mußte. Sie wurde immer wieder anerkennend hervorgerufen.
Richord Duschinsky, Patry und Tiedtke unterstützen
die große Leistung der Mannheim geschickt und fein. Der Spiel¬
leiter Jürgen Fehling hatte für treffli#h Bilder und vor¬
W. L.
bildliches Au##enspiel gesorgt.
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Der Tag, Berlin
Okt. 1925
smmmmmmmnmmmititauunmtummtnemunnummmmmmmmmmnnenummmmntnummunnummtanuiadummmmnmmmmintinnikummummummmnntnn“
was bei den „Weihnachtseinkäufen“ nur leise an¬
Weihnachts= und Liebes¬
gestimmt und kokett erörtert wurde.
Lucie Mannheim, die eben erst des
geschenke.
norddeutschen Jugenddichters Aennchen war, ist
heute des österreichischen Autors Musikanten¬
Schnitzler=Abend im Schiller=Theater.
tochter Christine. Sie könnte auch diesmal
Das Staatliche Schiller=Theater
geradewegs aus dem Pfarrhaus kommen. Das
spendet Kaviar für das Volk der Bismarckstraße.
süße Mädel gelingt ihr vorbei, je mehr sie sich
Aus dem Delikatessenhaus des jungen Schnitzler
auf Schlichtheit einstellt, nur ihre großen schönen
von Anno dazumal. Den kurzen Theateravend
Augen, ihre schlanken sprechenden Hände reden
einer „Liebeiei“ dehnt etwas gemächlich die
läßt.
lose Szene aus dem Anatol=Zyklus „Weih¬
Weit mehr schaut die Mizi Schlager, Maria
nachtseinkäufe“, das den Auftakt bildet.
Paudler, nach dem Wiener Graben aus.
Soll man diese kleine geistreiche Szene (Geist¬
Neigt wienerisch anmutsvoll zur Fülle. Doch
reichtum von ehedem) dem Rampenlicht aussetzen.
vielleicht zu sehr. So daß es am Ende doch eher
Es scheint so wenig angebracht, wie, aus anderen
die Schlager=Mizi ist, die etwas verspätet aus
Gründen natürlich, der „Reigen“ des schon muti¬
Wiener Kabarett zu uns herüberkam. Die
geren Arthur Schnitzler. Der Regisseur Jürgen
Freunde Fritz und Theodor, ein wenig blaß, aber
Fehling läßt die zwei Leute, die Frau mit
mit schauspielerischem Takt, Richard Du¬
dem Sehnsuchtherzen nach der Vorstadtliebe, doch
schinsky und Heinrich Schnitzler, der
ohne „Mut“, und den Mann, der ihr gefällt, auf
Sohn unseres Poeten.
dem breiten Bühnenplatz „Am Hof“ zu Wien
Jakob Tiedtke, ein humoriger Orchester¬
spielen. Eine Viertelstunde lang stehen sie im
Schneegestöber und reden aneinander vorbei, direkt
geiger vom Josefstädtchen. Albert Patry,
ein würdiger Greis, den man betrog, und nun
vor dem Sauffleurkasten. Das taten, schon um sich
nicht nasse Füße zu holen, bei Weihnachtsein¬
inmitten göttlicher Jugendfreude die Totenuhr
des jungen Fritz auf zwölf stellt.
käufen selbst gutangezogene Leute von damals
Wiener „Hamur", Liebelei und Sentimentalität
nicht, sondern „spazierten“ und sahen sich die
weichen doch im großen ganzen norddeutscher An¬
Buden und Schaufenster an. Taten wenigstens so.
schauung von ähnlichen Dingen, die teils notwen¬
Drum wirkt das kleine Stück nicht einmal wie
dig scheinen, teils vom Uebel sind. In seinem
eine Szene oder gar lebendig, sondern wie ein
Vorwort entschuldigt sich denn auch der Regisseur
Prolog, den Erwin Faber und Lina
Jürgen Fehling gewissermaßen, daß er dies
Lossen zu dem sprechen, was nun kommt: zum
Wienerische Stück von Nichtösterreichern
Schauspiel „Liebelei“ das in Taten umsetzt,
spielen ließ. Der Radius des Schnitzlerschen
Dichtertalentes rechtfertige es. Denn, men #
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fallist in dieser Dichtung eine Mund¬
artdes Herzens, nicht nur der Zunge“.
Mit Verlaub, das nennt man mit schönklingen¬
den Worten um Unabänderliches herumreden.
Allerdings soll es ja Leute geben, die so „musi¬
kalisch“ sind, daß sie ein Stück, das im Des=dur¬
Klang geschrieben und gedacht ist, unirritiert mit
gleichem Ohr etwa in C-dur hören mögen.
Der Reichsboie, verin.
Ich frage Sie, Herr Fehling, um bei der Dich¬
tung zu bleiben: Kann man einen Satz gleich dem
„Für wen soll Ihr Geschenk gehören?“ auf
Grund der „Rechtsprechung“ auf norddeutsch klin¬
1 5.0kt 1925
gen lassen? Das hört man zwar in den „Weih¬
nachtseinkäufen“. Doch in der „Liebelei“ ließ sich
das Beispiel verhundertfachen, in Redewendungen
nicht nur, sondern auch in Stimmungen, und vor
allem in der, nun eben ja, in der — Melodei.
Theater und Musik.
—ner.
Schnitzler im staatlichen Schiller=Theater.
Weihnachtseinkäufe.
Ein wunderhübsches weihnachtliches Bild zeigte die Bühne
mit Schneegestöber, Marktbuden in der reizvollen Wiener Land¬
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Liebelei.
In altmodischen Kleidern war der Dichtung ein voller Erfolg
beschieden. Der studentische Budenzauber im ersten Aufzug war
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reinstes wienerisch=naives Blut und erntete stürmische Heiterkeit.
Der Sohn des Dichters, Heinrich Schnitzler, als Theodor
war ihr ein guter Partner. Im tragischen zweiten Teile über¬
ragte Lucie Mannheim als Christine bei weitem auch hoch¬
gespannte Erwartungen. Die Künstlerin schuf in Liebe, Schmerz
und Verzweiflung einen Menschen, mit dem jeder mitfühlen
mußte. Sie wurde immer wieder anerkennend hervorgerufen.
Richord Duschinsky, Patry und Tiedtke unterstützen
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bildliches Au##enspiel gesorgt.