II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1543

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Dr. Max Goldschmic
Büro für Zeitungsausschnitte
BERLIN N4
Telefon: Norden 3051
Dussc. mitt aus:
Hamburger Fremdenblatt
21 Apr 4027
Theater, Kunst und wissenschaft.
Hamburger Kammerspiele.
„Liebelei.“

Als Arthur Schnitzler seine drei
Akte „Li#ei“schrieb, warer jung, und
das ist lange her. Die Welt sohdamals ein
wenig anders aus als heute, die jungen Leute
waren ganz andere junge Leute, unsachlicher
und mit sanfteren Reigungen, spielerischer und
üsthetischer gerichtet als heute. Auch standen
Gefühle — ganze, halbe und viertel Gefühle —
bei ihnen höher im Kurs und trugen ein farbig
zarteres Kleid. Etwa in „bleu madonne“ eine
Farbe, die heute nur um des Gegensatzes
willen wieder modern ist.
Also — so könnte man folgern — hätte
die Liebelei heutzutage und am Horoskop der
Zeit gemessen, alle Chancen, zum alten Eisen
geworfen zu werden. Jawohl, so wäre es,
wenn da nicht eine Figur auf der Bühne
stände, wenn da nicht ein Mensch sein Geschick
erfüllte, das nicht von heute oder gestern ist,
sondern urewige menschliche Bestimmung. Wer
liebt, trägt stets die größee Last.
In einer Welt, wo alles Spiel, ein bißchen
Wärme und ein bißchen Schwindel ist, hat die
kleine Christine das unerhörte Pech, die Liebe
ernst zu nehmen; in einer Welt der Spiel¬
marken zahlt sie bar und mit dem vollen Ein¬
satz ihres Lebens. Und die anderen sind so
gewohnt, mit Surrogaten zu jonglieren und
ihre Gefühle im Duodezformat von Hand zu
Hand gehen zu lassen, daß sie kaum merken,
wie ernst es der kleinen Christine mit ihrer
Liebe ist. So sehr ernst, daß ihr alles zusam¬
menbricht, als sie erfährt, wie wenig sie eigent¬
lich bedeutete für einen, der nett und zärtlich
zu ihr war und sich verweilen für eine andere
totschießen ließ.
Weil dieser kleine holde Mensch Christine
mit dem Opfer eines reinen starken Herzens in
der Welt lauwarmer Halbheiten von einem
Dichter wahrhaft gestaltet ist, darum lebt die
alte „Liebelei“ auch heute noch und ist
dieser Figur — jung wie am ersten Tag.
ch ließ die Gestalt
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Christinens langsam wachsen und groß werden.
Im ersten Akt hielt sie sich und ihr Können
zurück, im zweiten rückte sie vor, um sich im
dritten zu einem wundervollen, erschütternden
Ausbruch des für ein Nichts dahingegebenen
Herzens zu steigern. Da hatte sie Momente,
wo sie ganz unmittelbar und menschlich groß!
war. Leider stand sie auf dieser Höhe recht
einsam, denn weder ier Partner Fritz noch sein
ckamen über den wackeren
Freund
Durchschnitt hinaus. Und das ist für ein¬
Berliner Ensem le #i#ter wenis, g. A. G/

Dr. Max Goldschmidt
Büro für Zeitungsausschnitte
Telefon: Norden 3051
BERLIN N 4
Ausschnitt aus:
Königsberger Hartungsche Zeitung
2 7. Nov. 1927
Gastspiel Lucie Mannheim —
Schnitzlers „Liebelei“ im Neuen Schauspielhaus.
Lucie Mannheim vom Staatstheater Berlin, den Königs¬
bergern von ihrer früheren Tätigkeit an unserer Kammerspielbühne
wohl bekannt, hatte Sonnabend abend in ihrer Gastrolle als Christine
in Schnitzlers „Liebelei“ einen gewaltigen Erfolg. Wir werden
über die Aufführung, die von Max Weber sorgfältig vorbereitet
war, am Montag ausführlich berichten. Soviel sei schon heute ver¬
raten, daß Lili Sandreczki als Mizi Schlager neben dem an¬
gesehenen Gast rühmlich bestand. Kurt Hoffmann, Wolf Be¬
neckendorff und Rudolf Blaesz brachten die erforderte Wie¬
ner-Note ins Spiel. Das Publikum dankte durch stürmischen Beifall.