II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1701

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5. Liebelei
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war, ferner welche Elementarkraft die Rolle der Christine an
Absicht, bahnbrechend zu
und für sich enthält. Die Christine Weyring hat bei der Ur¬
n im Burgtheater hinder¬
aufführung Adele Sandrock gespielt! Ein Genie von außer¬
ung, in der sich die erste
ordentlichem Format. Nicht mehr jung damals, auch nicht
egenüber gefiel. Warum?
hübsch, nicht mädchenhaft und alles andere, aber auch
he Produktion? War die
wirklich alles andere als wienerisch. Dennoch wurde ihr die
Etraßen nur Personen ge¬
Rolle zum Sieg. Sie gab in der Kameliendamenmanier der
en? Ungeschriebenes Ge¬
großen Tragödinnen jener Epoche ein zärtliches, ein schmerz¬
eine Ausnahme erlaubte.
durchwühltes Frauenherz. Die Medelsky war endlich wienerisch
meinen Anfängen an zu
brachte die Süße der Einfachen, die Liebe der Unkomplizierten,
u verstehen. So war mir
zuletzt, und das war hinreißend, wurde sie kraft der elemen¬
der eines Nachts mit mir
taren Gewalt ihres Tragödinnentemperaments rasende
e Premiere der „Liebelei“
Tragödin. Ich will durchaus nichts gegen die Medelsky und
Auf, das Schtück!“ rief er
ihre wunderbare Leistung sagen, wenn ich feststelle, daß erst
wenn ich mir glei' damit
die Christine von Paula Wessely mir die wahre Erfüllung
ich kann mir net
der wienerischen Mädchengestalt bedeutet. Erst für sie hat
t? Was sollte denn
die Rolle der Christine nicht zwei Teile, einen halb fröhlichen
ks Kunstwerk, das mußte
und einen tief tragischen. Erst durch sie ist die Christine ein
ch verstand ihn nicht. Er
ganzes, unteilbares Geschöpf, naturhaft, einfach, und, wenn der
das „G'nack“ gebrochen.
Vergleich nicht zu abgebraucht wäre, wie ein Volkslied so
und blieb eine rühmliche
e Entdecker=Tat. Das soll zu Herzen und zu den Sinnen sprechend. Erst durch die
Wessely ist das Schicksal der Christine einfach und im Ein¬
unter Schlenther, der den
fachen beinahe alltäglich. Sie hebt die Christine gar nicht
chhaltigen Erfolg gespielten
ins Ungewöhnliche, und das eben ist an der Wessely das
lernte man, daß es auch
Herrliche. Ein Mädchen gibt sie, wie hunderte, wie tausende
selbst dann schonten, wenn
umhergegangen sind, umhergehen und umhergehen werden.
hten.
Sie leidet, was tausende vor ihr gelitten haben und
itlich zum erstenmal nach
nach ihr leiden werden. Ernsthafter im Wesen als die
seit der jungen Medelsky,
Schlager=Mizzi, nicht zu irgendeinem Vergnügen der Sinne
Mädel verkörpert wird,
geschaffen, sondern wirklich und ernsthaft verliebt. Doch ebenso
einen Begriff, wie fremd
wie die Schlager=Mizzi nach ihrer leichteren, glücklicheren
t dem wienerischen Mädel
gestalt der Wessely dasteht und den schönen, einfachen Sinn
Art ein Typus, ist diese Christine typisch und läßt sich, trotz¬
der Dichtung heller leuchten läßt, denn er je geleuchtet hat.
dem Schubert= und Lanner=Musik in ihr schwingt, gleich dem
Wenn einem Mädel die notwendigen lokalen Eigen¬
Klärchen in jede andere Landschaft übersetzen. Deshalb macht
schaften angeboren sind, dann ist es sehr wirksam, als
erst die Wessely völlig klar, was der Christine geschieht, das
Schlager=Mizzi in Gegensatz zur Christine zu treten, und es
heißt, sie bringt es schauspielerisch zum reinsten und stärksten
ist sehr wirksam, die der Christine nun einmal so nahe
Ausdruck, jedenfalls zum deutlichsten und einfachsten, indem
benachbarte Welt der Schlager=Mädeln, die Frauen geworden
sie keineswegs aufs Stichwort tragische Register zieht. Diese
sind, sinnfällig erscheinen zu lassen. Paul Kalbeck, der die
überrumpeln, mit hinlänglicher Dynamik losgefeuert, aller¬
Dichtung mit einer stummen, doch angenehm fühlbaren
dings unfehlbar das Publikum. Christine aber steht in einem
Musik der Seele auf die Szene bringt, findet in Friedl
von Hoffen und Zagen, von Freude und Bangen, von Warten
Czepa die enorm begabte Schauspielerin, die das Wertlose
und halbem Verzichten zuckenden Kampf um ihr Liebesglück,
der Schlager=Mizzi mit frecher Anmut ins Sympathische und
in einem Kampf gegen Fritz, mit Fritz, um Fritz. Sie weiß
bezaubernd Spaßige wendet, ferner in Annie Rosar eine
und will es doch nicht wissen: ihr Glück wird kurz sein. Sie
längst ausrangierte Mizzerl, die nun zur riegelsamen und
ist entschlossen, das zu dulden, sich später einmal in irgend¬
bürgerlich gewordenen Frau Binder avanciert ist und diesen
einer Form, die sie kaum noch kennt, nur ganz verworren
Lebenslauf ergötzlich im Gesicht wie an den Kleidern trägt.
ahnt, mit solchem Schluß abzufinden. Daß aber Fritz plötzlich
Vom „fremden Herrn“ will ich kein Wort sagen. Er soll
tot ist, begraben, um eine andere Frau gestorben, das reißt
der leibhaftige Tod, soll jedenfalls mitten in der Freude das
sie mitten aus ihrer Daseinsfülle, mitten aus dem hohen
Grauen sein und ist diesmal nur ein Schauspieler. Aber
Wellengang ihrer stürmischen Gefühle in das Nichts und in
Hans Thimig wird als Fritz zur schmerzlichen Sorge. Er
die Vernichtung. So blitzschnell, so irrsinnig rapid, daß ihr
wirkt bezwingend in Charaktergestalten, markerschütternd,
wenn er tragisches Schicksal erleidet, herzerfrischend, wenn er
keine Zeit bleibt, vorher tragödienhaft tragisch zu weiden
dem Alltag Abgelauschtes in seine scharfzeichnende Komik
Und hier ist das Erschütternde an der Wessely, daß sie keines¬
überträgt. Eine seltene, geradezu eine kostbare Qualität, ein
wegs als eine Tragödin in den Tod rennt, von einer Theater¬
ganzer Künstler. An seinem Platz! Die strahlenden Menschen
bühne weg, sondern als eine Verzweifelte, als eine einfache,
jedoch, die auf der Bühne und von der Bühne her geliebt
echte Mädchennatur, der das Herz wirklich und einfach in
werden, diese gottgewollten Liebhaber, um die man jubelt
Stücke bricht, wie das täglich so und sovielen einfachen, echten
und um deren Verlust die Christinen in den Tod stürzen,
Mädchenherzen geschieht, auch wenn sie nicht immer in den
ach Herrjeh, Gott hat dem Hans Thimig eine überreiche
Tod stürzen. Alles ist Einheit an dieser Christine, die In¬
Seele geschenkt, aber daß er damit hingeht und ein Liebhaber
teusität ihrer schlichten Gegenwart, ihrer hilflos schlichten
sein will, das hat Gott, leider Gottes, nicht gewollt. Also
Zärtlichkeit und ihrer hilflos schlichten Verzweiflung. Kein
warum mit so vielen, mit so hoyen Gaben etwas ertrotzen,
Hauch von Theaterei, kein gezogenes Register, kein ge¬
schminkter Ton stört das Ereignis, als welches die Christiuen=; wozu man just nicht begabt ist 2