II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1705

Liebelei
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27. f. 1633.
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Theater und Kunst
Theater in der Josefstadt.
Sehhitzler’s tiefgründige Dichterworte erklingen.
Das weite Land der Seele umfängt uns mit seinem
milden Hauch. Gleichsam als Vorspiel die Marionet¬
tenszene „Der tapfere Cassian“; ungeachtet
des puppenspielerischen Charakters ertönen alle
Grundakkorde des Seins, die urewigen Wahrheiten
von Leben, Lieben und Sterben. Dieses feinziselierte
Miniaturspiel erhält durch die virtuose Darstellung
von Hans Thimig, Friedl Czepa, Alfred Neugebauer
eine besondere Resonanz. Das Ganze ist von der
zartsinnigen Regie. Paul Kalbeck’s auf farbigste
Spieldosenromantik eingestellt.
Diese wunderbare Inszenierungskunst wie die
Vollendung der Darstellung prägt sich noch nach¬
haltiger im Hauptwerk „Liebelei“ aus. In feinen
Nüancen ist das fin dé siecle-Wien mit seinen sinn¬
lich-elegischen Gefühlen veranschaulicht. Eine Welt
der Halbheiten, keine Liebe, alles ist Liebelei. Aber
plätzlich erwächst aus diesem Spiel mit dem Feuer
eine elementare Flamme, eine große Liebe, ein
menschlicher Aufschrei: Paula Wessely’s Christine
in ihrer schlicht-genialen Ursprünglichkeit, in ihrer
unaufdringlichen Größe; jedes Wort ihrer „Christine“.
ist ein Schicksal, und selbst ihr Schweigen spricht
eine eindringliche Sprache, die Sprache des Herzens.
Als ihre Freundin, die leichte „Schlager-Mizzi“ ist
Friedl Czepa, ein Sonnenstrahl, der auch in den Nie¬
derungen des Gefühles wärmt und leuchtet. Den
alten Weyring gibt Hugo Thimig mit gereifter Mei¬
sterschaft, mit der Ueberlegenheit edler Weltanschau¬
ung und verständnisvoller Güte. Hans Thimig als Fritz
malt in erlesen nüancierten Aquarellfarben das Bild
eines sehnsuchtsvoll-lebensdurstigen Menschen, über
dem schon die Todesschwingen rauschen. Ein in¬
teressanter Gegensatz zu seiner passiven Charak¬
terisierungskunst ist Heinrich Schnitzler’s lebensprü¬
hende Gestaltung. Ueberaus saftvoll auch Annie
Rosar. Schließlich sei noch Herbert Hübner’s ge¬
dacht, der mit scharfer Prägnanz als „fremder
Herr“ der zum Duell auffordert, die Hand des rä¬
chenden Schicksals verkörpert.