II, Theaterstücke 5, Liebelei. Schauspiel in drei Akten, Seite 1710

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iebelei
5. J.
„OBSERVER'
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt aus:
Hambur ger Fremndenblatt,
4.5, 1935
vom:
a
Arthur Schnitzler ist tot; und es schien
zu brohen, daß er undenreiflich rasch, wenn auch
sicherlich nur für eine kleine Weile, von der deut¬
schen, ja sogar auch von der österreidischen Bühne
verschwinde. Reinhardts Theatei in der
Josefstadt besinnt sich des Besseren und spielt
jetzt des Dichters „Tapferen Cassian“ vor
allem aber seine „Liebelei“, diesen Erstlings¬
würf, der bestehen bleiben wird als vollkommenes
Paula
dichterisches Abbild einer Epoche.
Wessely, die man vor ein paar Monaten als
Rose Bernd in Berlin stürmisch als eine der
jungen Größen unseres Theaters erkannte, ist nun
hier jene Christine, die an der kleinen Vorstadt¬
liebe eines fröhlichen Jünglings stirbt. Noch
mehr tut die Wessely, tut, was nur ganz große
Künstlerinnen können, was nur ganz echtes
Theaterblut vermag: zerreißt auf der Bühne ihr
Herz, verzweifelt wahrhaftig an diesem Leben,
kommt mit tränenverwüstetem Gesicht vor den
Vorhang, um sich zu bedanken. Nie genug des
Dankes für solche Kunst!
1. B.
1—4
SO
Lap: —
1O33N20 5.



Arthur Schpitzler fif — az apja darabjäban jätszik a bécsi
eLiebelei=-t.
Josefstädler Theaterben, amely felujitotta a
Heinrich Schnitzler partnere Czepa kisasszony.
(Poto Willinger)
30
BBSERVER
Wien, I, Wollzeile
Telsion R=23-0-45
WIENER RTUDER
— 5. HRZ. 1933
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Im Theater in der Josefstadt spielt man
„Liebelei“ von Schnitzler mit eigenartig kühler
Ueberlegenheit wie ein historisches Stück, dessen poctische
Schönheit man genießt, ohne sich von den Vorgängen
hinreißen zu lassen. Nur Paula Wessely als Chri¬
stine tritt aus der Gedämpftheit des Spiels hervor in
das grellere Licht eines echten Schicksals. Die übrigen,
Hans Thimig, Hugo Thimig, die junge Czepa,
Frau Rosar und der junge Schnitzler, bleiben im
Halbdunkel einer vornehmen Zurückhaltung, die freilich
gerade dort nicht angebracht scheimi, wo Schnitzlers
volkstümlichstes Werk nicht mehr ganz zeitgemäß
anmutet. Dennoch war der Eindruck stark. Vorher gelangte
„Der tapfere Cassian“ ein Puppenspiel mit
Hintergründen, von Hans Thimig, Frau Czepa
und Neugebauer zweckmäßig vorgetragen, zur
Aufführung.
E. G.
„DBSERVER“
Wien, I., Wollzeile Nr. 1.
Telefon R-29-0-43
Neueste zeitung, Innsbruck,
7.5. 1955
Der Schnitzler=Abend des Josefstädtertheaters bescherte
Liebelei“ und das Puppenspiel „Der tapfere Cassian“ aus dem
Zyklus „Marionetten“. Sophie zwischen Martin und Cassian, die
sich um die Kleine streiten, doch nicht aus wahrer Liebe, der eine aus
eitler Dämonie, der andere aus aufschneiderischer Männlichkeit. Es
steckt so viel Gleichnis in diesen Szenen, es fließt so viel Blut in
diesen Puppen! Und es gibt das böse Ende, und die Flöte bricht ab,
und die Spieldose bleibt stumm. Paul Kalbeck führte eine Meister¬
regie, Czepa, Hans Thimig, Neugebauer spielten ein
Meistertrio. — Es folgte „Liebelei“ nicht in allem ganz wienerisch,
am wienerischesten die süße Schlager=Mizzi Czepas. Paula Wes¬
sely als Christine steigerte diese „Liebelei“ in das Hochtragische.
Die Schlichtheit, die Unaufdringlichkeit, läßt dann das Ende als
1 bernde Flamme aufbrechen, als Fluch, als Gretchenschrei. Und man
bedauert erneut, diese schauspielerische Gewalt nicht als Rose Bernd
gesehen zu haben, die Wessely, trotz ihres enormen Berliner Erfolges,
Wien noch schuldet. Sehr frisch Heinrich Schnitzler der Sohn
des Dichters, als Theodor, voll echter Wirkung Hans Thimig als
Fritz, vielleicht etwas zu allgemein klassisch Hugo Thimig als Vater
Weiring. Im ganzen eine Aufführung, wohldurchdacht und voll
Leben, in eine Schnitzler=Atmosphäre getaucht, wie man sie nur in
Herbert Stifter.
Wien erleben kann.