box 13/3
Liebelei
5. Dnn
I. Oesterr.
AIOBSERVER bererdl. kons¬
Büro für Zeitungsnachrichten
WIEN I, WOLLZEILE 77
Salzburger Volksb1.
7.31933.
10
Der Schnitglerabend des Josof¬
städter Theaters bescherte
TLicheloi“ und das Puppenspiel
IDer tapfere Cassian! aus dem
Zyklus Viarionetten“ Sophie
zwischen Kartin und Gassian, die
sich un die Kleine streiten,
doch nächt aus nahrer Liebe, der
eine aus eitler Däncnie, der andere
aus aufschneiderischen Männläch-
keit. Es steckt so viel Gleichnis
in diesen Szenen, es flloset so
viel Blut in diesen Puppen! Und
en gibt das böse Ende, und die
Flête bricht ab, und die Spiel¬
ct
dose Sisiot beums raun Kalbeck
führte eine Reisterregie, Czepp,
Hans Thinig, Neugebauer spielten
ein leistertrio. Es folgte VLiebe¬
1e1“, nicht in ellen ganz wiene¬
risch, am vienerischesten die
süsse Schlager-Mizzi Ozepas. Paula
Nessely als Christine steigerte
diese siebelei in das Hochtra¬
gische, Die Schlichtheit, die Unauf¬
dringlichkeit, lässt dann das Ende
als lodernde Flammne aufbrechen, als
Fluch, als Cretehenschrei, Und man
bedauert erneut, diese schauspiele¬
rische Gewalt nicht als Rose Bernd
gesehen zu haben, die Vessely, trotz
ihres enornen berliner Erfolges,
Vien noch schuldet, Sehr Frisch
Heinrich Bolmitaler, der Sohn des
Dächters, als Theodor, voll. echter
Virkung Hans Thänig als Fritz, viel¬
leicht etuas zu allgenein klassisch
Hugo Thinig als Vater Veiring. Im
ganzen eine Auf führung, wohldurchdacht
und voll Leben, ineine Schnitzlerat¬
mosphüre getaucht, wie man sie nur in
Wien erleben kann
2
00
—
I. Oesterr.
2
OBSERUER uonere. vond
20
Büro für Zeitungsnachrichten
WIEN I, WOLLZEILE 11
Kun
8
The Viennä
lin7
SCHNITZLER MASTER-
PIECE REVIVED BY.
MAX REINHARDT
The Theater in der Josefstadt has
revived Arthur Schnitzler’s youthful
work, Liebelei'’ (untranslatable except
by the French word, Amourette'), in
pious memory. This masterly play,
independent of all the chänges of
fashion and the spirit of the times, still
affects us as compellingly as ever.
Paula Wessely as Christine gives a
portrayal which is one of the greatest
achievements of her career and one of
the finest and most human dramatie
impersonations of recent years.
Frl. Czepa and Frl. Schlager-Mizzi
do honor to the best Schnitzler tra¬
ditions. The latter actress, through her
vivid interpretation of this role, has
become the talk of the town overnight.
Hans Thimig, Hugo Thimig and
Schnitzler’s son share the male roles,
each with the highest and most appeal¬
ing artistry, that mastery which we
have rightly comne to expect and
demand from Reinhardt’s Josefstadt
players.
Schnitzler’s exquisite one-act
puppet-play, Der tapfere Cassian', is
the curtain-raiser. Another evening of
Fhistorical achievement in the annals öf
the Josefstadt.
29-0-43
München Augsburger Abend¬
zeitung, 10.3.1933
Herbert Stifter
Der Schnitzler=Abend des Joephstädter¬
Theaters bescherte „Liebelei“ unddas Pup¬
penspiel „Der tapfere Cassian aus dem
Zyklus „Marionetten“ Sophie zwihhen Mar¬
tin und Cassian, die sich um die Kleie streiten.
doch nicht aus wahrer Liebe, der eineaus eitler
Kämanie. der andere aus aufschriderischer!
Männlichkeit. Es steckt so viel Gleichnis in die¬
sen Szenen, es fließt so viel Blut in diesen
Puppen! Und es gibt das böse Ende, und die
Flöte bricht ab. u. die Spieldose bleibt stumm:
Paul Kalbeck führte eine Meisterregie, Cze¬
pa, Hans Thimia, Neugebauer spielten
ein Meistertrio. — Es folate „Liebelei“
nicht in allem ganz wienerisch, am wienerische¬
sten die süße Schlager=Mizzi Czepas. Paula
Wessely als Christine steigerte diese „Lie¬
belei“ in das Hochtragische. Die Schlichtheit, die
Unaufdringlichkeit läßt dann das Ende als lo¬
dernde Flamme aufbrechen, als Fluch, als Gret¬
chenschrei. Und man bedauert erneut, diese
schauspielerische Gewalt nicht als Rose Bernd
gesehen zu haben. die Wessely, trotz ihres enor¬
men Berliner Erfolges, Wien noch schuldet.
Sehr frisch Heinrich Schnitzler, der Sohn
des Dichters, als Theodor, voll echter Wirkung
Hans Thimia als Fritz. vielleicht etwas zu
allgemein klassisch Hugo Thimig als Vater
Weiring. Im ganzen eine Aufführung wohl¬
durchdacht und voll Leben, in eine Schnitzler¬
atmosphäre getaucht, wie man sie nur in Wien
erleben kann.
Herbert Stifter.
Liebelei
5. Dnn
I. Oesterr.
AIOBSERVER bererdl. kons¬
Büro für Zeitungsnachrichten
WIEN I, WOLLZEILE 77
Salzburger Volksb1.
7.31933.
10
Der Schnitglerabend des Josof¬
städter Theaters bescherte
TLicheloi“ und das Puppenspiel
IDer tapfere Cassian! aus dem
Zyklus Viarionetten“ Sophie
zwischen Kartin und Gassian, die
sich un die Kleine streiten,
doch nächt aus nahrer Liebe, der
eine aus eitler Däncnie, der andere
aus aufschneiderischen Männläch-
keit. Es steckt so viel Gleichnis
in diesen Szenen, es flloset so
viel Blut in diesen Puppen! Und
en gibt das böse Ende, und die
Flête bricht ab, und die Spiel¬
ct
dose Sisiot beums raun Kalbeck
führte eine Reisterregie, Czepp,
Hans Thinig, Neugebauer spielten
ein leistertrio. Es folgte VLiebe¬
1e1“, nicht in ellen ganz wiene¬
risch, am vienerischesten die
süsse Schlager-Mizzi Ozepas. Paula
Nessely als Christine steigerte
diese siebelei in das Hochtra¬
gische, Die Schlichtheit, die Unauf¬
dringlichkeit, lässt dann das Ende
als lodernde Flammne aufbrechen, als
Fluch, als Cretehenschrei, Und man
bedauert erneut, diese schauspiele¬
rische Gewalt nicht als Rose Bernd
gesehen zu haben, die Vessely, trotz
ihres enornen berliner Erfolges,
Vien noch schuldet, Sehr Frisch
Heinrich Bolmitaler, der Sohn des
Dächters, als Theodor, voll. echter
Virkung Hans Thänig als Fritz, viel¬
leicht etuas zu allgenein klassisch
Hugo Thinig als Vater Veiring. Im
ganzen eine Auf führung, wohldurchdacht
und voll Leben, ineine Schnitzlerat¬
mosphüre getaucht, wie man sie nur in
Wien erleben kann
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20
Büro für Zeitungsnachrichten
WIEN I, WOLLZEILE 11
Kun
8
The Viennä
lin7
SCHNITZLER MASTER-
PIECE REVIVED BY.
MAX REINHARDT
The Theater in der Josefstadt has
revived Arthur Schnitzler’s youthful
work, Liebelei'’ (untranslatable except
by the French word, Amourette'), in
pious memory. This masterly play,
independent of all the chänges of
fashion and the spirit of the times, still
affects us as compellingly as ever.
Paula Wessely as Christine gives a
portrayal which is one of the greatest
achievements of her career and one of
the finest and most human dramatie
impersonations of recent years.
Frl. Czepa and Frl. Schlager-Mizzi
do honor to the best Schnitzler tra¬
ditions. The latter actress, through her
vivid interpretation of this role, has
become the talk of the town overnight.
Hans Thimig, Hugo Thimig and
Schnitzler’s son share the male roles,
each with the highest and most appeal¬
ing artistry, that mastery which we
have rightly comne to expect and
demand from Reinhardt’s Josefstadt
players.
Schnitzler’s exquisite one-act
puppet-play, Der tapfere Cassian', is
the curtain-raiser. Another evening of
Fhistorical achievement in the annals öf
the Josefstadt.
29-0-43
München Augsburger Abend¬
zeitung, 10.3.1933
Herbert Stifter
Der Schnitzler=Abend des Joephstädter¬
Theaters bescherte „Liebelei“ unddas Pup¬
penspiel „Der tapfere Cassian aus dem
Zyklus „Marionetten“ Sophie zwihhen Mar¬
tin und Cassian, die sich um die Kleie streiten.
doch nicht aus wahrer Liebe, der eineaus eitler
Kämanie. der andere aus aufschriderischer!
Männlichkeit. Es steckt so viel Gleichnis in die¬
sen Szenen, es fließt so viel Blut in diesen
Puppen! Und es gibt das böse Ende, und die
Flöte bricht ab. u. die Spieldose bleibt stumm:
Paul Kalbeck führte eine Meisterregie, Cze¬
pa, Hans Thimia, Neugebauer spielten
ein Meistertrio. — Es folate „Liebelei“
nicht in allem ganz wienerisch, am wienerische¬
sten die süße Schlager=Mizzi Czepas. Paula
Wessely als Christine steigerte diese „Lie¬
belei“ in das Hochtragische. Die Schlichtheit, die
Unaufdringlichkeit läßt dann das Ende als lo¬
dernde Flamme aufbrechen, als Fluch, als Gret¬
chenschrei. Und man bedauert erneut, diese
schauspielerische Gewalt nicht als Rose Bernd
gesehen zu haben. die Wessely, trotz ihres enor¬
men Berliner Erfolges, Wien noch schuldet.
Sehr frisch Heinrich Schnitzler, der Sohn
des Dichters, als Theodor, voll echter Wirkung
Hans Thimia als Fritz. vielleicht etwas zu
allgemein klassisch Hugo Thimig als Vater
Weiring. Im ganzen eine Aufführung wohl¬
durchdacht und voll Leben, in eine Schnitzler¬
atmosphäre getaucht, wie man sie nur in Wien
erleben kann.
Herbert Stifter.